Montag, 26. Juni 2017

Dem Himmel ein Stück näher



So viele Nuancen von Grün
bis hinauf
ins wolkige Blau
in dem der Rotbeinige
seine Schwingen ausbreitet
und meine Seele
landet mit ihm
auf den vielfarbigen Wiesen



Liebe Freunde,

Bor-Camping liegt auf 1250 m Höhe. Auf einer saftigen Wiese stehen wir vor der atemberaubenden Bergkulisse des Rila Gebirges. Das vorherrschende Geräusch ist das Rauschen des Flüsschens Rilska. Die Vögel haben Mühe, es zu übertönen. Uns rauscht es abends in den Schlaf.


Vorher lassen wir uns aber vom Chef Käse und Kebap grillen. Das macht er in seiner urigen Außenküche.
 
Am Nebentisch sitzt ebenfalls ein Paar, etwa in unserem Alter, schnell wird klar, es sind Landsleute aus Radeberg.
Wir kommen ins Gespräch, die Chemie stimmt und es entwickelt sich ein wunderbarer Abend mit Gitta und Matthias.
Hallo, Ihr Beiden, wenn Ihr das lest, seid herzlich gegrüßt.

Etwa 1,5 Kilometer Fußweg am Fluss entlang ist es bis zum größten und bedeutendsten Kloster Bulgariens.
Wir machen uns also auf und betreten das Rila Kloster durch das Dupnica-Tor.
Die Atmosphäre zwischen den vierstöckigen Galerien mit Arkaden, Terrassen und Treppen, die die Kirche umgeben, fängt uns ein und lässt uns verstehen, warum Rila das wichtigste Ziel für die orthodoxe Kirche Bulgariens ist.
Die Berge, die im Hintergrund aufragen, tun ein Übriges, um das Kloster zu einem besonderen Ort zu machen.
Keine Beschreibung würde den wunderbaren Malereien gerecht werden, die die Kirche innen und außen bedecken, also versuch ich es erst gar nicht.
Wir gehen herum, schauen alles an und beobachten von einem schattigen Platz unter den Arkaden das Treiben von Touristen, Gläubigen und Mönchen.












Größere Touristengruppen treffen ein, als wir das Kloster verlassen, die Souvenirstände vor den Klostermauern machen die ersten Geschäfte, die Restaurants füllen sich.
Wir wandern zurück auf schattigen Waldwegen zum Campingplatz und lassen das Gesehene nachklingen.

Am nächsten Tag fahren wir weiter. Wir wollen ins Pirin Gebirge zum Wandern.
Gitta und Matthias erzählten uns, dass man bei der Banderiza Hütte campen kann. Deshalb versorgen wir uns unterwegs, in Blageovgrad, mit Vorräten, denn wir wollen ein paar Tage in den Bergen bleiben.
Zunächst geht es über gut ausgebaute Straßen bis zum Wintersportort Bansko. Ab dort wird es harte Arbeit für den Düdo und für Rüdiger .

Steile Haarnadelkurven führen bis hinauf auf 1815 m.
Unser treues Gefährt ackert ordentlich, zeitweise schnauft er im zweiten Gang und mit 12 km/h die schmale Straße rauf, aber er hält sich tapfer.
Und es lohnt sich. Oben angekommen finden wir einen traumhaften Platz auf der Campingwiese oberhalb des Restaurantparkplatzes, mit einer 360° Aussicht auf die Gipfel.




Im Restaurant betreibt man die Getränkekühlung aus der Quelle, die 50 m weiter oben sprudelt und es gibt sogar ein Toilettenhäuschen. Wir haben also alles, was wir brauchen.
Ein paar Zelte sind auf der Wiese aufgebaut. Es hat ein bisschen was von Basislager.

Als es dunkel ist erleben wir einen Sternenhimmel, wie wir ihn bisher nur aus der Wüste kennen. Unglaublich schön.

Die erste Wanderung führt uns zu einem der Bergseen. Zunächst muss man hinauf bis zur Vihren Hütte auf 1950m. Dort ist richtig was los, denn von dort beginnen die meisten Wanderwege und es ist Sonntag.
Wir orientieren uns an einer der Karten und folgen dem weiß-gelb-weiß gekennzeichneten Weg, der immer am Flüsschen entlang führt. 



 Nicht immer ist er das, was wir so als Wanderweg kennen. Oft muss man über Geröll und kleine Felsbrocken klettern.




 


 Ich schaffe es bis auf etwa 2100m,
bis zu der Stelle wo der Fluss von vielen kleinen Seitenarmen gespeist wird.







 


Rüdiger wandert allein weiter bis hinauf zum See
derweil ich meine Füße ins Wasser halte und einfach das Dasein genieße.















