Mittwoch, 14. April 2021

Die kasachische Rütteltechnik

 




Wunderbare Tage voller Ruhe und Frieden, die wir genießen.  





Bis das Wochenende kommt.                                                                                                                    Da zieht es die Spanier hinaus ins Grüne, wie Jeden weltweit, der dem Alltag für eine kurze Weile entfliehen will.

Sie kommen mit Autos, Wohnwagen, Wohnmobilen, mit Kind und Kegel. Es ist das ideale Naherholungsgebiet für die Großstädter aus Sevilla. 




Das Gelände ist glücklicherweise groß genug, so verteilt man sich weitläufig und niemand stört den anderen.




Sogar für Feuerwehrübungen ist es bestens geeignet. 





Wir sind mit Gustl hierher gefahren, Udo folgt mit Manu, der am nächsten Morgen Giovanna vom Flughafen Sevilla abholt.





Sie kommt aus der großen Stadt, aus Barcelona und freut sich hier zu sein. Geselligkeit und Ruhe, beides kann man hier haben.



Als wir am Mittwoch auf dem Weg hierher durch das Dorf El Palmar de Troya fuhren, fielen uns schon von Weitem viele, sehr hohe barocke Türme auf, die ein Kuppelgewölbe umringen. Es sah aus wie eine Kirche mit extra vielen Türmen. Und genau das ist es auch.                                                                        Unsere Fragen an Udo und Recherchen im Internet ergaben, dass es sich hier um eine sehr spezielle Abspaltung der katholischen Kirche handelt, "Die Eine, Heilige, Katholische und  Palmarianische Kirche" des "Ordens der Karmeliter vom Heiligen Antlitz in Gesellschaft Jesu und Mariens".                  Diese Kirche nimmt für sich in Anspruch die einzig rechtmäßige Nachfolgerin des Thrones von Petrus zu sein und somit den einzig wahren Papst gekrönt zu haben - den Gegenpapst Petrus III.                        Ein wunderlicher Anblick, diese riesige Kirche in diesem kleinen Dorf. 








Udo hat Fleisch von den Retinto Rindern gekauft, das wir gemeinsam auf den Grill legen, für jeden nach Wunsch. Die Einen mögen lieber das zarte Steak, die anderen saftigen Hamburger. 





Die Krönung des Barbecue ist ein Feuer, das Gustl mit Leidenschaft anfacht und füttert.








Am nächsten Abend gibt es Rouladen, die Udo mit viel Liebe zubereitet hat, dazu Rotkohl und Klöße – ein verspätetes Weihnachtsessen. Es schmeckt rekordverdächtig und da es abends noch recht frisch ist, passt es gut.

Rüdiger, Udo und Gustl fahren mit den Rädern die knapp 8 Kilometer ins Dorf zum Einkaufen, gönnen sich einen Kaffee und haben Spaß dabei.




Manu und Giovanna probieren ihr Schlauchboot auf dem See aus, der Wind treibt sie ans Ufer, aber Spaß haben sie auch.





                                                       

Dann kommt der Sonntag und mit ihm dicke Wolken, aus denen immer wieder Regen fällt.

So bleibt der große Ansturm der Ausflügler aus.



Udo und Gustl haben als halbe Spanier Verpflichtungen, sie machen sich auf den Weg zurück nach Conil.

Ab Montag ist das Wetter wieder so, wie man es sich besser nicht wünschen kann – sonnig mit einer leichten Brise.

Wir steigen hinauf zum Turm, der über dem See thront.


                                                     


                                                           




Es ist schade, dass das alte maurische Bauwerk so verfällt und anscheinend dem Einen und Anderen als Leinwand und Toilettenhäuschen dienen muss. Über die Hügel verteilt gibt es noch einige solcher alten Turmfragmente wie diesen. Sie waren Teil der Verteidigungsanlagen der Mauren gegen den Ansturm der Christen und man nannte sie "das maurische Band".                      Heute stehen viele davon auf Privatland, verfallen oder fallen Vandalismus zum Opfer, wie der Torre de Aguila, zu dem wir uns nun aufmachen.     







