Mittwoch, 23. September 2020

Der Sommer und der Jazz



Die Erde ist eine Gondel, die an der Sonne hängt und auf der wir aus einer Jahreszeit in die andere fahren.


Johann Peter Hebel



Wir gondeln in diesem Jahr durch einen Sommer mit viel Hitze und Trockenheit, unterbrochen von heftigen Gewittern. Die Natur und unser Garten sehen dadurch vergleichsweise üppig aus, aber das ist nur die Oberfläche. Die Wälder knistern vor Trockenheit, die Waldbrandwarnstufen sind hoch.


Unser Garten ist reich an Früchten, die Marmeladengläser werden voll, Vorrat für den Winter.

Wir bekommen Besuch in unserer Oase. Laura, Tino und Elisabeth kommen für ein paar Tage nach Sachsen-Anhalt. Wir genießen das Zusammensein.

Es stellt sich heraus, dass sie Joop aus Spanien kennen. Wie klein doch die Welt ist.

Die kleine Familie erkundet die Gegend und – verliebt sich. Wie wäre es denn, wenn wir hier auch einen Garten pachten? Was Eigenes haben in Zeiten, in denen man nicht weiß, wie es weiter geht. Gegenüber von Joop ist ein Garten frei. Er gehört der Gemeinde, wäre also zu pachten. Da machen unsere Gäste doch gleich Nägel mit Köpfen und gehen zur Gemeinde.

Die Auskunft lautet: alles was frei ist, ist reserviert für den Investor, der den Neubaublock saniert. Damit geben sich Tino und Laura nicht zufrieden. Wo gibt’s denn sowas, reserviert, wo doch jemand jetzt interessiert ist? Nachdem einige andere Optionen abgeklopft und verworfen wurden, wollen die Beiden mit der Bürgermeisterin sprechen. Nun kommt Bewegung in die Sache. Der Gemeinderat nimmt das Thema in seine Besprechung auf und siehe da, es geht. Unsere Freunde bekommen den Zuschlag.

Was für eine Freude! Nicht nur für sie, nein, auch für uns. Nun haben wir schon zwei reisende Nachbarn.

Bis alle Papiere unterschrieben sind, vergeht noch ein Weilchen. Hilfe wird also erst später gebraucht. Wir fahren mal wieder los.

Zuerst nach Paderborn, wo Tina und Willi sich über das Wiedersehen freuen. Wir verbringen ein schönes Wochenende mit den Beiden.



Dann geht es nach Friesoythe zu Andrea und Kai. Eigentlich wären wir genau jetzt mit den Beiden und ihrer Tochter mit Freund in Kirgistan und würden mit den Buchankas durch die Berge düsen. Also wenigstens ein Treffen im Garten.

Der Veranstalter hat uns den Termin für nächstes Jahr reserviert, wenigstens diese Hoffnung haben wir nun alle.


Die Zahlen der Neuinfektionen mit Corona steigen wieder. Für Spanien wird erneut eine Reisewarnung ausgesprochen, Ungarn schließt die Grenzen wieder, Portugal kündigt eine Schließung zum 15. September an, auch in Deutschland sind die Zahlen so hoch, wie seit April nicht mehr. Wir machen uns mit dem Gedanken vertraut, einen weiteren Winter in Deutschland zu verbringen. Außer Spanien und Marokko gibt es auf dem Landweg kaum eine Option für die kalte Jahreszeit, beides kommt nicht infrage, denn in Afrika breitet sich das Virus anscheinend erst jetzt explosionsartig aus, in Marokko werden, wie wir hören, größere Städte vom Militär abgeriegelt. Mit Flügen nach Asien rechnen wir schon gar nicht mehr.

Nachdem unsere Versuche, einen neuen Mitbewohner zu finden, nicht sehr erfolgreich waren, richten wir uns wieder in der ganzen Wohnung ein. Wenn schon hier, dann wenigstens bequem.

Und wir tun einen weiteren Schritt in Richtung bürgerliches Leben – wir kaufen ein kleines, gebrauchtes Auto. Honda Jazz. 12 Jahre hat er auf dem Blech aber er ist ein kleines Raumwunder und in gutem Zustand. So müssen wir nicht immer mit dem großen Wohnmobil durch die Stadt fahren, wenn wir zwischen Garten und Berlin pendeln. Es macht schon einiges einfacher und spart Sprit.



Nein, wir haben nicht vor total bequem zu werden, in Berlin und auch in unserem Dorf werden wir nach wie vor alle möglichen Wege mit dem Fahrrad bewältigen.

Der Autohändler ist nett und hat einen guten Ruf. Als Rüdiger ihn fragt, ob er auch die Anmeldung mit übernimmt bekommt er folgende Auskunft: „Kein Problem, die Anmeldung kostet 150€, dauert 4-6 Wochen. Für 300€ geht es schneller, maximal eine Woche. Das ist wohl so eine Art Mafia.“ Wir können es kaum glauben, bekommen aber die gleiche Auskunft bei einem anderen Autohändler. Auch in unserem Bekanntenkreis haben wir schon von langen Wartezeiten auf einen Termin bei der Zulassungsstelle gehört. Wir wollen das Auto ja fahren, machen also den Versuch. Und siehe da, für 300€ unterschreiben wir am Donnerstag den Vertrag und können unseren fahrbaren Untersatz am darauffolgenden Dienstag angemeldet abholen. Wie war das doch gleich mit den Bananenrepubliken und der Korruption?


Die erste Spritztour machen wir in den Garten meiner Kindheit. Mein Vater hat die Laube neu gestrichen und es gibt nicht mehr die Gemüsebeete, wie früher, als ich mit meiner Oma die selbst angebauten Bohnen geschnippelt habe, aber dafür blüht es überall.






Ein Besuch bei Felix, einem alten Freund, der in Schönholz bei Eberswalde wohnt, steht aus. Er betreibt dort die, wie er sagt, einzige Löffelschnitzerei der Welt.








Schon seit Jahren haben wir Löffel von ihm, die wir gerne benutzen. Er macht sie mit viel Sachverstand und Liebe. Große und kleine Löffel entstehen hier, Schaber und Schüsseln und so manch Anderes, Praktisches und Schönes.





Neuerdings führt auch der Pilgerweg nach Santiago de Compostella an der Löffelschnitzerei vorbei. So ein schöner Holzlöffel wäre doch die ideale Ausrüstung für einen Pilger. Man kann damit so ziemlich jede Suppe auslöffeln.  



Felix und Kerstin haben für uns gekocht und gebacken und wir genießen die Landküche mit Gemüse aus dem eigenen Garten.


Ein Waldspaziergang rundet den schönen Tag ab.



Und dann wird es Herbst, von jetzt auf gleich. Es regnet viel, die Luft riecht anders, das Licht wird weicher.

Wir werden unruhig. Zu lange schon sitzen wir wieder fest. Wir brauchen Urlaub von der Normalität.

Ein alter Schulkamerad von Rüdiger lebt am Niederrhein, ein Besuch bei Sava in Köln steht noch auf der Liste und Ronny in Braunschweig haben wir auch schon lange nicht mehr gesehen. Also ist die Richtung klar. Wir hoffen auf schönes Wetter und ein paar entspannte Tage im Rheinland.

Bevor es losgeht baut Rüdiger aber auch ins Wohnmobil eine Trenntoilette ein. Im Garten hat sich das Prinzip gut bewährt.






Wir räumen also auf, machen das WoMo fahrbereit und machen uns auf gen Westen.

Begleitet uns gerne!


Bis bald also,

Doris und Rüdiger

 

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