Dienstag, 27. November 2018

Abenteuer Ägypten



Reisen, das ist mal was Nützliches. Da kriegt die Phantasie zu tun. Alles andere bringt nichts als Mühsal und Enttäuschungen.

Louis-Ferdinand Céline

aus „Reise ans Ende der Nacht“


Liebe Freunde,
unsere Phantasie hat schon zu lange keine Nahrung mehr bekommen, deshalb wird es Zeit, sich wieder auf den Weg zu machen. Diesmal ohne unser fahrendes Zuhause.

Vier Stunden fliegen wir aus dem grauen, feuchten Novembertag Berlins in die Sonne Ägyptens.


Als das Flugzeug die Wolkendecke durchstößt bekommen wir schon einen Vorgeschmack.

Ganz Europa scheint bewölkt an diesem Morgen. Wir sind über den Wolken...
Der Blick aus dem Fenster vermittelt den Eindruck, man könne auf der endlosen weißen Decke wie auf einer weichen Matte liegen.
Seit 4.30 Uhr sind wir auf den Beinen, verschlafen einen Teil des Fluges.
Als wir erwachen sehen wir das Blau des Mittelmeers und den Küstenstreifen Ägyptens.Unter uns schlängelt sich der Nil durch einen grünen Vegetationsstreifen, der auf beiden Seiten von der ockerfarbenen Wüste eingerahmt ist, im Hintergrund die schwarzen Wüstengebirge. Unsere Herzen schlagen höher.



Das Rote Meer kommt in Sicht, wir fliegen eine Schleife über die Hotelanlagen am Wasser und landen auf dem Flughafen Hurgada.



Hier geht alles schnell und reibungslos. Zuerst der Visa-Schalter. Für 25 Dollar pro Person bekommen wir einen Stempel in den Pass, der Bus wartet schon.


Mehrere Polizeikontrollen müssen passiert werden, überall sieht man bewaffnetes Militär. Wir nehmen es als ein Zeichen, dass man für unsere Sicherheit sorgt. Es erinnert uns aber auch daran, dass wir uns nicht einfach ein Auto mieten und uns frei im Land bewegen können. Als wir später unsere zuständige Reiseleiterin im Hotel danach fragen, schaut sie uns entsetzt an ob dieses Ansinnens.

Das Arabella Azur Hotel liegt direkt am Meer. Durch einen weißen Torbogen gelangen wir vor das Empfangsgebäude.



Unser Gepäck wird auf einen Wagen geladen und nachdem wir unseren Zimmerschlüssel an der Rezeption bekommen haben, werden wir durch die Anlage aus weißen, Kuppel gekrönten, zweistöckigen Gebäuden zu unserem Apartement gebracht.
Nummer 204 ist für die nächsten drei Wochen unser Zuhause.


Zwei Stufen führen hinauf zu den Betten, die unter der weißen Kuppel mit bunten Glassteinen stehen. Orientalisches Flair.



Natürlich haben wir Unterlagen bekommen – vom Veranstalter und vom Hotel – die uns darüber informieren, wo wir die Mahlzeiten einnehmen können, welche Veranstaltungen und Ausflüge angeboten werden, den aktuellen Wechselkurs, wichtige Telefonnummern usw.
Der Blick von unserem Balkon vermittelt die Illusion, man schaue über eine der alten orientalischen Medinas.
Die Gebäude ranken sich um zwei Pools, kleine Gartenflächen und die Marina. Überall wiegen sich Palmen im Wind. 


Viele der anderen Gäste bewegen sich routiniert übers Gelände, für uns ist alles neu. Wir kennen weder solche Anlagen, noch die Gepflogenheiten eines all inclusive Urlaubs.
Aber wir haben ja Zeit.
Es war ein langer Tag, wir sind halb verdurstet und ausgehungert. An der Oasis Bar bekommen wir kaltes Bier und Pizza, nach Wunsch zubereitet.
Danach geht es uns besser und wir erkunden das Gelände.
Hier wird es zeitig dunkel, viele kleine Lampen erhellen die Wege, man fühlt sich wie in 1001 Nacht.


Nach dem Abendessen vom orientalischen Buffet, trinken wir noch einen Absacker in der Bar Oum Kulthum mit Blick auf das dunkle Meer, dann fallen wir in unsere bequemen Betten.

Am nächsten Morgen treffen wir Julia, unsere deutsche Reiseleiterin, zu einer kurzen Begrüßung. Sie ist unsere Ansprechpartnerin für alle Fälle, gibt noch einmal einen Überblick über das Hotel und die umliegenden Örtlichkeiten, erläutert die Ausflugsangebote und versichert, sie sei jederzeit erreichbar, sollte es Probleme geben.
Danach frühstücken wir mit Meerblick, schlendern weiter durch die Anlage, schauen den Schnorchlern zu,





beobachten eine Krabbe die auf den Steinen herumstakst






und die Yachten, die die Touristen zum Tauchen und Schnorcheln aufs Meer hinaus fahren.


