Sonntag, 27. September 2020

Beethoven im Ruhrpott

 

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.



Friedrich Hebbel



Wieder unterwegs zu sein, verleiht uns neue Energie. Der Herbst zeigt sich von seiner schönsten Seite und wir genießen das in vollen Zügen.

Auf geht es, Richtung Münsterland. Mit einer Zwischenübernachtung in Helmstedt erreichen wir bald das hübsche Städtchen Coesfeld.

Die erste Nacht verbringen wir am Gasthof zum Brauhaus, wo wir einen gemütlichen Abend mit Christine und Rainer aus Potsdam verbringen, die mit ihrem Dachzeltauto neben uns stehen. Wir essen gut und plaudern übers Reisen. Am nächsten Tag wechseln wir zum offiziellen Stellplatz. Er befindet sich neben dem Theater und einem großen Sportkomplex. Mit dem Fahrrad ist man von dort schnell am Markt.








Diesmal gehen wir ein bisschen shoppen, aber durch die Einkaufsstraße ist man schnell durch.

Bei einem Abendspaziergang entdecken wir das Eine und Andere, das uns diesen Ort noch sympathischer macht.






Auch das gibt es hier.




 



Nächste Station ist ein kleiner Campingplatz an einem Altarm des Rhein bei Rees. Hier lebt Thomas, ein alter Schulkamerad von Rüdiger, als Dauercamper. Das Gelände gehört zu einem ehemaligen Bauernhof. Wenn man über den Hof geht, riecht es noch nach Kuhstall.



Wir bekommen einen Platz direkt am Wasser zugewiesen. Sehr ruhig und idyllisch.


Den ersten Abend verplaudern wir mit Thomas. Nebenbei erwähnt er, dass ein Vordach leckt, die Dachpappe ist schon gekauft und Rüdiger bietet seine Hilfe an. Am nächsten Tag klettern die Männer also aufs Dach 




und ich mache währenddessen eine Mittagsrunde mit Tommy. So schnell kommt man auf den Hund.




Und nicht nur ich...


Von Rees wollen wir eigentlich nach Moers, aber die Stadt stresst uns etwas und so landen wir wieder in Duisburg-Meiderich, im Landschaftspark Nord.




Wieder fasziniert uns die alte Industrieanlage. Bei einem Abendspaziergang entdecken wir, dass wir genau zum richtigen Zeitpunkt hierher gekommen sind.




Vom 11.-13. September findet hier die Uraufführung eines besonderes Musikereignisses statt. Anlässlich des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven hat der Komponist und Klangkünstler Werner Cee Teile der Sinfonie Nr.6 in F-Dur op. 68, die „Pastorale“ mit anderen Klängen zu einer neuen Klangwelt zusammengefügt, die in verschiedenen Orten diesem ehemaligen Stahlwerk zu Gehör gebracht werden. Noch kann ich mir das nicht richtig vorstellen, aber anscheinend wird schon mal geprobt, als wir vorbeischlendern und was wir da hören, macht uns sehr neugierig.



Erst einmal erkunden wir die Gegend per Rad. Das Wetter lädt geradezu dringend zu einer Radtour ein. Auf der ehemaligen Bahntrasse der HOAG, der Hüttenwerke Oberhausen Aktiengesellschaft, die als Industriebahn nicht mehr benutzt und zu einem Radwanderweg umgebaut wurde, radeln wir immer im Grünen Richtung Dinslaken bis zur Emscherbrücke.








Eigentlich wollen wir an der Emscher zurück radeln, aber die Brücke ist gesperrt und wir folgen der Radweg-Umleitung. Die Strecke ist schön und grün, aber irgendwann müssen wir dann doch durch die Stadt und landen im orientalischen Viertel. Es ist noch orientalischer und vor allem größer als Kreuzberg. Es ist früher Nachmittag und wir haben Hunger. Im Restaurant Pila werden wir freundlich bedient, man plaudert ein bisschen... es ist, als wären wir, trotz Corona und allen politischen Hindernissen, in den Orient versetzt worden und säßen in Istanbul oder Kairo in einem der typischen Restaurants.





