Donnerstag, 31. Oktober 2019

Transit par la France


... in einer fremden Stadt aufzuwachen, ist eine der angenehmsten Empfindungen der Welt.


Freya Stark


Von Duisburg ist es nur einen Steinwurf bis Venlo, wo wir von Anna und Patrick erwartet werden.




Ein typisch holländisches Haus, schmal eingeklemmt zwischen zwei anderen, mit ebensolchen Stiegen und Treppen bewohnen die Beiden und haben es sehr gemütlich hergerichtet. Die Küche ist im Souterrain und geht auf einen winzigen Hof hinaus. Leider ist es kein Wetter zum draußen sitzen, aber Annas Kochkünste trösten über alles hinweg und ersetzen sogar die Sonne.
Wir verbringen einen wunderbaren Abend zusammen und verabschieden uns am nächsten Morgen herzlich.
Zurück geht es nach Deutschland, wir machen Zwischenstation in Trier.
Der Stellplatz befindet sich am Ufer der Mosel. Am Fluss entlang über die Römerbrücke gelangen wir in die Altstadt, die auch bei Regen einen Rundgang wert ist.









Ehrfürchtig stehen wir vor der Porta Nigra, dem Stadtor aus der Römerzeit,



und da wir schon mal hier sind, besuchen wir auch das Geburtshaus von Karl Marx.


Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat ein Museum darin untergebracht.





Wir finden Vertrautes




                                                                               und Neues



Wieder nur wenige Kilometer sind es bis Luxemburg.


Im Grenzort Wasserbillig ist vor allem das Tanken billig und so gibt es hier fast mehr Tankstellen als Häuser und jede hat auch einen Supermarkt, dessen ebenfalls billiges Angebot sich hauptsächlich auf Kaffee, Süßigkeiten, Zigaretten und Alkohol beschränkt.
Wir tanken, ergänzen unseren Kaffeevorrat und düsen dann schnurstracks Richtung Frankreich.

Unsere Route führt durch Lothringen und Burgund, geschichtsträchtige Gegenden, aber uns interessiert das momentan wenig, wir wollen ins Warme. Über Metz, geht es, auf der N74 durch hübsche kleine Landstädtchen






nach Nancy und Dijon. Ihr wisst schon, die Stadt mit dem berühmten Senf.
Dichte Nebel hüllen die Vogesen ein, die herbstlichen Farben der weiten Felder und Wälder erscheinen stumpf darunter. Ein ungemütlicher Tag.
Auf 20 Kilometer kommen auf dieser Strecke 20 Kreisverkehre. Die Franzosen lieben Kreisverkehre, wir bekommen langsam einen Drehwurm.





Nahe bei Dijon liegt der kleine Ort Flavignerol am Fuße des Mont d'Afrique. Im dichter werdenden Nebel fahren wir hinauf und finden am Ortsausgang einen ruhigen Parkplatz für die Nacht.



Am nächsten Morgen ist noch immer nicht viel zu sehen.

Doch dann verzieht sich nach und nach der Nebel. Wir fahren durch Weinberge, soweit das Auge reicht. Das Laub leuchtet rot und golden, die Trauben sind abgeerntet, aber schön sieht es aus.

 




Unser Navi hat leider nicht so ganz verstanden, welche Route wir uns vorgestellt haben und schickt uns mitten durch Lyon. Rüdiger flucht, ich suche auf der Karte einen anderen Weg, aber durch die Stadt müssen wir durch.
Als das geschafft ist, geht es weiter Richtung St. Étienne. Wir können es kaum fassen, die Wolken reißen auf und die Sonne kommt heraus.



Ab jetzt ist uns die Strecke von früheren Reisen vertraut. Für die Nacht wird der Lac du Bouchet angesteuert, der nicht weit hinter Le Puy-en-Velay an der N88 liegt.
Hoch über dem kreisrunden Vulkansee steht ein Kreuz, das Croix de la Chevre. 


