Freitag, 31. Mai 2019

Die Schwalbentragödie

Oh, die Orte, die du sehen wirst!“

Dr. Seuss


Ja, liebe Freunde, wir sind sehr gespannt, was uns in Russland erwartet.
Zunächst aber fahren wir noch ein Stück durch Lettland.
Von Cesis sind es etwa 250 Km bis zur russischen Grenze. Die Landschaft, die wir durchmessen ist nicht spektakulär, aber sie erfreut das Auge, erwärmt das Herz und besänftigt das Gemüt. Kleine Gehöfte schmiegen sich in sanftes Hügelland, das sich erstreckt, so weit man sehen kann. Fast jedes hat einen eigenen kleinen See.


Die weitläufigen , fetten Wiesen sind unterbrochen von kleinen Feldern, Wäldern und immer wieder Seen.



Je weiter wir gen Osten fahren umso flacher wird es, die Felder werden größer, reichen bis zum Horizont.
Wir stoßen auf die A12 und düsen auf ihr bis Rēzekne. Von dort sind es noch wenige Kilometer auf einer Sandpiste bis zum Erholungskomplex DzerkaĮi. Er ist im Moment noch eine Großbaustelle, aber wir dürfen hier stehen, sogar Toiletten und Duschen benutzen.
An einem herrlichen See gelegen, wird es bestimmt einmal viele Urlauber hierher ziehen.





Wieder merken wir deutlich, wie hoch im Norden wir schon sind. Gegen 23.00 Uhr bestaunen wir den Sonnenuntergang. „Das Licht ist hier anders als in Schweden. Es ist weicher.“ stellt Rüdiger fest und hat vollkommen recht.


Wir verbringen zwei Nächte hier am Cirma See.


Am letzten Maitag legt der Himmel wieder eine flauschige Decke über das Land.


Und wir werden Zeuge einer kleinen Tragödie.
Im Bestreben die gesamte Anlage besonders sauber und gepflegt aussehen zu lassen, weist die junge Chefin einen der Arbeiter an, mit einer langen Stange die Nester der Mehlschwalben abzuschlagen, die sich ausgerechnet den Dachüberstand des Rezeptionsgebäudes für ihre Behausungen ausgesucht haben. Wir können es kaum fassen.



Aufgeregt zwitschernd kreisen die kleinen Vögel immer wieder um das Haus, fliegen die Stelle an, wo ihr Nest hing, kehren um, flattern in weiten Bögen über die große Wiese an der wir stehen, um dann erneut das Haus anzufliegen. Den ganzen Tag drehen sie so Runde um Runde.
Was werden sie nun den ganzen Sommer machen, ohne Brut?

Neben unseren Beobachtungen bereiten wir uns auf den morgigen Tag vor. Ein unbekanntes und doch bekanntes Land liegt vor uns. Die Theorie wird auf die Wirklichkeit treffen.
Grenzübergänge mit manchmal pingeligen Kontrollen gehörten ja früher zum Reisealltag. Heute erkennt man innerhalb der EU oft nur an einem kleinen Schild an der Straße, dass man eine Grenze überfahren hat. An den Grenzen von europäischen Nicht - EU Ländern müssen wir meist nur den Ausweis oder Pass vorzeigen und werden durchgewunken.
Andere Reisende berichten von einem aufwändigen Procedere an der Grenze zu Russland. Um das nicht unnötig zu verlängern, wollen wir vorbereitet sein.
Die Pässe mit den Visa, den internationalen Führerschein, die Fahrzeugpapiere, die grüne Versicherungskarte legen wir bereit und räumen im Mobil alles so zurecht, dass die möglicherweise interessanten Sachen nicht ganz unten drin sind. Es geht da, laut Internet, vor allem um Medikamente und nicht konservierte tierische Lebensmittel, wie Fisch und Fleisch. Beides haben wir nicht an Bord. Aber wir haben frische Eier gekauft und ich habe in einem Beitrag im Netz gelesen, die dürfe man nicht einführen. Da wir bis morgen keine zehn Eier essen können, lassen wir es drauf ankommen. Der Verlust wäre nicht wirklich tragisch.