Wir genießen diesen Moment, dieses Gefühl des Wegseins sehr. Eine Straße weiter sind wir schon wieder in Duisburg und dann ist es nicht mehr weit bis zu unserem Stellplatz.

Wir ruhen etwas aus und dann schlendern wir hinüber zum Landschaftspark. Hier ist das Klangereignis schon in vollem Gange. Imbißwagen und Getränkekioske haben geöffnet, die Leute sitzen auf den Bänken oder flanieren. 



Wir auch. Nach und nach verstehe ich, was Herr Cee mit Beethovens „Pastorale“ gemacht hat. Ein Orchesterwerk besteht ja aus verschiedenen Klangebenen, die durch die vielen Instrumente entstehen und zusammenklingen müssen. Werner Cee hat sie voneinander getrennt und durch andere Klänge, wie Vogelstimmen, Maschinengeräusche und Glockenläuten ergänzt und so dem jeweiligen Ort angepasst. Manchmal sind es Passagen mit dem ganzen Orchester, manchmal nur die Melodien einzelner Instrumente. Man geht wirklich, indem man die verschiedenen Orte und Ebenen passiert, durch eine Klangwelt. Ein grandioses akustisches Erlebnis.












Verstärkt wird die Wirkung noch mit zunehmender Dunkelheit durch die Lichteffekte, die die bespielten Orte hervorheben und ihnen ein anderes, teilweise phantastisches Aussehen verleihen.







Erfüllt von wunderbaren Eindrücken gehen wir zu unserem Zuhause auf Rädern zurück.

Am Samstag machen wir eine Hafenrundfahrt.



Mit den Fahrrädern sind es etwa 7 Kilometer zum größten Binnenhafen der Welt, den wollen wir uns ansehen. Bevor es losgeht, pausieren wir am Ausgang der Horst-Schimanski-Gasse auf der Hafenpromenade.



Mit der Ruhrorter Personenschiffahrt fahren wir dann von einem Hafenbecken zum anderen, 



bekommen viele Fakten und Zahlen über den Lautsprecher zu hören, eher was für Technikfreaks. Immerhin lernen wir, dass der Hafen seit 1850 in Betrieb und nach wie vor Thyssen-Krupp der größte Arbeitgeber ist. Er stellt immerhin 12.500 Arbeitsplätze.
















Obwohl wir den lautesten Platz, direkt über dem Diesel, und den unruhigsten, direkt neben den Toiletten, erwischt haben, genießen wir die Aussicht direkt vom Heck. Nach zwei Stunden sind wir von der Sonne durchgeröstet und vom Wind durchgepustet und haben viele alte und neue Kräne, große Schrotthaufen und noch größere Schiffe, moderne Kunst im Hafen, die Ausbildungsstätte für Binnenschiffer und viele Brücken gesehen.










Am Sonntag sind wir in Köln mit Sava verabredet.

Der Wetterbericht sagt die nächsten Tage einen Spätsommer mit um die 30°C voraus, also die besten Voraussetzungen für unsere Pläne.

Nach dem Frühstück fahren wir los. Die A4 führt über den Rhein zwischen den Kölner Stadtteilen Marienburg und Rodenkirchen. Von oben sehen wir schon die Wohnmobile stehen, direkt neben dem Achterdeck, einem Restaurantschiff.

Wir finden einen Platz mit Wasserblick und – es ist wirklich schön am Rhein.







So große Containerschiffe gibts auf Elbe und Spree nicht.


Sava kommt mit dem Fahrrad, wir tauschen Neuigkeiten aus, dann laufen wir am Fluss entlang. Auf dem Achterdeck ist heute Sommerparty mit DJ, das ist uns zu unruhig, aber es gibt noch andere Möglichkeiten den Abend am Wasser sitzend zu genießen.

Es gibt Rheinische Reibekuchen mit Lachs und Kölsch und ich habe leider mein Telefonino vergessen, kann also von diesem netten Abend keine Bilder liefern. Aber schön wars.

Wir beenden den Abend auf einer Bank am Fluss neben unserem WoMo mit Tee und Gebäck, dann verabschiedet sich Sava, denn er muss am nächsten Tag arbeiten.