Zu seiner Entstehung gibt es eine Geschichte:
Gott besuchte die Bewohner des Dorfes, das einst an dieser Stelle lag, als armer Mann auf der Suche nach einem Nachtlager. Leider fand er keine Gastfreundschaft, nur Ablehnung. Allein eine arme, alte Witwe nahm ihn bei sich auf. Gott wurde zornig und bestrafte das Dorf. Die Witwe wurde als einzige barmherzige Seele gewarnt. Sie sollte das Dorf verlassen, sich aber keinesfalls umdrehen. Sie folgte also ihrer Ziege den Berg hinauf zum Pass, da hörte sie ein fürchterliches, dumpfes Knarren hinter sich. Sie konnte nicht widerstehen, drehte sich um und sah wie durch Sturm, Blitz und Regen das Dorf mit Mensch und Tier vernichtet wurde. Dieser Blick verwandelte sie und ihre Ziege in Stein. Darauf kehrte Ruhe ein und ein perfekt runder See lag dort, wo früher das Dorf war.
So die Legende.


 
Der See ist von Bäumen verdeckt, aber nach der anderen Seite leuchtet ein wunderbares Panorama in der Abendsonne.


Dann gibt es doch noch einen Regenschauer, damit wir nicht übermütig werden.
Bald ist es dunkel, wir sind rechtschaffen müde, es war ein anstrengender Tag.
Die Sonne begrüßt uns auch am nächsten Morgen. Auf der N88 durchqueren wir die Cevennen in ihrer ganzen herbstlichen Pracht.

Wir haben keine Lust auf eine weitere Großstadt, so umfahren wir Toulouse und landen in Montauban.
Was für eine Entdeckung!
Schon der Stellplatz am Port du Canal, einem kleinen Bootshafen an einem Kanal, bietet alles was wir brauchen, Strom und Wasser ist inclusive.





Der Captain, bei dem wir uns anmelden, ist wirklich tres gentile, wie unsere freundliche Nachbarin behauptet, also sehr nett. Er erklärt uns alle Wege am Kanal und in die Stadt und spontan beschließen wir, zwei Nächte zu bleiben und uns Montauban anzuschauen. Beim Durchblättern des Prospekts, das der Captain uns mitgegeben hat, stellen wir fest, wir sind in der Gascogne.




Und einen Charles d'Artagnan , Offizier der Musketiere der Garde, hat es wirklich gegeben. Er lebte von 1611 bis 1673.
Er diente Alexandre Dumas als Vorbild für seinen Roman „Die drei Musketiere“.

Entlang am Ufer des Tarn laufen wir die kurze Strecke bis in die historische Altstadt von Montauban. 






Der öffentliche Boule Platz liegt am Weg, ist allerdings heute verlassen.

Dass man in diesen Teilen historische Fotos anschauen kann, darauf muss man auch erst mal kommen.



Das Städtchen ist nicht groß, aber sehr hübsch. Schmale Gassen, nette Lädchen und ein origineller Wegweiser in Form von rosa Schirmen führen zum Place National, den es schon seit dem 12en Jahrhundert gibt. Durch zwei Brände zerstört, wurde er 1614 und 1649 wieder aufgebaut. Das Besondere ist der rosa Backstein, der hier die Fassaden prägt.








Montauban war die Hochburg des konservativen Calvinismus, bis die Religionskriege dem ein Ende machten und die Katholiken 1629 wieder die Macht übernahmen.
Wir drehen also eine Runde durch die Gassen, entdecken das eine und andere




und ich erwerbe ein schönes neues Tagebuch.


Auf dem Rückweg schauen wir noch in der Boulangerie vorbei und kaufen Brot für die nächsten Tage.
Direkt neben unserem Stellplatz verläuft die Eisenbahnlinie. Um auf die andere Seite, also auch zum Tarn zu kommen, gibt es für Fußgänger und Radfahrer nur diesen Tunnel.



Nach dem Stadtbummel ist ausruhen angesagt, morgen liegt wieder ein langer Fahrtag vor uns. Wir wollen endlich Spanien erreichen.

Gerne nehmen wir Euch mit.
Bis bald also

Doris und Rüdiger