Sonntag, 25. Februar 2024

Thron der Götter

 




Der Weg zurück nach Nafplio führt uns an einer kleinen Kirche vorbei. Im Vorhof, gleich an der Straße gibt es einen Brunnen mit Gardena-Anschluss. Niemand wird sich hier in Griechenland dafür interessieren oder sich gar erregen, wenn wir dort unseren Schlauch anschließen und unseren Wassertank füllen.





In Nafplio angekommen geben wir zuerst unsere Wäsche in der Wäscherei ab. Dann suchen wir uns einen guten Kaffee und finden ihn auch. Dazu gibt es ein Frühstück im Cafè „Sokaki“, unserem Lieblingscafè am Syntagmaplatz, dann sind wir bereit, die Stadtfestung zu erobern.




Nach unserem letzten Besuch in der Stadt vermisste Rüdiger seine Lieblingsmütze. Alles Suchen und Erinnern förderte sie nicht zu Tage.

Als letzten Versuch fragt er einfach den Kellner im "Sokaki", ob er sie dort vielleicht hat liegenlassen. Und es gibt anscheinend noch Wunder. Als Rüdiger ihm sagt, wo wir gesessen haben, verschwindet er im Inneren und taucht, breit lächelnd mit der Mütze wieder auf. Mein Liebster strahlt vor Glück.



Gut geschützt vor der Sonne, steigen wir hinauf zur Akronafplia, der Stadtfestung mit dem Uhrturm.










Der Aufstieg führt vorbei an einem Hotelbau, der anscheinend verlassen vor sich hin dümpelt. Die Anlage zieht sich bis hinunter an den felsigen Strand. Der wird immerhin noch als Badeplatz genutzt.





Die spärlichen Reste der Festung sind keine Sensation, aber der Blick von oben auf die Stadt ist unbezahlbar.









Am Abend essen wir im „Nafplio Falafel“, dem veganen Restaurant des Ortes. Klein aber fein und sehr schmackhaft.



Vorbei am bunt beleuchteten Springbrunnen schlendern wir nach Hause.



Die Palamidi-Festung liegt etwas östlich der Altstadt auf einem Hügel. Eine gewundene Treppe mit 999 Stufen führt dort hinauf. Rüdiger macht sich am Morgen allein auf den Weg. Mir ist nicht ganz extra, also bleibe ich zurück.
















Er bringt wunderbare Fotos mit und ist voller Energie. Also schlendern wir am Nachmittag noch einmal durchs Städtchen und entdecken wieder etwas Neues.

Im Park mit der Statue Theodoros Kolokotronis', dem bedeutendsten Freiheitskämpfer Griechenlands, der viele Jahre in Nafplio lebte,




stehen entlang eines Seitenweges moderne Skulpturen, alle aus Marmor.







Sie haben Namen wie "Sieg" und "Freiheit des Denkens" und "Momente der Revolution". 

Eine Straße weiter befindet sich der Bahnhofspark. Vor dem historischen Bahnhofsgebäude steht noch eine alte Lokomotive samt Waggon. Im Bahnhofsgebäude ist jetzt ein Cafè, wo wir uns niederlassen und dem sonnigen Nachmittag genießen.









Gleich um die Ecke durchschreiten wir noch ein Stadttor aus venezianischer Zeit, 




dann verabschieden wir uns von Nafplio, verdrücken ein Tränchen, denn wir haben uns ein bisschen verliebt in dieses Hafenstädtchen mit den drei Festungen.

Nur 36 Kilometer entfernt befindet sich das Theater von Epidaurus, eines der größten und besterhaltenen Theater der Antike. Erbaut an den Hängen des Berges Kynortiou im 4. Jahrhundert v. Chr. als Teil eines Heilzentrums, eines Asklepieions, diente es fast tausend Jahre lang als kulturelles und religiöses Zentrum der Entspannung und dem Vergnügen der Patienten. Das Theater fasste zunächst 9000 Zuschauer, nach seiner Erweiterung etwa 170/160 v. Chr. sogar bis zu 14.000.

Das Besondere an diesem antiken Theater ist die perfekte Akustik. Selbst von der obersten 54sten Reihe kann man eine in der kreisrunden Orchestra zu Boden fallende Münze hören.






Im Sommer finden hier immernoch Aufführungen statt.