Wir nicht. 

Nach dem Frühstück radeln wir immer am Wasser lang gute 5 Kilometer bis zum Dom. Ein bisschen touristisches Programm muss sein. Das große, schöne, gotische Bauwerk wird von außen und innen bestaunt. 






Seit der Erbauung des Doms hat sich nicht viel geändert: Wer ein Fenster stiftet, wird darin verewigt. Man beachte die Abschnitte ganz unten. Ja, genau, die Inhaber der Saturn Märkte haben dieses Fenster dem Kölner Dom gestiftet.








Die angrenzende Einkaufsstraße wird einmal hinauf und hinunter gelaufen, wobei wir einmal mehr feststellen, dass sich diese Straßen irgendwie auf der ganzen Welt ähneln. 


Eine Runde über den neuen Markt, 


dann strampeln wir zurück






und kommen fast augenblicklich ins Gespräch mit einem Kölner Paar in unserem Alter, dass sich neben uns gestellt hat um hier den Nachmittag am Rhein zu verbringen.


Am Abend verschlägt es uns ins „Gasthaus zur Eule“.



Hier kann man Köln mit seinen Ureinwohnern erleben. Man trifft sich zum Feierabendbier oder in geselliger Runde, oder trinkt einfach in Ruhe sein Kölsch, wie ein älterer, weißhaariger Herr mit Kaiser-Wilhelm-Schnauzer, der die ganze Zeit unbewegt auf sein Handy starrt.

Der gut gelaunte Kellner bringt ununterbrochen das einheimische Gebräu an die Tische und das ununterbrochen ist auch nötig, denn das Nationalgetränk der Kölner wird ausschließlich in 200 ml Gläschen serviert.



Dazu gibt es deftige Hausmannskost und immer einen fröhlichen Spruch.




Anna und Patrick haben mitbekommen, dass wir sozusagen in der Nähe sind und laden uns spontan nach Venlo ein. Von Köln gehts also stracks nach Holland.

Von einem ruhigen Parkplatz am Archäologischen Museum radeln wir ein kleines Stück an der Maas entlang und verbringen einen wunderschönen Abend mit den Beiden in ihrem Mini-Gärtchen hinter dem typisch holländischen, schmalen Haus.






Am nächsten Tag müssen auch diese Beiden arbeiten und wir  gondeln gemütlich ins Weserbergland und machen Pause am Dreiländereck 



Hier, in Würgassen, treffen Nordrhein-Westfalen,  Hessen und Niedersachsen aufeinander. Am Gasthaus "Alte Linde" stehen wir direkt an der Weser mit Blick auf Burg und Kloster in Herstellen.









Der Weserradweg führt nur ein paar Meter entfernt vorbei und auf der andern Flusseite weiter. Für die Radler gibts eine Seilfähre, alle anderen müssen ein Stück weiter über die Brücke.



Wir wollen zum Weser Skywalk wandern und sind bald auf dem Holzweg.





Hier lerne ich wieder so Einiges. Mein Holzwurm weiß das ja alles, schon von Berufs wegen.










Oben angekommen, haben wir einen phantastischen Blick.




Sogar ein paar Paddler sind noch unterwegs.




Die letzte Station unserer Reise ist Braunschweig. Unser alter IFA-Kumpel Ronny baut im Garten das Festzelt für das private Oktoberfest am Samstagabend auf. Wir helfen ein bisschen und weihen es dann mit ein. 




Und dann sind die zwei Wochen auch schon rum, wir düsen zurück nach Sachsen- Anhalt,  in unseren Garten, genießen dort die letzten Tage des herrlichen Altweibersommers.                                                                                                      In Berlin warten Termine auf uns. So begrüßen wir am Sonntag noch Udo mit Hund Buba, bevor wir wieder in die große Stadt fahren.

Eine Weile müssen wir es hier aushalten, aber in den Herbstferien geht es wieder los. Diesmal ist Enkel Niila dran, mit Oma und Opa wegzufahren. 

Wohin und was wir da erleben werden... wir werden es Euch erzählen.

Bis dann also 

Doris und Rüdiger