Auf dem Rückweg erleben wir dann an der Vihren Hütte das Ende einer Radralley. Die Siegerpokale stehen bereit.


Der letzte Teilnehmer kommt uns auf dem Weg nach unten entgegen. Nicht aufzugeben, obwohl man der Letzte ist, verdient den größten Respekt, finde ich. Ich bin ja schon zu Fuß stolz darauf, es bis hier oben zu schaffen.





                                               



Am nächsten Tag will Rüdiger es wissen.
Um 7.30 Uhr morgens macht er sich auf zur Besteigung des Vihren, des mit 
2914 m höchsten Berges des Pirin Gebirges.








Ich wandere zur Baikusheva mura, einem über 1300 Jahre alten Baum, der hier in der Nähe steht. Auf 1930 m finde ich die riesige Schlangenhautkiefer. 




Sie ist der älteste Nadelbaum Bulgariens und einer der ältesten weltweit.
26 m ist sie hoch und hat einen Umfang von 7,8 m.
Ihre Äste sind dicker als mancher Baum und ihre mächtigen Wurzeln sind fest im Berg verankert.



Sehr beeindruckt gehe ich zurück zum Düdo, schaue hinauf zum Vihren, den die Slawen als „Thron des Perun“, dem obersten ihrer Götter, ansahen. Dunkle Wolken ziehen dort oben auf, bald fallen dicke Regentropfen. Wie mag sich das da oben anfühlen? Ob Rüdiger es wohl geschafft hat, vor dem Regen den Gipfel zu erreichen? Immer wieder schaue ich hinauf...



Gegen 14.30 Uhr kommt er erschöpft, aber glücklich zurück.



















1100 Höhenmeter hat er überwunden.










Anscheinend hat er aber bei seiner Tour den guten alten Perun geweckt. Blitz, Donner und Regen schickt er eine Stunde nachdem Rüdiger angekommen ist, herunter.


Wehe denen, die jetzt noch in den Bergen unterwegs sind. 










Wir gönnen uns zur Feier des Tages im Restaurant ein Abendessen.

Der Wirt hat den Kamin angefeuert und wir sitzen warm, trocken und gemütlich bis der Regen aufhört und sich einige Fetzen blauen Himmels zeigen. Die Gipfel bekommen noch einen Schimmer Abendsonne und dann wird es endgültig still im Tal. 

Es gehört zum Weltnaturerbe und so haben wir die Hoffnung es genauso vorzufinden, wenn wir wieder hierher kommen. Nicht in diesem Jahr, wahrscheinlich auch nicht im nächsten, aber irgendwann bestimmt. 

Morgen werden wir wieder talwärts fahren. Nach Dobrinischte. Von dort fährt die einzige Schmalspurbahn Bulgariens auf einer spektakulär schönen Strecke bis Septemvri. Das lassen wir uns nicht entgehen.


Bis bald also
Doris und Rüdiger


   












Freitag, 23. Juni 2017

Sveta Sophia


...
Ihr glücklichen Augen,
was je ihr gesehn,
es sei, wie es wolle,
es war doch so schön!

Johann Wolfgang Goethe


Liebe Freunde,

nun haben wir also auch die Hauptstadt gesehen. Schön ist sie. Breite Boulevards mit viel Grün, gemütliche Parks, geschichtsträchtige Gebäude, viele Kirchen.
Bevor wir das alles aber zu sehen bekamen, war der Weg vom etwa 20 Kilometer entfernten Campingplatz in Vlado Trichkov nach Sofia zu bewältigen.
Der Betreiber des Platzes hatte fürsorglich die Abfahrtszeiten des Busses und der Bahn ausgedruckt und es gab auch eine Skizze vom Weg zur Haltestelle. Die liegt ungefähr einen Kilometer entfernt an der Straße. Wir machten uns also nach dem Frühstück auf den Weg.
Ein schmales Sträßchen führt bis zur Brücke über den Fluss, kurz hinterm Camping überholt uns ein Auto. Die Fahrerin fragt mit einer Geste, ob sie uns mitnehmen kann. Rüdiger nickt. Sie gibt Gas und fährt davon. Wir sehen uns ratlos an. Plötzlich kommt mir die Erleuchtung: in Bulgarien nickt man, wenn man „Nein“ meint und für „Ja“ schüttelt man den Kopf. Die nette Dame hat sich wahrscheinlich gewundert, warum wir ihr Angebot ablehnen.
Wir müssen lachen.
An der Straße gibt es an dieser Stelle keine offizielle Haltestelle. Der Bus hält nach Bedarf. „Marschruta“ sagt ein Mann, der mit uns wartet.
Unser Bus kommt pünktlich und bringt uns für sage und schreibe 2.- Lewa (1.- €) nach Sofia. Er hält direkt an der Haltestelle der Tram Nr. 12, die bis ins Zentrum fährt. Bei der Moschee Banja Baši steigen wir aus.

