Sonntag, 12. April 2020

Das Virus


Willst Du Gott zum lachen bringen, 
erzähl ihm Deine Pläne.
                           
                          arabisches Sprichwort


Da sitzen wir nun mit einem bildschönen Geschäftsvisum für Russland und können es uns lediglich einrahmen und an die Wand hängen.  
Wie haben wir uns auf diese Reise gefreut, haben Reiseführer und Karten gekauft, Routen geplant und Zeitpläne gemacht  -  alles für die Katz.
Wie schrieb uns eine Freundin: da hat man Angst vor Krebs und Terror und dann sowas. 
Genau! 
Na wenigstens sind unsere, schon lange vor dem Virus angeschafften,  Toilettenpapiervorräte für die geplante lange Reise nun doch nützlich. 

Die Aussicht für Monte in unserer Wohnung festzusitzen, machte uns ganz krank und trieb uns, trotz der noch herrschenden Kälte, schon Mitte März in unseren Garten. Es wird ja irgendwann wärmer werden. So oder so ist es hier draußen besser auszuhalten.

Das Internet im Jerichower Land ist nach wie vor von mieser Qualität, also wird dieser Blog vorläufig ohne Bilder auskommen müssen. Aber ich denke in diesen Zeiten werden wir alle Zeit und Muße für Dinge haben , die uns sonst zu lange dauern. Lesen zum Beispiel.

Wird Corona unsere Welt verändern? Wie wird sie sein, danach? Ich bin sehr gespannt. 
Jetzt ist sie auf jeden Fall stiller geworden. Selbst hier aufm Land merkt man den Unterschied. Weniger Autos und Flugzeuge und die Arbeitsgeräusche von der Rekonstruktionsbaustelle am benachbarten Neubaublock sind verstummt. Jetzt hört man nur die Vögel und den kalten Nordostwind in den Bäumen. 
Der Rotmilan zieht seine Kreise und umwirbt mit schrillen Schreien das Weibchen, die Meisen zwitschern in Chören, die Amseln singen, die Elstern schnattern und nachts tönt von der Tanne das monotone "huh, huh, huh..." der Waldohreule. 
Alle paar Tage zieht in großer Höhe ein Flugzeug vorüber. Wir überlegen, ob es wohl  zu einer der Rückholaktionen von Urlaubern gehört. Und finden erstaunlich, wie schnell neue Begriffe selbstverständlich werden. Wörter wie Kontaktsperre, Ausgangsbeschränkung, social distance gehören von heute auf morgen zum Alltagsvokabular.
In den beiden Supermärkten im Dorf gibt es fast alles, bis auf Toilettenpapier und Mehl. Aber verhungern werden wir auf keinen Fall. 

In den Gärten wird gearbeitet, aber niemand hält sich lange auf. Trotzdem gibt es Gespräche mit den Nachbarn übern Gartenzaun. 
Wir haben ja jetzt auch genug Zeit unseren Garten auf den Frühling vorzubereiten. 
Rüdiger pflegt die Hecken, ich lege ein Kräuterbeet an. Ein bisschen Selbstversorgung kann nicht schaden.  Und ich säe Blumen aus. Wir brauchen möglichst viel Buntes, für's Gemüt.
Nach Meinung der Experten kann es ja Monate dauern, bis wir wieder so etwas wie Normalität leben, also auch reisen können. Bis dahin wird es einen anderen Alltag geben müssen.

Ostern.
Es ist warm geworden, wir genießen es, draußen sein zu können. Inzwischen blühen Traubenhyazinten und Tulpen und auch die Obstbäume entfalten ihre weißen und rosa Blütenpracht.
Am Ostersonntag wird dann doch, trotz aller Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren, die eine oder andere Party in den Gärten gefeiert.
Wir telefonieren mit unseren Kindern und veranstalten virtuelle Frühschoppen mit unseren Freunden. Abends gönnen wir uns ein klitzekleines Osterfeuer im Hobo-Kocher.

In diesen Zeiten braucht es Fantasie und die Technik, um die Kontakte nicht abreißen zu lassen. Wir nutzen alle Möglichkeiten und fühlen uns trotzdem eingesperrt.  Dass wir jetzt eigentlich auf dem Weg zum Baikalsee sein wollten, müssen wir verdrängen.
Wir träumen uns weg, machen Pläne von denen wir nicht wissen, ob und wann sie Wirklichkeit werden. Aber sie helfen uns, mit der Realität zurechtzukommen.

Liebe Freunde, lasst den Mut nicht sinken. Irgendwann ist das Alles vorbei.
Und bis dahin - bleibt gesund und munter!

Bis bald
Doris und Rüdiger