Dienstag, 31. Mai 2022

Sanfte Landung auf Meke Gölü


Von Konya sind es nur etwa 45 Kilometer bis Sultanhanı. Wir fahren auf einer der ältesten Handelsstraßen der Welt, dem Uzunyol, das bedeutet „langer Weg“. In Sultanhanı befindet sich eine der best erhaltenen Karawansereien, deren es zahlreiche an dieser Straße gab.



In einer kleinen Seitenstraße, gleich daneben, finden wir einen Parkplatz. Es ist schon später Nachmittag, die meisten Touristen sind durch, eine chinesische Reisegruppe macht gerade letzte Fotos.



So haben wir diese wunderschöne Karawanserei für uns allein.












Am Ausgang fängt uns Tahir ab. Er fragt, wo wir denn übernachten. Wir zucken mit den Schultern. Darauf hat er gewartet. Er hat einen Campingplatz, nur 150 Meter von hier, gleich um die Ecke. Für 150TL ohne Strom bietet er alles, was der Camper braucht, Wasser, Dusche, Toilette, WiFi. Und es seien noch andere Deutsche da. Da wir tatsächlich noch keinen Plan haben, wo wir übernachten können, folgen wir seiner Beschreibung, fahren einmal ums Karree und es sind wirklich nur 150 Meter bis zum „ Karawansaray Camping“ von Tahir Öztürk.





Die anderen Deutschen sind Eva und Wim mit zwei Hunden. Deren Begrüßung fällt ein wenig stürmisch aus, so werden sie ins WoMo gebracht und wir plaudern. Eva ist Kölner Urgestein, Wim Holländer. Wir verstehen uns auf Anhieb.

Tahir hat uns liebenswürdig genötigt bei seinem Bruder, der eine kleine Imbißbude auf dem Platz betreibt, zu Abend zu essen. Wir lassen uns breitschlagen. Das Essen ist köstlich, aber nicht eben üppig und ziemlich überteuert und wir sind froh, dass wir nicht völlig ausgehungert sind. Wieder einmal haben wir, entgegen dem Rat sämtlicher türkischer Freunde, versäumt vorher nach dem Preis zu fragen. Bisher hatten wir trotzdem Glück. 

Man steht auf weichem Rasen, das WiFi funktioniert nicht wirklich und die sanitären Anlagen sind einfach, das ist völlig okay, aber sie könnten mal eine Reinigung vertragen.

Am nächsten Morgen füllen wir im Ort unsere Vorräte auf und ziehen weiter.

Die Straße führt endlos durch eine, bis zum fernen Horizont flache Landschaft. Etwas nördlich liegt ein großer Salzsee.






Zunächst sehen wir weite Felder, winzige Ansammlungen von Häusern in großen Abständen, dann nur noch eine staubige Ebene, die Ebene von Karapınar. Ab und zu ein paar eingezäunte technische Gebäude mitten im Nichts sind alles, was die Eintönigkeit unterbricht. Die Szenerie hat was von einem Endzeitfilm.

Dann taucht ein Umspannwerk auf.



Dahinter beginnt ein Solarfeld von gigantischem Ausmaß. Wir fahren mindestens 10 Kilometer daran entlang. Wir begreifen langsam, dass die kahlen Gelände davor Solarfelder im Bau sind.




Ich recherchiere und erfahre: Das Solarkraftwerk Karapınar ist ein Photovoltaikkraftwerk, gebaut von einem Konsortium aus einem türkischen Bauunternehmen und einem südkoreanischen Multikonzern. Nach seiner Fertigstellung soll es jährlich 1.700 GWh erzeugen. Das soll ausreichen um 600.000 Haushalte zu versorgen. Das Projekt wird vorraussichtlich mehr als 1,3 Milliarden Dollar kosten. Das alles sind Dimensionen, die ich mir nicht wirklich vorstellen kann.

Wir erreichen die ersten Tankstellen der Stadt Karapınar. Am Kilometer 7 taucht am Abzweig ein Schild auf. Es verkündet: noch zwei Kilometer landeinwärts bis zu unserem Ziel.



Es ist wie auf einem fremden Planeten. Wir landen auf Meke Gölü.



Die Krater bei Karapınar gehören zum Karacadağ-Vulkanmassiv, das sich über 30 Kilometer Länge und 15 Kilometer Breite in Zentralanatolien erstreckt. Es besteht aus Schlackenkegeln, Lavafeldern und mehreren Explosionskratern und Maaren. Der Meke Dağı, mit 300 Metern Höhe einer der größten Schlackenkegel ist umgeben von dem Kratersee Meke Gölü.

