Mittwoch, 21. Juni 2017

Die Gottesbrücke



Post festum

Schöner als in die Sonne zu sehn
ist es, vor ihr die Augen zu schließen.
Dann erst werden sie übergehn
und du wirst Farbenwunder genießen.

Karl Kraus


Liebe Freunde,

wusstet Ihr, dass es den Joghurt in Bulgarien seit Jahrhunderten gibt? 
Wir wussten es nicht.
1906 untersuchte ein russischer Wissenschaftler an bulgarischen Bauern – den „Hunderjährigen“ -, ob deren regelmäßiger Joghurt-Konsum ein Grund ihre hohe Lebenserwartung sein könnte. Er kam zu einem positiven Ergebnis und der Joghurt trat seinen Siegeszug um die Welt an. Inzwischen weiß man, dass der Joghurt selbst nicht lebensverlängernd wirkt, aber positive Auswirkungen auf die Darmflora hat und somit einen Beitrag zum Wohlbefinden leistet.
Soweit der Reiseführer. Wir machen also die Probe aufs Exempel, halten in den Läden Ausschau und werden fündig.


Man bekommt ihn in unterschiedlichsten Sorten, von flüssig in großen Flaschen, bis fast schnittfest. Zuerst sind wir auf ihn bei unserem Restaurantbesuch in Belogradchik gestoßen. Dort bekamen wir ihn mit Honig und Nüssen serviert.
Köstlich. Die Märkte sind voller Obst, direkt von um die Ecke. Vor allem Aprikosen, Pfirsiche, Melonen und Kirschen lachen uns an. In den Dörfern werden süße Himbeeren angeboten. Wir genießen also unseren Joghurt mit den Früchten des Landes.

Die Gottesbrücke ist ein kleines Naturwunder.
Von Belogradchik sind wir über Berkovica nach Vraca gefahren, durch das Alte Gebirge – Stara Planina. In der Nähe des Dorfes Čiren soll sie sich befinden, die Gottesbrücke.
Über kleine Strässchen und Feldwege fährt man bis zu den Mauerresten einer alten Festung. Von dort läuft man auf Waldwegen und über Stufen hinab.
Der durch den Kollaps einer Karsthöhle entstandene Felsbogen in einem Talkessel...
So erklären es die Geologen. Wie auch immer das hier entstanden ist, es ist ein besonderer Ort.



Wir sind ganz allein hier.
Und da auch dieser Platz vor den alten Mauern etwas Besonderes ist, bleiben wir über Nacht hier stehen.
Abendfrieden senkt sich herab, die Sonne lässt die fernen Berge erglühen, Grillen zirpen, Vögel singen Abendlieder, ein Wolkenkrokodil segelt vorbei.
Traumhaft.


Am nächsten Morgen leuchten uns die Kornfelder entgegen, die Wiesen und Wälder zeigen jede Schattierung von Grün, Lichtsprengsel fallen durch das Laub der Eichen, unter denen wir die Nacht verbracht haben.


Wir sind früh aufgestanden, denn wir wollen uns heute den Goldschatz von Vraca ansehen, der dort im Historischen Museum zusammen mit dem Silberschatz von Rogošen aufbewahrt wird. Beide stammen aus dem 3. und 4. Jh. v. Chr. Und wurden zufällig entdeckt.
Wir fahren also nach Vraca, finden die richtige Straße und einen Parkplatz und gehen über den großen Platz mit der monumentalen Statue von Hristo Botev, dem Helden der Befreiungskämpfe gegen die Türken, zum Museum.
Das Personal sitzt noch beim Kaffee und ist fast erschrocken über unseren Eintritt. Wir sind die einzigen Besucher an diesem Morgen.
Wir bekommen Tickets und man erklärt uns den Rundgang in bestem Englisch. Los geht es mit den Artefakten der Jungsteinzeit, wir arbeiten uns vor durch die Thrakischen Ursprünge der Bulgaren bis zur Geschichte der Gegend, die vom Kampf gegen die Türken geprägt ist. Dann sind wir am Saal mit dem Goldschatz. Man sieht ihm an, dass er lange in der Erde gelegen hat, viele Exponate sind etwas stumpf, aber schön gearbeitet.




Hristo Botev hat einen eigenen Saal bekommen und dann sind wir beim Silberschatz angelangt. Der Saal wird für uns geöffnet, das Licht angemacht.
Matt schimmerten die schön gearbeiteten Krüge und Kelche, Schalen und Vasen, Fibeln, Ringe, Ohrgehänge und Halsketten in dem gedämpften Licht. Ornamente und Reliefs treten deutlich hervor, jedes Detail zeugt von großer Fertigkeit. Das ist unser Highlight, wir können uns kaum satt sehen.



Danach besehen wir uns noch die Galerie mit moderner bulgarischer Kunst. Ein paar bemerkenswerte Bilder und Skulpturen lassen die etwas lieblos gestalteten Räume vergessen.



Wir verlassen das Museum und schlendern vorbei an den beiden alten Wohn- und Wehrtürmen durch die gut besuchte Fußgängerzone mit ihren Boutiquen und Cafès. 
 
Dann ist unsere Parkzeit abgelaufen und wir starten durch Richtung Sofia.
Morgen wollen wir die Hauptstadt erobern.

Bis dann also
Doris und Rüdiger

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