Der Sinn des Reisens besteht
darin,
die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen,
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten,
sie so zu sehen, wie sie sind. Samuel Johnson
die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen,
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten,
sie so zu sehen, wie sie sind. Samuel Johnson
Also suchten wir nach einem
Reifendienst.
Es gab so einige am Wegesrand, aber
entweder war Sonntag, oder Mittagspause oder vor uns LKWs mit
„richtigen“ Reparaturen, die länger
dauern.
Ein Stück hinter Rossosch finden wir
dann einen neben einer Tankstelle. Rüdiger biegt ab, einen Versuch
ist es wert.
Und tatsächlich, der junge Mann hat
anscheinend gerade Zeit für uns.
Er besieht sich den Schaden, geht in
die Werkstatt, kommt mit einer Art Korkenzieher, einem Fläschchen
Leim, einem Cutmesser und einer Plastiktüte mit roten Schnurstücken
(so sieht es für mich aus) wieder heraus.
Zunächst entfernt er mit dem
Korkenzieher die Schraube, dann lässt er ihn in dem Loch stecken.
Ein Stück Schnur wird mit giftgrünem
Leim eingepinselt und mit dem Korkenzieher doppelt in das Loch
gestopft. Abschneiden. Fertig.
Das war's? Das war's! Wir dürfen noch
unsere Kanister mit Trinkwasser füllen, ein Trinkgeld lehnt er ab.
Die ganze Aktion hat 3 € gekostet und keine halbe Stunde gedauert.
Glücklich, dieses Problem los zu sein,
fahren wir weiter.
Die Landschaft verändert sich. Wälder
und Wiesen werden von gigantischen Feldern abgelöst, die bis zum
Horizont reichen. Drei, vier Kilometer lang kann so ein Feld sein.
Getreide, Sonnenblumen, Kartoffeln und uns Unbekanntes(Buchweizen?),
so weit das Auge reicht.
Man beginnt zu erfühlen, wie riesig
dieses Land ist.
Wenn die ersten Tage noch jede Menge Schmetterlinge, Bienen, Käfer und sonstige fliegenden Insekten ein vorzeitiges Ende auf unserer Frontscheibe fanden, hier summt und brummt nichts mehr
und als wir abends einen Platz am Feldrand beziehen, hört man kaum
Vögel. Es gibt vor allem Raben und Tauben. Auch Störche, die es in
den Dörfern weiter nördlich in Hülle und Fülle gab, sehen wir
schon eine Weile nicht mehr.
Der Anblick der bis zum Horizont wogenden Ähren in der Abendsonne hat etwas faszinierend Unwirkliches.
Der Anblick der bis zum Horizont wogenden Ähren in der Abendsonne hat etwas faszinierend Unwirkliches.
Einige Kilometer vor Wolgograd überqueren wir den
Don und eine weitere Zeitzone. Jetzt ist es drei Stunden später als zu Hause.
Der Don ist ein beeindruckender Fluss.
Der Don ist ein beeindruckender Fluss.
Wieviel haben wir über ihn gehört und
gelesen und nun sind wir tatsächlich da!
Tichy Don, der stille Don, wird nur
einige Kilometer weiter, zwischen Wolgograd und Rostow angestaut zu
einem riesigen See, aber hier ist er noch ein breiter Strom, der in
der Sonne glänzt.
Der Verkehr in Wolgograd ist viel
entspannter als gedacht, so finden wir schnell unser Hotel. Man
erwartet uns schon, wir können das Auto hinter dem Gebäude gut
bewacht parken.
Unser Zimmer liegt im 9. Stock, wir
haben einen schönen Blick über die Stadt und zum Mamajew-Kurgan
Hügel, wo die monumentale „Mutter Heimat“ von hier aus zu sehen
ist.
Als wir nach einer kurzen Pause noch
einmal zum WoMo gehen, überreicht uns die junge Dame von der
Rezeption eine Visitenkarte, die für uns abgegeben worden sei.
Gisela und Werner, ebenfalls aus
Berlin, haben unser Auto entdeckt und das Kärtchen mit einer
Telefonnummer hinterlassen. Wir rufen an und verabreden uns.
Bevor wir die Beiden aber in ihrem WoMo
auf dem Parkplatz hinter dem Fußballstadion besuchen, spazieren wir
den Leninprospekt entlang, essen in einer Imbißbude ein gutes
Schaschlik und begucken ein paar Meter weiter die größte aller Statuen von
Wladimir Illitsch Uljanov, genannt Lenin.
Die runde Arkade, die sie umgibt, geht
in einen Wohnblock über. Wir gehen hindurch und finden uns auf einem
Wohnhof wieder.