 
Gleich gegenüber liegt die Markthalle, der wir gleich einen Besuch abstatten.
Dann machen wir uns auf den Weg zur Touristeninformation, die sich in der Unterführung einer Metrostation befindet. Vorbei an der riesigen Statue der Heiligen Sophia 


 kommen wir durch einen Park, in dem einige Skulpturen verteilt sind. Moderne bulgarische Kunst.







 Und wir finden dieses nette Schild. 

Dahinter glänzt die kleine Russische Kirche mit ihren goldenen Zwiebeltürmchen.

Innen finden wir eine schöne Ikonenwand und in der Krypta stehen Tische an denen Menschen sitzen, die ihre Gebete auf Zettel schreiben, die sie vor dem Altar ablegen.
In den Kirchen ist das Fotografieren natürlich verboten. So begnügen wir uns mit der jeweiligen Aussenansicht.








 Ein Stück weiter erreichen wir dann die berühmteste Sehenswürdigkeit der Stadt, die Alexandăr Nevski Kathedrale.
Auf dem höchsten Punkt der Stadt gelegen, strahlen ihre goldenen Kuppeln schon von weitem.


Der Innenraum ist auch hier vollständig bemalt. Von der Decke schaut Gott Vater herab, an den Verbindungen zu den Längsschiffen bewachen Cherubime mit ausgebreiteten Flügeln den Raum. Man bräuchte Stunden, um alles zu betrachten. Aber die Kirche ist kein Museum, Gläubige kommen und gehen und wir setzen uns wenigstens für eine Weile auf eine der wenigen Bänke und lassen die Atmosphäre auf uns wirken.
Wieder draußen im hellen Sonnenlicht erreichen wir dann bald die U-Bahn Station an der Universität und die Touristeninformation.
Wir bekommen einen super Stadtplan und finden damit ganz schnell die Hauptpost, wo wir Briefmarken erwerben, und das Nationaltheater.



Überall dazwischen gibt es Parks. Hier suchen wir uns immer wieder mal eine schattige Bank und ruhen aus.
Wie schon in Vraca umweht uns auch hier die ganze Zeit der köstliche Duft der blühenden Linden. Ganz berauscht sind wir schon davon.








Der alte Name Sofias ist Serdica, was auf den thrakischen Stamm der Serden zurück geht, die schon im 6. Jt. v. Chr. hier siedelten.Somit ist sie eine der ältesten Städte Europas.
Serdica heißt auch eine Metrostation in deren Fußgängerunterführung sich ein kleines Kirchlein inmitten einer begehbaren Nekropole befindet.



Nachdem wir das alles angeschaut haben, setzen wir uns in den Park hinter der Moschee, wo man einen schönen Blick auf das Stadtmuseum hat und aus einer dort sprudelnden Mineralquelle Wasser entnehmen kann.
Dann haben wir genug Stadt gesehen und schlendern eine der Einkaufsstraßen hinunter zur Straßenbahn. Wir erwischen gerade noch unseren Bus. Nun erweisen sich unsere gegen Null tendierenden bulgarischen Sprachkenntnisse als Hürde. Wir sind nicht in der Lage, dem Busfahrer zuzurufen, wo er halten soll. Also fahren wir einen Kilometer weiter mit bis zum Restaurant mit angeschlossenem Laden, wo die offizielle Bushaltestelle ist.
So hat eben alles sein Gutes im Leben. Hier bekommen wir, verschwitzt und ausgedörrt wie wir sind, ein kühles Bier und einen frischen Schopskasalat.

Dann müssen wir noch das letzte Hindernis des Tages überwinden.
Zum Campingplatz zurück geht es über eine, wie ich finde, sehr schwankende Hängebrücke. Oder liegt das doch am Bier nach der Hitze?


Wie auch immer, es war ein schöner Tag.

Morgen machen wir uns auf ins Rila Gebirge um das größte und bedeutendste Kloster Bulgariens anzuschauen.

Bis dann also
Doris und Rüdiger

P.S.: solltet Ihr Euch wundern, warum die Posts in so dichter Reihenfolge erscheinen - ich sitze hier 15 Kilometer vom nächsten Ort entfernt mitten im Gebirge auf 1250m Höhe und habe ein super Netz über mein Smartphone. 
Es ist unfassbar. In Sachsen-Anhalt muss ich für ein wesentlich langsameres Netz erst die 15 Kilometer nach Genthin fahren. 
Wie machen die Bulgaren das? Oder besser, was machen die in Deutschland falsch?