Es ist absolut beeindruckend, zunächst von unten. Wir klettern die vielen Ränge hinauf. Oben angekommen, wird mir, als ich mich umdrehe und hinunter schaue, etwas schwindlig. Was für eine Höhe! Es ist atemberaubend.





Just in diesem Moment stellt sich ein Herr aus einer chinesischen Reisegruppe in die Mitte der Orchestra und singt. Er hat eine schöne Stimme und singt mit Hingabe. Das exotisch anmutende Lied erfüllt tatsächlich das ganze Theater.





Langsam steigen wir wieder hinunter. Auf dem Gelände gibt es noch mehr zu sehen. Ein kleines Museum hat Figurenfragmente der Gebäude ausgestellt. Es bringt uns jedes Mal zum Staunen, wie fein die Details der Gesichter, der Haare und Gewänder aus dem Stein gehauen sind.









Die Fundamente des angrenzenden Asklepieions lassen ahnen, wie groß die Anlage einst war. Sie vermitteln einen Eindruck über die fortschrittlichen Behandlungsmethoden und medizinischen Fähigkeiten der Antike. Krankenhäuser, Wohnungen der Priesterärzte und Behandlungsräume, ein Stadion, Hotels und Vergnügungsorte schmiegen sich in die Hügellandschaft, das bewaldete Tal duftet nach Thymian und Pinien. Alles hier trug zur Heilung von Körper und Geist bei.







Um alles sacken zu lassen halten wir auf dem Weg nach Norden an einem kleinen Strand an der Straße und übernachten dort.




Das nächste Ziel liegt weiter nordwärts. 

Rund 6,3 Kilometer lang, 84 Meter tief und 24 Meter breit ist der Kanal von Korinth. Er trennt die Peloponnes vom Festland und macht sie damit zur Insel.

Die Idee für so einen Kanal ist rund 2600 Jahre alt. Es war für die Seefahrt eine weite, gefährliche Strecke, den Peloponnes zu umschiffen, um nach Athen zu kommen. Es galt rund 325 Kilometer Seeweg einzusparen. Einen Versuch hat allerdings niemand gewagt. Stattdessen wurde der Diolkos eingerichtet, ein Karrenweg über den Isthmus, auf dem Schiffe zwischen dem Korinthischen und dem Saronischen Golf auf Wagen transportiert wurden.



Erst mit der Erfindung des Dynamits durch Alfred Nobel konnte die Idee zur Wirklichkeit werden. Zwei ungarische Ingenieure planten und leiteten das Unterfangen und nach zwölf Jahren Bauzeit wurde der Kanal 1893 eröffnet.









Reisebusse bringen jede Menge Besucher hierher, die den berühmten Kanal sehen wollen. Wir stellen uns daneben und laufen über die schmale Fußgängerbrücke von der Peloponnes zum Isthmus und wieder zurück.



Nach diesem ganzen Trubel suchen und finden wir einen wunderbaren, ruhigen Platz mitten im Wald.




Nur wenige Minuten zu Fuß sind es bis zum Rand der Steilküste und der Anblick, der sich hier bietet ist phantastisch.



In elegantem Bogen überspannt die natürliche Felsenbrücke die kleine Bucht mit dem türkisfarbenen, glasklaren Wasser um in eine Höhle mit einem weißen Strand überzugehen.





Nach diesem märchenhaften  Ausblick am Morgen frühstücken wir in der herrlichen Natur und machen uns dann auf den Weg durch die Berge. 



Das Navi führt uns auf eine Offroadpiste, die höchste Konzentration beim Fahren erfordert, denn eigentlich ist Harvey nicht für sowas gebaut.




All unsere Camper, ob für Pisten geeignet oder nicht, mussten damit leben, dass wir unweigerlich auf solche geraten. Ob in Rumänien, Schweden, Algerien oder Libyen, irgendwie haben wir dafür einen eingebauten Sensor.

Aber auch in diesem Fall lohnt sich die Mühe, die Strecke ist die Anstrengung wert.






Irgendwann geht die Piste in eine schmale Asphaltstraße über, wir machen eine Kaffeepause in einem kleinen Dorf und weiter geht es immer bergauf. Hinter dem Pass wird die Straße breiter, unser Ziel, eine Thermalquelle, ist nahe. 