Dazwischen halten wir Siesta – so vergeht der Tag.

Das Publikum besteht vorwiegend aus Deutschen und Holländern, aber man hört auch Russisch, Italienisch, Schwedisch, Spanisch...
Es ist Zwischensaison, also eher ruhig.

Wohin man auch geht, was man auch tut, es wimmelt von Personal. Ausschließlich männlichem Personal. In den Restaurants und Bars, Zimmerservice, Poolservice, Gärtner, Reinigungskräfte – alles Männer.
Auch auf der Herfahrt sehen wir auf den Straßen von Hurghada vorwiegend Männer, ein paar Touristinnen, einheimische Frauen sind eher die Ausnahme.
Das letzte Mal waren wir vor 11 Jahren in Ägypten, in Kairo. Da war das anders. Männer und Frauen bevölkerten gleichermaßen die Straßen. Wo sind die Frauen hin? Oder ist das nur hier so, wo die Gefahr einer Infiltrierung durch die westlichen Ausländer besteht?
Die Männer sind freundlich und zuvorkommend, keine Frage, aber es ist gewöhnungsbedürftig.
Vielleicht ändert sich unser Eindruck, wenn wir in den Ort gehen.
Bis Saccala, dem modernen Zentrum ist es etwas mehr als ein Kilometer, den wir zu Fuß gehen. Immer wieder werden wir von den zahlreichen Taxis angehupt. Wir winken ab. Aber es gibt auch die hartnäckigen. So lernen wir Helmut kennen. Er hält an, stellt sich auf Deutsch vor und fragt uns, ob er uns nicht in die anderen Stadtteile fahren soll, oder zum Aquarium, oder... Auch eine bunte Mappe mit Ausflugsangeboten hat er dabei. Wir lehnen dankend ab, wir sind versorgt. Er besteht darauf, dass ich seine Telefonnummer notiere und ihn anrufe, wenn wir ein Taxi brauchen. Wir tun ihm den Gefallen, es kostet ja nichts extra und tut nicht weh. Am Ende muss noch ein Foto gemacht werden.

Vorbei an kleinen Werften, Hotelrohbauten von denen man nicht genau weiß, ob sie gebaut oder abgerissen werden, einem Hafen des Verkehrsministeriums und der großen Moschee 



erreichen wir schließlich die ersten Häuser von Saccala.
Dort geht es sehr touristisch zu. Läden, Restaurants und Cafès reihen sich aneinander, ab und an ein Obst- und Gemüseladen, eine Bäckerei, eine Drogerie, ein Barbier. Souveniers und nachgemachte Markentextilien werden zu überhöhten Preisen angeboten.


Immerhin finden wir ein Cafè, in dem wir einen arabischen Kaffee mit Kardamom bekommen, dann schlendern wir zurück zum Hotel.

Wir kommen mit einem schwedischen Paar ins Gespräch, begeisterte Schnorchler. Sie leihen uns ihre Schnorchelmasken und Rolf gibt eine erste Einführung am hauseigenen Riff. Im milchigen Licht sehe ich bunte Fische und Korallen. Der Blick am Riff vorbei hinunter in die nicht sichtbare Tiefe jagt mir einen Schauer über den Rücken. Die Unterwasserwelt war mir schon immer unheimlich. Schnell gehe ich die glitschige Treppe hinauf, froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Tollkühn haben wir einen Yachtausflug gebucht, der auch drei Haltepunkte auf dem Meer zum Schnorcheln beinhaltet. Auf was haben wir uns da eingelassen?
In der Nacht vorher schlafe ich unruhig und träume von der milchigen, unendlichen Tiefe. Ich sage mir immer wieder, ich muss ja nicht ins Wasser, ich kann ja einfach nur aufs Wasser gucken.
Am nächsten morgen werden wir von Youssuf abgeholt und zu „unserer“ Yacht gefahren. Die „Manchester“ haben wir schon von unserem Frühstücksplatz aus hinausfahren sehen, nun sind wir an der Reihe.


Die Crew heißt uns willkommen, zeigt uns den Salon


und das Oberdeck,


 Youssuf erklärt den Tagesablauf. Erster Haltepunkt zum Schnorcheln, wenn wir Glück haben treffen wir danach auf Delphine. Zweiter Haltepunkt zum Schnorcheln, dann Mittagessen. Dritter Haltepunkt zum Schnorcheln, relaxen an Bord, Rückfahrt.
Wir sind zu sechst. Außer uns ein älteres Paar aus Leipzig und ein junges Paar aus dem Münsterland. Alle Frauen haben noch nie geschnorchelt. Die Männer lassen sich Brillen und Schnorchel zuteilen, auch die Leipzigerin traut sich beim ersten Halt.
Der junge Tauchguide Chico

schwimmt mit ihnen hinaus. Wir anderen schauen zu, halten die Handtücher bereit.
Nach einer halben Stunde sind sie zurück.