Seinen Namen hat der See von den Meke Vögeln, die in der Gegend leben.



Auch die Ufer bestehen aus schwarzer Schlacke auf denen es erstaunlicherweise Grün und sogar Blühendes gibt.




Auf einer Schotterpiste fahren wir hinunter und halb um den See herum.






Stehen kann man hier nicht wirklich gut, also treiben wir das Auto wieder rauf und finden eine fast ebene Stelle oberhalb am Kraterrand.






Begrüßt werden wir hier von einer schönen, weiß-zimtfarbenen Hündin von der Sorte, die hier meist als wilde Hunde herumstreunen. Sie scheinen Abkömmlinge der Hirtenhunde zu sein, die wir oft bei den Schafherden beobachtet haben.




Sie ist mager und hat augenscheinlich vor allem Durst. Wir geben ihr Wasser und etwas Brot, daraufhin legt sie sich neben das Auto und da bleibt sie solange wir da sind.




Später kommt ein Auto mit der Aufschrift Jandarma. Es hält, Rüdiger geht hinüber, die Uniformierten steigen nicht mal aus. Durch das heruntergelassene Fenster fragen sie woher wir kommen, ob es uns in der Türkei gefällt und ob alles in Ordnung ist. Wir geben bereitwillig Auskunft, sie lächeln, winken und fahren, eine Staubwolke hinter sich herziehend, davon.



Als es dunkel wird, hört man nur noch den Wind, der über die kahle Landschaft pfeift.



Am nächsten Morgen machen wir eine Wanderung um den Krater. Die Hündin folgt uns getreulich.





Unterwegs treffen wir auf eine Gruppe, die mit Motorrädern an uns vorbei düst. Sie winken, dann verschwinden auch sie in der Staubwolke, die sie aufwirbeln.




Wir verbringen zwei wunderbare, ruhige Tage auf unserem Planeten, dann verabschieden wir uns von der Hündin.

Standortwechsel.

Nur wenige Kilometer entfernt, die D330 hinunter liegt, gleich neben der Straße und einer Shell-Tankstelle ein weiterer Kratersee. Wie ein großes blaues Auge leuchtet der Acıgöl aus der Kratersenke herauf.




Von Endzeit hat das hier nichts. Es gibt hoch oben, neben der Tankstelle eine Aussichtsplattform und am Seeufer einen Picknickplatz mit Schattendächern. Die beiden Sanitärcontainer sind verriegelt.





Unsere Campingmöbel stehen sehr gut unter so einem Dach, der Platz ist perfekt.




Ab und zu kommen Autos, Leute machen Picknick, Hochzeitsfotos oder schauen einfach aufs Wasser.




Wieder werden wir freundlich angesprochen.

So lernen wir einen Türken aus Holland kennen, der sein Heimatdorf besucht und den Sohn befreundeter Holländer dabei hat. Die Beiden baden im See, plaudern eine halbe Stunde mit uns, dann müssen sie zurück, die Familie wartet mit dem Abendessen.

Als nächstes spricht uns eine türkische Familie mit zwei Töchtern, die hier Urlaub macht. Sie leben in Moskau, der Mann arbeitet dort als Maschinenbauingenieur. Was es nicht alles gibt.

Nach dem die Sonne untergegangen ist, sind wir allein.




Rüdiger steigt am anderen Morgen doch mal in das ziemlich kalte Salzwasser, es soll ja gut für und gegen alles sein, vor allem für die Haut, erklärte uns der türkische Holländer.




Eine Schafherde zieht an uns vorbei einmal um den See herum. Das melodische Gebimmel wird untermalt von den Rufen und Pfiffen des Hirten, ein gesattelter Esel trottet hinterdrein.






Wir machen uns wieder auf den Weg. Es zieht uns weiter nach Osten, hinein in die Gebirge, die die Ebene von Karapınar begrenzen.

Es gibt in Anatolien so einige Orte, die uns von unseren türkischen Freunden als sehenswert empfohlen wurden, einige Spezialitäten, die wir unbedingt probieren sollen. Und wir sind neugierig.


Das Land hält nach wir vor Überraschungen für uns bereit. Aber so lieben wir es.

Lasst auch Ihr Euch überraschen!


Bis bald also

Doris und Rüdiger