        Die Gemeinden können wenig tun, weil die Besitzer der Ländereien, auf denen die Türme stehen, entweder gar nicht wissen, was für ein historisches Gemäuer da ihr Bauernhaus stützt, oder den Turm auf ihrem Feld  eher als Belastung, denn als Gewinn betrachten. Denkmalschutz ist wohl in keinem Land eine leichte Angelegenheit.  

Einen herrlichen Blick über den See und die hügeligen Felder hat man von hier oben.




Auf dem Rückweg entdecken wir einen großen Reif um die Sonne. Niemand von uns hat so etwas vorher je gesehen. Diese Erscheinung nennt man Halo und sie entsteht durch Eiskristalle in der Stratosphäre. Meist ändert sich danach das Wetter.                                        Die Altvorderen hielten sie für ein Zeichen der Götter, die Sieg oder Niederlage voraussagten, je nach Auslegung der Wahrsager. 



Am Abend treffen wir uns zu einer Runde Boule, oder Pètanque, wie es hier in Spanien heißt.



Manu zelebriert die französische Wurftechnik, meine Würfe werden als „kasachische Rütteltechnik“ eingeordnet. Sie sind mitunter weit aber ziemlich oft weit daneben. Auf jeden Fall haben wir viel Spaß.





Auch in der Woche kommen manche Spanier für ein paar Stunden nachmittags an den See. Ob zum Angeln, zum Sport oder für einen Kindergeburtstag, es ist einfach für alles geeignet. Abends sind wir dann wieder allein.

Die Tage zerfließen in der Sonne, in der Nacht spannt sich ein wunderschöner Sternenhimmel über die Landschaft. 




Nach einer knappen Woche machen sich alle wieder auf den Weg.                                            Wir fahren nach Jerez, auf den Stellplatz, auf dem man immer mit leckerem Cherry begrüßt wird - Wäsche waschen, ver- und entsorgen, einkaufen. Danach werden wir zurück nach Conil fahren, wir haben es Luisa versprochen, denn Antonio hat ja ab Montag einen Job in Madrid. 

Wir sind gespannt, was uns dort erwartet. Ihr auch? 

Dann bis bald, 

Doris und Rüdiger 







Dienstag, 6. April 2021

Semana Santa

 



In der Woche vor Ostern wird es voll auf dem Platz.




Für die Spanier ist diese Woche das wichtigste reliigöse Fest des Jahres. Es ist die Semana Santa, die heilige Woche.

Normalerweise finden die ganze Woche Prozessionen statt, die Hauptprozession jedoch am Karfreitag. Begleitet werden sie von Blaskapellen und Trommlergruppen, es duftet intensiv nach Weihrauch.




Organisiert werden sie von Bruderschaften, die in der Regel einer Kirchengemeinde angeschlossen sind.

Zu jeder Prozession gehören die Büßer, die lange Kutten und hohe, spitze Hauben tragen, die der Anonymität des Bußaktes dient.



Auch in Conil ist das normalerweise ein großes Fest. Es herrscht eine freudig-traurige Stimmung, die auch dem Nichtchristen unter die Haut geht, sagen die Freunde, die hier leben.

In diesem Jahr fallen die Prozessionen aus bekannten Gründen aus.

Die Provinzgrenzen sind geschlossen, das Maskengebot verschärft.

Trotzdem versuchen die Einheimischen das Beste aus der Situation zu machen. Wer das Glück hat, in einer der Provinzen zu leben, die ans Meer grenzen, fährt an die Küste. So ist auch hier in Conil der Strand am Karfreitag so gut besucht, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Man hält Abstand, trägt Maske, aber man ist en la playa



Das Wetter verpflichtet aber auch regelrecht dazu. Ein Wetter zum Eierlegen. Überall blüht es, man kann sich kaum satt sehen.