Kurz bevor wir die Autobahn überqueren können, werden wir an einer Kreuzung von der Polizei angehalten. Was haben wir falsch gemacht? Gar nichts. Die Polizisten teilen uns sehr freundlich mit, dass die Straße gesperrt ist und auch alle anderen Straßen ringsum. Grund sind demonstrierende Bauern, die mit ihren Traktoren die Straßen dicht gemacht haben. Wir werden auf eine Raststätte etwa 50 m weiter geleitet. Von hier haben wir einen guten Blick auf die blockierte Autobahn. Niemand weiß, wie lange das Ganze dauern kann, gemütlich ist es nicht gerade auf der Raststätte. Aber wir kommen neben einem Wasserhahn mit Schlauch zu stehen und nutzen die Gelegenheit, unseren Tank aufzufüllen.




Nach einer guten halben Stunde scheint sich im Tal etwas zu bewegen. Wir riskieren es und fahren los. Wechselseitig leitet die Polizei auf der schmalen Straße den Verkehr in beide Richtungen. Ein paar Trekker kommen uns entgegen, ein Mann mit Flüstertüte steht noch am Weg und das Anliegen der Bauern hat anscheinend sogar geistlichen Beistand bekommen.








Schnell erreichen wir unser Ziel, ein kleines Naturwunder. Ein dampfender Wasserfall stürzt etwa 10 Meter tief in einen Bach, der mit hoher Fließgeschwindigkeit das 40° warme, nach faulen Eiern stinkende Wasser über eine ziemlich lange Strecke in kleine natürliche Becken transportiert.

Seit Jahrtausenden ist dieses Naturphänomen ungezähmt, nur hinter dem Wasserfall gibt es ein gemauertes Becken bei einem Gebäude, dass als Erstaufnahmelager für afrikanische Flüchtlinge genutzt wird.




Ein weitläufiges Gelände zwischen Autobahn und Thermalbach dient den Badenden als Parkplatz und Stellplatz für die Camper. Es sind verhältnismäßig wenige, die sich hier eingefunden haben. Zwischen den Büschen und Bäumen verteilt stehen sie, wir suchen uns einen Platz etwas abseits und kramen die Badesachen raus.

Der Einstieg am Bach ist steil und die Steine am Grund glitschig. Man muss sehr aufpassen, dass einen die Strömung nicht mitreißt. Wir klettern also hinein und versuchen den Schwefelgeruch als heilsam zu interpretieren.



Mir reicht ein Bad, Udo und Rüdiger gehen am Morgen noch einmal ins Wasser, dann geht es weiter, quer über den Isthmus. Wir landen in einem Badeort namens Neoi Poroi. Im Schatten des Olymp, der sich in dichte Wolken hüllt, liegt ein langer feiner Sandstrand. Ferienhäuser und Restaurants reihen sich an der eleganten Strandpromenade, Palmen säumen den Weg. Im Sommer ist hier sicher Himmel und Menschen, jetzt liegt alles verlassen, der Wind fegt den Sand auf die Promenade, die Sonnenliegen sind neben den Terrassen gestapelt, Neoi Poroi ist ein Geisterdorf um diese Jahreszeit.








Aber nicht alles Leben ist erstorben. Zwei, drei Cafès an der Hauptstraße haben geöffnet. Als wir am Morgen nach einer total ruhigen Nacht nach einem Kaffee suchen, findet Udo eine Bäckerei. Die Bäckersleute haben eine Zeit lang in Leverkusen gelebt und begrüßen uns auf Deutsch und mit der typisch griechischen Herzlichkeit. Wir bekommen Kaffee und Sesamkringel, kaufen Brot und Käseschnecken für unterwegs. Mit guten Wünschen für die Weiterreise werden wir entlassen.

Der Olymp ist fast nicht mehr zu sehen, die Wolken haben sich verdichtet, wir düsen auf der Autobahn nach Thessaloniki. Dort gibt es einen Anbieter für Campingbedarf, der laut Internet auch alle Bedürfnisse von durchreisenden Campern befriedigt. Wir brauchen Gas und Wasser und würden gern noch einmal Wäsche waschen, denn in der Türkei gibt es nach unserer Erfahrung keine Waschsalons.

Wie es uns in Thessaloniki ergeht und wohin uns unser Weg danach führt, erzählen wir beim nächsten Mal.


Bis bald also

Doris und Rüdiger