Freitag, 31. März 2023

Neue Reisepläne – oder doch nicht?

 




Die Abfertigung im Hafen von Tanger MED zieht sich diesmal ziemlich hin. Unmengen von Fahrzeugen stehen in den Abfertigungsschlangen, darunter ein großer Teil Wohnmobile. Wir fahren zuerst zielgerichtet an der Schlange vorbei, lassen uns von dem großen Schild „Tickets and Check-in“ irritieren. Tickets haben wir ja schon. Der Kontroletti am ersten Tor schickt uns genauso zielgerichtet wieder zurück, bedeutet uns, wir sollen an der Seite parken.




Die Schalter öffnen um 11.00, die Fähre geht um 13.00, so seine Ansage. Es ist 9.30, wir haben also Zeit, frühstücken erstmal in Ruhe. Dann geht Rüdiger vorsichtshalber mal gucken, wie es denn so aussieht. Am Schalter wird ihm gesagt, wir könnten morgen mit der Fähre mit. Wie jetzt? Nein! Wir wollen heute rüber. Das ginge, aber nur gegen ein bisschen Tip. Wir glauben es nicht. Das ist ja was ganz Neues. Andererseits, eine Nacht hier im Hafen zu stehen, darauf haben wir absolut keine Lust. Also holt Rüdiger den letzten 200 DH Schein raus, den er in der Tasche hat. Wir seien doch aber zwei Personen meint der Mann vom Ticketschalter, der die Bordkarten und unsere Pässe schon in der Hand hat. Rüdiger macht klar, mehr habe er nicht und greift beherzt zu, schnappt sich Pässe und Karten und kommt zurück zum Mobil. Der korrupte Hafenmitarbeiter protestiert nicht mal.

Ein Franzose neben uns fällt ebenfalls auf die Masche rein, seine Frau schimpft lauthals. Immerhin dürfen wir nun das Tor passieren und zur nächsten Schlange vorrücken.





Am Scanner geht es verhältnismäßig schnell.





Dann stehen wir am Terminal, warten darauf, dass die Fähre, die gerade angekommen ist, entladen wird.




Gegen 14.00 sind wir dann endlich im Parkdeck eingewiesen.

Wir suchen uns einen Platz in der ganz gemütlichen Lounge. Was die Sache nach einer Weile für uns ungemütlich macht ist das kakophonische Gemisch von Geräuschen. Neben zwei unterschiedlichen Fernsehprogrammen aus einigen Monitoren, dudelt aus Lautsprechern stampfende Musik, wobei die Betonung auf „Laut“sprecher liegt. Als dann auch noch ein französisches Paar in Stadionlautstärke telefoniert – natürlich in beide Richtungen – ist mein Kopf kurz vorm Platzen. Auch mehrmaliger Platzwechsel bringt keine Erleichterung, irgendwas dudelt immer. 



Ich mache mich auf an die frische Luft. Und auf dem Oberdeck finde ich eine ruhige, sonnige Bank auf der wir die Überfahrt verbringen.





Wir bekommen mit, dass eine Fähre ausgefallen ist, wahrscheinlich die 13.00 Fähre. Um 14.30 legen wir endlich ab. Wir verlassen Afrika, wir verlassen Marokko.                        Es war unsere vierte Reise durch dieses vielfältige Land. Wir hatten es immer in guter Erinnerung. Auch dieses Mal haben wir viele wunderbare Dinge gesehen und erlebt, sind tollen Menschen begegnet. Trotzdem fühlte es sich anders an, als bei den anderen Reisen. Trotzdem sind wir dieses Mal froh, wegzukommen. Irgendwie wollte sich in diesen drei Monaten nicht, wie sonst, nach einiger Zeit die Gelassenheit einstellen, die uns die freundlichen Zudringlichkeiten genauso freundlich abwehren, über die kleinen Abzockereien hinwegsehen, die Aufdringlichkeit der Kinder lächelnd ertragen ließ. Diesmal half es nur unserem Kopf, sich immerwieder zu sagen, dass keiner von den kleinen Händler, Gastwirten oder Campingplatzbetreibern sich eine goldene Nase verdient, wenn er uns etwas mehr abnimmt und dass sie alle mit ziemlicher Sicherheit große Familien zu ernähren haben. Trotz aller Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die wir erlebten, waren wir irgendwann immer mehr genervt. Wir versuchten rationale Erklärungen dafür zu finden, bei unserem Bauch kamen sie nicht wirklich an.