Das zweite Ereignis in diesen Tagen und Wochen ist die Almadraba, der Thunfischfang. Das Wort kommt aus dem Arabischen von madraba und bedeutet so viel wie „Ort an dem geschlagen wird“. Im April, Mai ziehen riesige Thunfischschwärme vom Polarmeer an der Küste Andalusiens entlang zu ihren Laichplätzen im Mittelmeer. Die Saison hält ungefähr bis Juni an.

Im Herbst ziehen die Schwärme dann wieder zurück in den Atlantik



Die traditionelle Art, die Thunfische auf ihrer Wanderung abzufangen ist ein blutiges Gemetzel.

Dazu werden Stellnetze mit Ankern am Meeresgrund befestigt, die wie ein Zaun wirken. Wenn die Thunfische in das Netz geschwommen sind, wird es von mehreren Fischerbooten zusammengezogen, so dass die Fische an die Wasseroberfläche müssen. Dort werden sie dann von den Fischern getötet. Bis vor einigen Jahren geschah dies mit Messern und Harpunen, heute verwendet man Bolzenschußgeräte.



Die Tiere sind bis zu 700 Kilo schwer und bis zu 3 Meter lang. Gefangen werden nur die Tiere um die 100 Kilo.

Die moderne Methode hat weniger damit zu tun, dass die Fische weniger leiden sollen, vielmehr soll verhindert werden, dass der Fisch im Todeskampf Stress hat, denn darunter leidet die Fleischqualität und die Japaner als wichtigste Abnehmer verlangen beste Ware.

Auf dem hiesigen Markt kostet ein Kilo des wilden roten Thunfisches, der hier vor der andalusischen Küste gefangen wird, um die 30 Euro.

Da die Gastronomie der Region den Thunfisch als kulinarisches Erlebnis zelebriert, zieht das normalerweise viele Touristen an. Der erste Anstich des Thunfisches  wird zu einem großen Fest.

Beim Fang wollen die Fischer keine Zuschauer, das Gemetzel erledigen sie lieber allein.



Am Dienstag nach Ostern sehen wir die Fischerboote direkt von unserem Fenster aus, wie sie sich vor der Küste sammeln und dann das Netz nach Westen, Richtung Hafen schleppen.

Die Almadraba beginnt.



Anscheinend gibt es aber nicht nur Thunfisch zu fangen. Der Strand in der kleinen Bucht ist voller Angler und viele dieser kleinen, silbernen Fischlein liegen im Sand.




Wir verbringen die Tage in geselliger Runde. Zum Rest der ConilCamp Truppe sind Luiza und Antonio gestoßen. Luiza ist aus Rumänien, Antonio aus Madrid. Sie stehen mit ihrem großen Bus hier auf dem Platz und mit den Beiden ist es immer lustig.



Manu gibt ein Weißwurstfrühstück aus



Antonio macht für alle die beste Pizza der Welt. Fünf verschiedene Sorten  mit hauchdünnem Boden und sehr leckerem, kreativen Belag.




Das herrliche Wetter lockt auch uns täglich an den Strand.




Udo und Manu holen die Surfbretter raus und stürzen sich in die Wellen. Buba, Udos Hund, wartet am Strand.




Am Ostersonntag kommt Sara, eine Freundin von Udo, mit einer Ostertorte nach Art der Donauwelle. Zusammen mit meinem Nusskuchen gibt das eine schöne Kaffeetafel.





Das CampConil hat schon vor einiger Zeit beschlossen, nach Ostern zusammen an einen Stausee in der Nähe von Sevilla zu fahren und ein paar Tage dort zu verbringen. Anlass war die Tatsache, dass Manu Giovanna in Sevilla abholt,  sie also dabei sein wird. Wir freuen uns alle auf das Wiedersehen mit ihr.

Wie sich die Tage am Stausee gestalten, berichten wir im nächsten Post.


Bis dahin also

Doris und Rüdiger