Dahinter entdecken wir die Ruine des
Pawlow-Hauses, ein Wohnhaus, das während der Schlacht um Stalingrad
hart umkämpft war, benannt nach dem Feldwebel Jakow Fedotowisch
Pawlow, der den Zug Soldaten befehligte, welcher das Gebäude zwei
Monate lang gegen die 6. Armee der Deutschen verteidigte. Seine Ruine
blieb als Mahnmal stehen.
Daneben befindet sich das Historische
Museum „Schlacht um Stalingrad“, direkt an der Wolga. Wir schauen
uns die Außenanlagen an, die in eine Parkanlage eingebettet sind,
die dann in eine Uferpromenade übergeht.
Mütterchen Wolga. In Liedern,
Gedichten und Geschichten hundertfach beschrieben und verehrt, ist
sie „eine der wichtigsten Lebensadern Russlands und gilt als
Ausdruck der berühmten russischen Seele“. So der Reiseführer.
Wir laufen also am längsten Fluss Europas entlang, gucken uns die Leute an, die im Schatten auf den Bänken ausruhen und treffen am Ende auf dieses Ensemble.
Wir laufen also am längsten Fluss Europas entlang, gucken uns die Leute an, die im Schatten auf den Bänken ausruhen und treffen am Ende auf dieses Ensemble.
Hinter der Fussballarena finden wir das
WoMo von Gerlinde und Werner, werden herzlich willkommen geheißen,
vor allem von Ulla, der Dackeldame.
Wir verbringen einen netten Abend,
plaudern, tauschen uns aus und Werner erzählt von seinen bisherigen
Reisen und den letzten 8 Wochen, in denen sie bis zum Baikalsee
gekommen sind. Nun sind die Beiden auf der Heimreise.
Vom Parkplatz aus hat man einen tollen
Blick auf die große Statue mit dem Namen „Mutter Heimat ruft“,
die im Abendlicht sehr eindrucksvoll aussieht.
Am nächsten Morgen machen wir uns dann
auch auf, den Mamajew-Hügel zu erklimmen. Auf diesem in der Schlacht
von Stalingrad wichtigen und hart umkämpften Punkt nördlich vom
Stadtzentrum, wurde eine gewaltige Gedenkstätte errichtet, deren
höchster Punkt eine der größten Statuen der Welt ziert. Sie wurde
1967 eröffnet.
Wir steigen die vielen Stufen hinauf,
gehen vorbei am großen Wasserbecken, den Ruinenwänden, die mit
Reliefs versehen sind und zwischen denen Musik erklingt. Die Stimmen
der russischen Soldatenchöre schaffen eine ganz eigene Atmosphäre.
Sie werden unterbrochen von Schlachtenlärm und Frontbulletins. Das
ist sehr beeindruckend und ich kann mich eines Schauers nicht
erwehren.
Die Treppe endet am Eingang zur Halle
mit der ewigen Flamme. Auf Tafeln rings an den Wänden sind die Namen
von 35.000 Soldaten geschrieben, deren Gebeine zu Füßen der Statue
begraben sind.
Die Wachkompanie marschiert im
Trauerstechschritt durch die Halle, vor der Flamme und am Ausgang
stehen je zwei Soldaten. Menschen legen rote Nelken nieder.
Seit 2005 gibt es auch eine Kirche auf
dem Hügel. Ihre goldenen Zwiebeltürme leuchten weithin. Religion
hat in Russland wieder einen festen Platz in der Gesellschaft.
Wir gehen zurück, vorbei an den
Metallbögen die von der Bahnstation zum Fußballstadion führen und
an die abends ein Himmel projiziert wird während Orchestermusik
erklingt.
Wir essen ein „Moskauer Eis“,
Sahneeis zwischen zwei Waffeln, das noch genauso schmeckt wie in
unserer Kindheit, dann schlendern wir zurück zum Hotel.
Während ich in der Gäste-Laundry
unsere Wäsche in die Maschine stopfe, läuft Rüdiger noch einmal
zum Panorama-Museum und besorgt Briefmarken. Die Postkarten an die Oma tragen wir schon drei Tage mit uns rum.
Am Abend gehen wir essen.
Gemütliche Kneipe, leckeres Essen und, nach langer Zeit mal wieder ein Bier.
Satt und zufrieden schlendern wir zurück zum Hotel.
Wolgograd hat uns gefallen. Wir könnten uns vorstellen, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren.
Morgen geht es weiter in Richtung Sarepta.
Bis bald, liebe Freunde
Doris und Rüdiger
Gemütliche Kneipe, leckeres Essen und, nach langer Zeit mal wieder ein Bier.
Satt und zufrieden schlendern wir zurück zum Hotel.
Wolgograd hat uns gefallen. Wir könnten uns vorstellen, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren.
Morgen geht es weiter in Richtung Sarepta.
Bis bald, liebe Freunde
Doris und Rüdiger
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