Anderthalb Stunden schauen wir also zu, wie die großen Containerschiffe an uns vorbeiziehen. Dann kommt der Affenfelsen in Sicht – Gibraltar.




Im Unterdeck stellen wir fest, dass die großen Trucks uns so eng zugeparkt haben, dass es unmöglich ist, zu unserem Auto zu gelangen. Wir müssen also in einer Nische warten, bis die dicken LKWs raus sind.



Als wir endlich alle Kontrollen hinter uns haben und das Hafengelände in Algeciras verlassen, sind wir total geschafft. Ursprünglich wollten wir sofort durchfahren bis Conil, aber nun kommen wir gerade mal bis Los Barrios. Auf dem Parkplatz von Mercadona stehen schon etliche WoMos, die entweder auf die Überfahrt warten oder, wie wir, aus Marokko kommen.




Wir stellen uns dazu und gehen erstmal einkaufen.

Nicht, dass wir Käse und Schinken wirklich vermisst hätten in den letzten drei Monaten, wir können eine Zeit lang gut auch ohne, aber nun schlagen wir zu und veranstalten einen Schlemmerabend. Der Platz stellt sich als erstaunlich ruhig heraus und wir schlafen entsprechend recht gut.

Am nächsten Morgen starten wir dann allerdings wirklich durch. Unser Navi führt uns eine schöne Strecke über Land. Wir freuen uns über jedes der deutlichen Anzeichen dafür, dass wir wieder in Spanien sind, in Europa.






Gegen Mittag treffen wir in Conil ein.

Hier ist die Welt auch nicht mehr, wie sie vor einem Jahr noch war, als wir das letzte Mal mit einigen anderen zumindest einen Teil des Winters hier verbrachten. Der Stellplatz ist gesperrt, etliche Mobile stehen dicht an dicht daneben, niemand weiß, wie lange das noch geht. Der Ort ist überrannt von Van-Lifern, die Atmosphäre hat sich verändert.



Glücklicherweise haben unsere Freunde einen anderen Platz gefunden, ohne Meerblick, aber dafür recht ruhig.



Hier versuchen wir ein paar Tage runterzukommen, denn wir haben beide das Gefühl von Gehetzt-sein. Seit 8 Jahren, seit wir den größten Teil unserer Zeit auf Reisen verbringen, haben wir uns nicht so sehr auf zu Hause gefreut, wie dieses Mal. In langen Gesprächen versuchen wir, zu analysieren, warum das so ist und müssen uns letztendlich eingestehen, dass wir wohl reisemüde sind. Im Internet finde ich sogar den Begriff „Reise-Bournout“.

Werden wir alt? War das in den letzten Jahren zu viel und zu schnell? Haben wir uns selbst überfordert? Wie geht es nun weiter? Was ist die Alternative?

Eins ist klar: dauerhaft zu Hause bleiben, pendeln zwischen Wohnung und Garten, Familie und Freunden für den Rest unseres Lebens ist keine Option. Es gibt so Vieles, was wir noch sehen wollen. Aber vielleicht täte uns eine Pause gut? Wir lang müsste diese Pause sein? Und wie kann es danach weiter gehen?

Im Moment fühlen wir uns zu einer endgültigen Antwort nicht in der Lage. Vielleicht gibt es ja keine endgültige Antwort, vielleicht müssen wir das auf uns zukommen lassen. Genau. So werden wir es machen! Zumindest vorerst.

Nun genießen wir erst einmal das Zusammensein mit unseren Freunden, verabschieden uns nach ein paar Tagen von ihnen und von Conil und steuern Torremolinos an.