Ab morgen sind wir dann auch wieder auf freies WiFi angewiesen, es sei denn, wir finden eine Mobifon Filiale, in der man uns versteht und wir eine russische SIM Karte kaufen können.
Da man sich bei einem Aufenthalt von mehr als über sieben Tagen registrieren lassen muss und das am einfachsten über ein Hotel geht, haben wir in Wolgograd schon mal ein Hotelzimmer gebucht. Dort haben wir dann auf jeden Fall WiFi.

Ihr werdet ja sehen, wann wir uns wieder melden. Auch das bleibt also spannend, liebe Freunde.

Auf bald
Doris und Rüdiger

Donnerstag, 30. Mai 2019

Symphony des Waldes



Kümmere dich nicht um die Schlaglöcher in der Straße und zelebriere die Reise.”
                                                                  Fitzhugh Mullan




Genau das, liebe Freunde, tun wir denn auch.
Was hier in Lettland Autobahn heißt ist zu großen Teilen das, was bei uns Landstraße erster Ordnung heißt. Die größeren Landstraßen sehen meist so aus




Nur ein geringer Prozentsatz der Straßen ist geteert, der Rest ist Sand oder Schotter.
Ein Sandweg führt uns auch direkt von der Autobahn zum Kemping „Laucu Akmens“. Hinter ein paar Holzhäusern steht man auf einer Wiese. In etwa 50 Meter Entfernung führt von der Terrrasse des Restaurants eine Holztreppe zum Strand.


Man kann kilometerweit wandern ohne auf einen Menschen zu treffen. Phantastisch! 








In der Nacht beginnt es dann zu regnen. Mit kleinen Pausen regnet es die nächsten zwei Tage immer wieder. Nichtsdestotrotz fahren wir in den Gauja Nationalpark.
Auf dem Kemping „Žagarkalns“ stehen wir direkt am Fluss.



Hier, mitten in der Natur, werden wir ein paar Tage Pause machen, bevor wir dann am      1. Juni nach Russland einreisen können.
Direkt vom Kemping aus gibt es Wanderrouten durch die zauberhafte Landschaft.



An der Rezeption wurden wir darauf hingewiesen, dass das Wasser aus der Leitung aus einem Tiefbrunnen kommt. Es sei genießbar, aber nicht schmackhaft. Allerdings weist man uns auch darauf hin, dass es in der Nähe eine wohlschmeckende Quelle gibt.
Die ist schnell gefunden. Etwa zehn Minuten sind zu gehen, durch eine verwunschene Landschaft, vorbei an einem ehemaligen Seitenarm des Gauja, jetzt der Oxbow Lake, bis zu dem glasklaren Bächlein, das aus einer Felspalte strömt.







Das Wasser schmeckt wirklich gut und wir füllen unsere Flaschen und Kanister.
Am nächsten Tag gehen wir den Rundweg dorthin. Überall rieselt, strömt und plätschert es. Holzstege und -treppen führen über die Wasserläufe und Rinnsale oberhalb der Klippen und hinab zur Quelle. 






Schilder und ein Hörrohr weisen auf die „Symphonie des Waldes“ hin.



Tatsächlich gibt es viel zu hören. Nicht nur den vielstimmigen Gesang der Vögel, sondern auch das Rascheln der Blätter, das Rauschen des Windes, das Knistern der Tannennadeln und viele andere Geräusche. Man muss sich nur Zeit nehmen und genau hinhören.
Wir haben Zeit.
Dann füllen wir wieder unsere Gefäße und machen uns auf den Rückweg. Wir sind noch nicht lange wieder am WoMo, da beginnt es erneut zu regnen. Unser Thermometer zeigt 15° C Außentemperatur.
Also machen wir es uns drinnen bei einem Tee gemütlich. Wir haben ja Bücher dabei und es gibt auf dem Platz ein recht gutes WiFi, so dass ich an unserem Blog arbeiten kann.