Weiter geht es zum nächsten Stopp. Zwischendurch werden Drinks auf dem Oberdeck serviert und Fotos gemacht.

Diesmal geht auch die junge Münsteranerin mit ins Wasser.

Die beiden Frauen berichten, dass Chico sie unter ihre Fittiche nimmt, die Leipzigerin hat unter seiner Führung ihre Angst verloren. Ob ich doch noch einen Versuch wage?

Erstmal gibt es Mittagessen. Der Koch hat im Salon ein Buffet aufgebaut und legt uns persönlich vor.



Wir fühlen uns wie auf der „Caledonia II“, der Yacht aus „Manche mögen's heiß“, auf der Marilyn Monroe Tony Curtis für einen Millionär hält.

Dann fahren wir zum dritten Schnorchelhalt. Ich lasse mich überzeugen, es zu versuchen. Und Chico ist ein genialer Guide. Er nimmt den Rettungsring mit, ich halte mich daran fest, so schwimmen wir zusammen hinaus. Er macht mich auf verschiedene Fische uns Korallenformationen aufmerksam, ich fühle mich immer sicherer. Nach einer Weile bedeutet er mir, ich solle den Ring loslassen, seine Hand nehmen. Die Korallen unter uns wachsen auf weißem Sand, nicht sehr tief unter uns. Das gibt mir weitere Sicherheit. Einige Zeit später sagt Chico: „jetzt allein“ und ich finde es gar nicht mehr beängstigend, selbst als der Meeresboden nicht mehr zu sehen ist. Chico bleibt neben mir, zeigt mir die Richtung. So schwimme und schnorchle ich eine halbe Stunde mit ihm um das Riff und werde immer sicherer.
Gern würde ich Euch Fotos von dem, was ich dort unten gesehen habe, zeigen, aber ich habe natürlich keine Unterwasserkamera. So muss ich es beschreiben: Zuerst sind da die Zebrafische, sie schwimmen die ganze Zeit um uns herum. Es gibt Schwärme von winzigen blauen, gelben und grünen Fischlein, die durch die Korallen gleiten. Chico zeigt mir einen Nemo und einen Papageienfisch, der in allen Regenbogenfarben schillert. Jeder von Euch hat so was schon mal im Fernsehen gesehen, aber es selbst zu sehen und zu berühren ist schon was Besonderes.
Die Korallen sind nicht so bunt, wie ich es erwartet hatte. Große Teile sind abgestorben, grau wie Beton. Dazwischen allerdings leuchten einige Gelbe und Dunkelviolette, Teller förmige und Schwarze und welche die aussehen wie große Kartoffeln.
Leider sieht man allzu deutlich, dass das Riff Schaden genommen hat durch die vielen Ausflugsschiffe. An unseren jeweiligen Haltepunkten sind es mit uns immer mindestens sechs bis acht gleichzeitig, die in der Regel wesentlich mehr Passagiere an Bord haben als die „Manchester“, Taucher und Schnorchler. Was wir alle hier tun, tut dem Meer auf keinen Fall gut.
Nachdem wir wieder an Bord sind, bin ich trotzdem froh, dass ich mich getraut und meine Angst verloren habe. Ich bedanke mich herzlich bei Chico und er strahlt.
Langsam tuckert unser Schiff zum Hafen zurück. Es ist Nachmittag, als wir wieder im Hotel abgesetzt werden.
Es war ein wunderbarer Tag.

Schon einige Abende zuvor haben wir Anna und Patrick kennengelernt. Auch sie sind begeisterte Schnorchler. Hier und da treffen wir zu einem Schwätzchen zusammen, haben Spaß miteinander. Heute Abend erwarten sie uns schon und sind gespannt, was wir erlebt haben. Sie freuen sich mit mir, dass ich meine Angst vor der Unterwasserwelt verloren habe und bieten uns ebenfalls an, ihre Schnorchelmasken auszuleihen.
Allerdings kann man das auch hier im Hotel an der Beachbar tun. Sicher werden wir in den kommenden zwei Wochen diese Gelegenheit nutzen.

Die erste Woche ist wie im Fluge vergangen. Wir freuen uns auf das, was noch vor uns liegt.

Wir werden Euch berichten, liebe Freunde.