Dort verbringen wir zwei wundervolle Abende mit Manuel und Giovanna, die sich hier niedergelassen haben.






in




Sie sind nicht die Einzigen, die uns erwarten. Für den Heimweg sind einige Stopps eingeplant bei denen wir Menschen, die uns lieb sind und nahestehen besuchen werden.

Zu unseren verschiedenen Etappen auf dem Weg nach Hause nehmen wir Euch gerne mit.


Bis bald also

Doris und Rüdiger

Montag, 27. März 2023

Ma'a s-salāma - Auf Wiedersehen

 




Auf dem Parkplatz vor der Weltkulturerbestätte von Volubilis werden wir sofort eingewiesen. Der Parkwächter kassiert 20 DH, wir stiefeln los.



Durch eine kleine Steineichenallee gelangt man auf das weitläufige Gelände.




Das Areal von Volubilis, heute arabisch Walili, war schon in der Jungsteinzeit besiedelt und hieß wahrscheinlich Oualili.

Mit vielen „wahrscheinlich“ wurde sie um 25 v. Chr. als zweite Hauptstadt der römischen Provinz Mauretanien gegründet, während der Herrschaft mehrerer römischer Kaiser umgestaltet und unter Mark Aurel eine 2,4 Kilometer lange Mauer mit acht Toren gebaut, die die Stadt umschloss.



Eine alte Handelsstraße von Tanger nach Südwesten bildete nun die Hauptstraße.



Reichtum und Wohlstand erlangte die Stadt durch Getreide und Olivenöl, aber auch durch den Export von damals noch dort lebenden Wildtieren wie Elefanten, Löwen, Leoparden und Bären für die Arenen Roms.



Im 7. Jahrhundert eroberten die Araber Walili und Idris I., der als Gründer Marokkos angeführt wird, wählte es zu seiner Residenz.

Mehrere Erdbeben fügten der Stadt großen Schaden zu, Teile des Marmors wurde für Prachtbauten in Meknès verwendet, Volubilis verlor an Bedeutung. 1755 zog das Erdbeben von Lissabon die Stadt erneut schwer in Mitleidenschaft, sie verfiel mehr und mehr. Erst 1874 wurden die Ruinen als das ehemals römische Volubilis identifiziert. 1915 begannen französische Archäologen mit Ausgrabungen, 1997 wurde die Ruinenstätte als erste vorislamische Kulturstätte dem Weltkulturerbe zugeordnet.






Heute liegt sie eingebettet in eine üppig grüne Landschaft, von Ackerringelblume leuchtende Wiesen verleihen ihr einen heiteren Charakter.







Thermen, Kanäle, schlanke Säulen, Wasserbecken und erstaunlich gut erhaltene Mosaiken setzen uns in Erstaunen während wir durch die noch deutlich erkennbaren Straßenzüge schlendern.












Man erkennt die Strukturen verfallener Häuser, steht vor den hohen Stufen der ehemaligen Tempel und ist immer wieder gefangen von der herrlichen Aussicht.










Lagepläne und Erklärungstafeln in drei Sprachen (arabisch, französisch, englisch) sorgen dafür, dass man ungefähr weiß, was man sieht.






Wieder einmal versuchen wir den Gruppen aus dem Weg zu gehen, was natürlich nicht ganz gelingen kann, denn wo es schön ist, wollen nun mal alle hin.





Nach etwa zwei Stunden schließen wir unseren Rundgang, kehren zum Wohnmobil zurück und machen uns wieder auf den Weg. Schön war's und interessant.












Als wir im vorigen Jahr auf dem Heimweg von Spanien auf der Finca Caravana bei Franze Halt machten, lernten wir Bernhard kennen. Nach einem sehr angenehmen Abend gab ihm eine unserer Visitenkarten, die wir für solche Fälle dabeihaben, um in Kontakt zu bleiben.



Während man sich so etwas vornimmt passiert dann aber das Leben. Man ist mit anderen Dingen befasst und verliert sich aus den Augen. So auch in diesem Fall.

Bernhard allerdings hatte unseren Blog immer mal gelesen, fand unsere Karte irgendwann wieder und so erreicht uns eine E-mail mit der Frage, ob wir uns eventuell treffen wollen, er sei auf dem Weg nach Marokko. Da uns der Abend mit ihm in angenehmer Erinnerung geblieben ist, stimmen wir gern zu.