Wir hoffen natürlich, dass das Wetter besser wird. Der Wetterbericht verspricht es für die nächste Woche. Da könnt Ihr mal wieder Daumen drücken. Die Kälte geht uns langsam auf die Nerven. 
 

Ganz in der Nähe befindet sich das Städtchen Cēsis, „eines der lettischsten Städte des Landes“, wie unser Reiseführer behauptet. Weiter heißt es:“Begünstigt durch seine Lage am Ufer der Gauja, über die die Handelsroute Riga - Tartu - St. Petersburg führte, entwickelte sich Cēsis schnell zu einer florierenden Handels- und im 14. Jh. zur Hansestadt.“ 
Zum  Himmelfahrtstag hat der Himmel das blaue Seidenkleid mit der goldenen Brosche angezogen. Wir schauen uns das Städtchen an.






Nach vier Tagen verlassen wir die Idylle und fahren Richtung russische Grenze. 
Wir sind sehr gespannt, was uns dort erwartet.
Ihr auch?


Dann bis bald
Doris und Rüdiger

Samstag, 25. Mai 2019

Blutwurst und Jugendstil


Entwirf deinen Reiseplan im Großen –
und lass dich im Einzelnen von der bunten Stunde treiben

Kurt Tucholsky


Birken. Seit den Masuren begleiten sie unseren Weg, prägen die Landschaft und geben ihr ein skandinavisches Flair. Sie stehen an den Straßen, in Gruppen auf Wiesen und Feldern, durchmischen die Wälder und bilden selbst kleine Wäldchen. Ihre weißen Stämme leuchten unverkennbar und die kleinen Blätter tanzen lustig im Wind.



Weiter geht es auf der Straße Nr. 195 bis Panevèžys, von dort auf die A10 Richtung Riga. Schnell sind wir in Lettland. Dort heißt die Autobahn A7 und ehe wir es uns versehen, haben wir die Hauptstadt erreicht.
Der Wohnmobilstellplatz liegt auf einer Insel im Fluss Daugava, direkt gegenüber der Altstadt.



Mit dem Fahrrad sind wir in zehn Minuten dort. Wir schließen die Räder an einem Park an und machen uns auf, Riga zu erkunden.
Riga ist eine kleine Hauptstadt, alles ist zu Fuß gut zu erreichen. Die krummen Gassen und eleganten Straßen mit den schönen Jugendstilhäusern führen auf einladende Plätze und unweigerlich zu einer der vielen Kirchen.






Die älteste, die Johanniskirche, schauen wir uns von innen an und kommen so in den Genuss eines schönen Orgelkonzertes.





Wir wandern durch einen der üppigen Parks, vorbei an den vielen Restaurants, Cafès und Bars und den Läden mit Bernsteinschmuck, Leinen und Keramik.
Wir essen Blutwurst mit Grütze und Kartoffelbrei und Hering mit Hüttenkäse, beides lettische Spezialitäten.
Dann haben wir fürs erste genug. Riga hält eine besondere Herausforderung bereit – sehr grobes Kopfsteinpflaster.




Am nächsten Tag gehen wir auf getrennten Wegen.
Rüdiger radelt zum „Friedhof der Brüder“, errichtet zum Gedenken an die Gefallenen des I. Weltkrieges.





Ich schwelge im Art Noveau Museum im Jugendstil.



Der Architekt der meisten dieser wunderschönen Häuser ist Mikhail Eisenstein, der Vater des großen Regisseurs Sergej Eisenstein.










Danach besuchen wir auf Empfehlung der netten Dame von der Stellplatzrezeption die Markthallen.
Wir lieben Markthallen und Märkte. Diese hier enttäuschen uns nicht.






Und natürlich finden wir auch hier wieder ein „Traumhaus“, gleich um die Ecke vom Stellplatz




und das gegenüber.



Dann haben wir genug Stadt gesehen, es zieht uns ans Meer.

Bis bald, liebe Freunde
Doris und Rüdiger