Freitag, 1. Dezember 2017

Der Geburtstag des Propheten



Weiße Wolken



O schau, sie schweben wieder
wie leise Melodien
vergessener schöner Lieder
am blauen Himmel hin!



Kein Herz kann sie verstehen,
dem nicht auf langer Fahrt
ein Wissen von allen Wehen
und Freuden des Wanderns ward.



Ich liebe die Weißen, Losen
wie Sonne, Meer und Wind,
weil sie der Heimatlosen
Schwestern und Engel sind.
                                                                      Hermann Hesse






Die Luft schmeckt nach Staub. Wie ein Schleier liegt er über der Landschaft zwischen Tafilalet und Dra-Tal.




Wir sind unterwegs auf der N-12 nach Zagora.
Vom Erg Chebbi hatten wir nach drei Tagen genug.
So schön es auch war, abends mit Yussuf, dem Gärtner und Achmed dem Chef Tee zu trinken und zu schwatzen, die Veränderung der Dünen im Licht zu sehen, hinauf zu wandern und über das Sandmeer zu schauen, so sehr nervte uns schon am Morgen das Knattern der Quads, die die Hänge hinauf rasten und stundenlang rauf und runter düsten, genau wie die Motorräder und die 4x4 Geländewagen.
Radeln nach Merzouga macht auch nicht wirklich Spaß, die Straße ist staubig, die LKWs donnern an uns vorbei und Merzouga hat außer einigen Touristenläden und Cafès und Restaurants nicht viel zu bieten. Immerhin gibt es eine geöffnete Post mit einem sehr freundlichen Beamten, der uns die gewünschten Briefmarken verkauft und unsere Postkarte an Rüdigers Mutter gleich abstempelt.

Wir ziehen also weiter.
Wieder durch die außerirdisch wirkende Landschaft durch die die N-12 sich zieht, unterbrochen durch ein paar Oasen. 


Die Flussbetten sind leer und staubtrocken.



Der Wind wirbelt den Staub hoch in die Luft, der Hausberg von Zagora wirkt wie von einem Schleier verhüllt in der Abendsonne.





In Zagora fahren wir zuerst zur Autowerkstatt, unser Goldstück soll gewartet werden, das heißt, Ölwechsel, alle Filter säubern, nach den Bremsen sehen, die sich irgendwie komisch anfühlen.
Abdoul begrüßt uns mit Tee, morgen nimmt er sich den Düdo vor.
Auf dem Camping Sindibad sind wir ganz allein, was uns aber durchaus recht ist.



Es stellt sich heraus, dass der Hauptbremszylinder leckt und Düdo hinten neue Stoßdämpfer braucht. Der Zylinder wird in Casablanca bestellt, es wird also einige Tage dauern.
Am Abend essen wir in einem der Restaurants am neuen Kreisverkehr, sitzen danach beim Tee und „gucken Leute“.


Auf dem Hausberg leuchtet weithin die Schrift, die soviel bedeutet wie „Gott schütze den König“.


Auf dem Weg zum Restaurant sprach uns ein Mann an, fragte ob wir ein Handy hätten, das wir nicht mehr brauchen. Er würde es tauschen gegen etwas Schönes für die Kinder. Wir bedauern. Den Beutel mit Kleidung, den wir eingepackt hatten, haben wir bei Malika am Lac de Tizlit gelassen. Auch hier schaute die Armut aus jeder Hütte.

Bevor wir am nächsten Tag einkaufen gehen besuchen wir ihn in seinem kleinen Laden. Er bietet uns Tee an, wir reden über Familie, das Leben im Allgemeinen. Mubarak lädt uns für den Abend zur Tajine ein.
 
Die Straßen von Zagora sind in Staub gehüllt. Der Wind bläst ihn überall hin. Er dringt durch alle Ritzen. Es knirscht zwischen den Zähnen. Hier hilft nur Fatalismus, aushalten bis es vorbei ist. 
 
Wir gehen in die Markthalle. Der junge Mann vom Gemüsestand bittet uns, eine Nachricht an seine Freunde in Deutschland zu formulieren, die er dann in sein Smartphone tippt. Die Antwort übersetzt er sich mit dem Google Übersetzer. So einfach kann Kommunikation sein.


Am Abend gehen wir zu Mubarak in seinen kleinen Laden. Die Tajine köchelt auf dem Gasflaschenkocher, es gibt Tee und Erdnüsse. Wir plaudern. 
Dann essen wir. Es ist köstlich, was er da zubereitet hat.



Mubarak erzählt, seine Familie wohnt vier Kilometer von hier, er hat vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter zwischen Zwanzig und Sechs Jahren. Er fragt nach unserer Familie, unseren Berufen, wir reden über Gott und die Welt in einer Mischung aus Französisch, Arabisch und Englisch, sogar Deutsch. Wir fragen, was wir sinnvoller Weise beim nächsten Besuch aus Deutschland mitbringen können. Die Antwort lautet: alles. Von Kinderkleidung über ausrangierte Handys, Laptops usw. bis hin zu Fahrrädern für den Schulweg der Kinder wird hier alles gebraucht. Viele Menschen können sich das nicht leisten. Wir werden es beherzigen.
Gegen 22.00 Uhr gehen wir nach Hause. "Laila saida" - Gute Nacht. Mubarak winkt uns hinterher.


Am nächsten Tag weckt uns ein Singsang aus vielen Männerstimmen, der einige Stunden anhält. Heute ist der Geburtstag des Propheten Mohammed. Alle Läden sind geschlossen, der Verkehr ruht - es ist Feiertag.
Irgendwann verstummt der Gesang. Gegen Mittag beginnt er von neuem, diesmal ein Solo, dass nach einer Stunde in eine Rezitation übergeht. 

Wir genießen den faulen Tag, können sowieso nichts anderes tun, das Ersatzteil für unseren Düdo kommt frühestens morgen. 
Wir sind gespannt. Ihr auch?

Bis dann also 
Doris und Rüdiger


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