Auf dem Weg nach Norden liegt das „Motel Rif“, direkt an der N-13. Es hat ein Schwimmbad, das im Winter unbenutzt ist. Also kam man auf die Idee, es den Campern als Stellplatz zur Verfügung zu stellen.

Man steht direkt am Pool, es gibt Duschen, eine Ver- und Entsorgung, ein Restaurant, das 20% Rabatt für die Wohnmobilisten gewährt und morgens Baguette und Crêpes gratis an der Rezeption. Ein wirklich außergewöhnlicher Stellplatz. Wir gönnen uns also eine Nacht im Luxus, bevor wir Richtung Tetouan fahren.







Auch Tetouan ist Weltkulturerbe, auch hier hat sich ein Besuch nie ergeben, auch diese Stadt soll dieses Mal endlich besucht werden. Also weiter nordwärts.









Zunächst aber bleibt Tetouan links liegen, unser Weg führt zu einem Stellplatz, etwa 12 Kilometer entfernt, den Bernhard gefunden hat.

Hinter einer Shell-Tankstelle steht man auf einem großzügigen Schotterplatz mit Meerblick.



Etwas Bewegung entsteht lediglich tagsüber durch einen In- und Outdoorspielplatz mit Restaurant, direkt neben der Tankstelle, ansonsten ist es absolut ruhig.

Bernhard erwartet uns schon, die Chemie stimmt nach wie vor, wir haben uns gegenseitig viel zu erzählen.




Im Restaurant, bei einem sehr guten Abendessen, setzen wir unsere Gespräche fort und beenden den Abend dann in unserem Wohnmobil. Es ist immer wieder eine Freude, auf Menschen zu treffen, mit denen man sich so wunderbar versteht.



Schon während unseres geselligen Abends fängt Rüdiger an zu niesen und zu schnupfen. Am nächsten Tag fühlt er sich unwohl. Bernhard fährt mit dem Rad nach Tetouan, wir versuchen der Erkältungssymptome Herr zu werden.

Ein weiterer Abend mit spannenden Gesprächen folgt, dann wird klar, Rüdiger hat sich irgendwas eingefangen. Zu einem Stadtbummel durch Tetouan fühlt er sich nicht in der Lage, die Stadt wird also ein weiteres Mal auf die Liste "nächstes Mal" gesetzt. So hat das keinen Sinn.

Bernhard, der erst am Anfang seiner Reise durch Marokko ist, verabschiedet sich und düst los. Gute Reise, lieber Bernhard!

Wir machen uns auf nach Martil. Dort finden wir gegenüber von einem Sportzentrum einen bewachten Parkplatz direkt am Strand. Für 10DH (1€) haben wir wieder Meerblick.





Gegen Abend schlendern wir durch die umliegenden Straßen, über einen Markt und entdecken eine interessante Architektur, die an Bauhaus erinnert und einige andere bemerkenswerte Gebäude.
















In einem Fischrestaurant schlemmen wir ein bisschen und gönnen uns diesmal einen leckeren Nachtisch.







Rüdiger hat's richtig erwischt. Schnupfen, Husten, glasige Augen, aber erstaunlicherweise kein Fieber, bereiten ihm eine unruhige Nacht. Wir bleiben also noch und versuchen, mit Tabletten, die wir hier bei einer freundlichen Apothekerin bekommen haben, den Infekt zu bekämpfen.

Unsere Zeit in Marokko nähert sich mit Riesenschritten ihrem Ende. Fünf Tage bleiben uns noch, bis wir nach Spanien übersetzen müssen. Dort erwarten uns schon unsere Freunde in drei verschiedenen Orten.

Im Moment müssen wir aber zusehen, dass es Rüdiger besser geht, denn die Fahrt nach Tanger Med, zum Fährhafen, die Überfahrt und der Weg nach Conil müssen bewältigt werden.


Ob und wie wir das alles hinbekommen, erzählen wir beim nächsten Mal.

Bis bald also

Doris und Rüdiger