Bis dann also
Doris und Rüdiger




Freitag, 2. November 2018

Inseln im Sturm



Herbst

Vor der Dunkelheit
noch einmal
das schönste Kleid anziehen,
Rot und Gelb und Gold
leuchten lassen,
die Röcke wirbeln,
damit die Farben
sich in Herz und Seele brennen,
um weiter zu leuchten
bis das Licht
aufersteht.


Stralsund empfängt uns mit Regen und Sturm, liebe Freunde. Ihr kennt ja aber den Spruch von der unpassenden Kleidung und so stapfen wir trotzdem los und schauen uns die alte Hansestadt an.
Sie gefällt uns ausnehmend gut. Die Giebel der typischen Hansehäuser,



das Rathaus mit den Rosetten, die wie Klöppelspitze aussehen,


die riesig wirkenden Kirchen.
Wir machen eine Regenpause in der Marienkirche. Hoch aufstrebende, schlichte Säulen, gekrönt von schön verziertem Gewölbe, eine beeindruckende Orgel.



Wir gönnen uns eine Kaffepause


und wandern weiter zum Hafen, wo das alte Segelschulschiff „Gorch Fock“ vor Anker liegt. Es schwankt im heftigen Wind, der schwarze Regenwolken vor sich her treibt.


Die Angler kann das nicht davon abhalten ihr Glück zu versuchen.


Vor einem besonders heftigen Schauer flüchten wir ins Restaurant „Am Sund“ und essen, unter den Augen von Hans Albers, gebratenen Hering.



Als wir uns auf den Heimweg machen, hat der Sturm die Wolkendecke aufgerissen, die Sonne schickt uns zum Abend einen Hoffnungsstrahl.



Am nächsten Morgen begrüßt uns ein weiterer Silberstreif über dem Rügendamm


 und bis Mittag sind nur noch ein paar Dekowolken zu sehen.


Wir haben nach Barhöft gewechselt, stehen ganz in der Nähe des kleinen Hafens.



Vor der Wende war das hier militärisches Sperrgebiet, den Hafen gab es noch nicht, er wurde erst in diesem Jahr eröffnet.
In der ehemaligen Kantine des Grenzstützpunktes ist nun ein Restaurant, ein Hotel wurde daneben neu gebaut.
Besonders toll finden wir den Aussichtsturm, der aus einem alten Wachturm gebaut wurde und in dem sich kurz unter der Aussichtsplattform ein Trauzimmer befindet. Heiraten in luftiger Höhe.


Von ganz oben hat man einen phantastischen Ausblick auf die Inseln Bock, Rügen und Hiddensee. Der Sturm fegt über sie hinweg, peitscht das Wasser um sie herum, fast könnte man meinen, dass sie ein wenig schwanken...



Auf der Festlandseite ist das Ufer von einem Schilfgürtel gesäumt. Mittendurch führt ein Steg zu einer weiteren Aussichtsplattform. Unmengen von Schwänen dümpeln auf dem Wasser.



Hinter dem Schilfgürtel führt ein Weg zwischen Schlehen und windschiefen Nadelgehölzen bis Zarrenzin zum Strandparkplatz. Den gehen wir am nächsten Tag. Sturms  Der Sturm bläst weiter unverdrossen, aber es macht es Spaß.


Wir fahren noch ein Stück die Küste entlang nach Graal-Müritz. Trotz Kälte, Sturm und Regenschauern ist der Strand voller Menschen. Bis zur Seebrücke laufen wir über den festen, feuchten Sand, schauen über das ausgeblichene Holzgeländer hinunter ins Wasser. Grün ist es mit kleinen Schaumkronen auf den Wellen. 





Zwischen ein paar Cafès, Restaurants und Souvenierläden führt hinter den Dünen ein Weg zurück zum Parkplatz mit der etwas abgelegenen Wohnmobilabteilung. Im Sommer kann man hier sicher kaum treten, jetzt sind nur einige Spaziergänger wie wir unterwegs. 



Wir holen uns Fischbrötchen zum Abendessen, 



schlendern durch den Ort. Nach zwei Tagen mit Sturm und Regen verliert aber auch das  seinen Reiz, zumal mein Infekt anscheinend hartnäckig ist. Da scheint auch die Ostseeluft keine grundlegende Besserung herbeizuführen. Also treten wir den Heimweg an.
In unserem Garten hat der Wind die restlichen Nüsse und Äpfel von den Bäumen geschüttelt. Wir packen alles ein, was wir für die bevorstehenden Reisen brauchen, machen unser Sommerquartier winterfest und fahren ein letztes Mal mit dem IVECO nach Berlin. In ein paar Tagen werden wir dort in unser WG-Zimmer umziehen und das Auto für den Winter einmotten.
Das nächste Abenteuer wartet auf uns: All inclusive in Ägypten.

Ihr dürft gespannt sein – genau wie wir.

Bis dann, Freunde
Doris und Rüdiger