Der
Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der
Wirklichkeit auszugleichen,
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen wie sie sind.
Samuel Johnson
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen wie sie sind.
Samuel Johnson
Der
Regen hält an. Eine Nacht und einen Tag. Er verwandelt unseren
Campingplatz in eine Seenlandschaft, der trockene Lehmboden kann das
Wasser nur sehr langsam aufnehmen. Noch drei Tage später sind
überall Schlammlöcher.
Die
Leute sagen, vor drei Jahren habe es das letzte Mal geregnet.
Mustapha
fährt mit uns durch das Drâa
– Tal.
Wieder
geht es durch halb verlassene, staubtrockene Dörfer, die sich nach
dem Regen ebenfalls in Schlammwüsten verwandelt haben. Als wir
zurück auf die große Straße wollen, ist der Weg davor überflutet.
Ein Zurück gibt es nicht. Tapfer zieht Mustapha Astrids Gummistiefel
an und watet durchs Wasser, Rüdiger fährt, wir laufen auf einem
Mäuerchen nebenher.
Geschafft,
es kann weiter gehen.
Auf
dem Weg haben wir viele alte, mehr oder weniger gut erhaltene Kasbahs
gesehen.
Die meisten sind eher schlicht gebaut, für das Leben einer
großen Familie, aber Rüdiger und Mustapha finden eine reich
verzierte.
Wir besichtigen eine über 300 Jahre alte Kasbah. Sie ist
riesig. Drei Brüder haben sie von ihrem Vater zu gleichen Teilen
geerbt, zwei von ihnen bemühen sich den alten Familiensitz zu
erhalten, der dritte lässt seinen Teil verfallen.
Wir sehen hohe Räume, Lichtschächte, verwinkelte Treppen
und von der Terrasse die
atemberaubende Aussicht.
Weiter
geht es nach Tamnougalte. Hier findet sich die älteste Kasbah des
Drâa - Tals, der Stammsitz der
Alawiten, der alten Königsdynastie Marokkos. Sie ist eine von
mehreren innerhalb des befestigten Dorfes (Ksar), das an der alten
Karawanenroute nach Timbuktu liegt.
Etwa
einen Kilometer vorher thront auf einem Hügel die um 1930 gebaute
Kasbah Taouirt.
Filmfans kennen sie auch unter dem Namen Fort
Bounoura aus Bertoluccis Film „Himmel über der Wüste“ (1990).
Seitdem ist sie leider immer mehr zerfallen, aber wir schauen sie
trotzdem an, geführt von einem jungen Mann, der uns erklärt, auch
„Babel“ mit Brad Pitt und Kate Blanchet wurde hier gedreht.
Am
Tag darauf ist wieder Souk in Zagora. Da uns das Auto noch zur
Verfügung steht, kauft Mustapha für seine Mutter die schweren
Sachen ein. Abends will er für uns eine Tajine mit Lamm,
Backpflaumen und Mischmisch (Aprikosen) machen. Also geht es nach dem
Gemüsemarkt
zu den Gewürzen,
in die Fleischabteilung
und später noch zu den
Fischverkäufern.
Übermorgen,
kündigt Mustapha an, bereitet seine Mutter für uns Sardinen auf
traditionelle Berberart zu.
Für
Großeinkäufe kann man hier einen Handwagen mieten, samt Träger.
Vor
der Mauer, die den Souk umgiebt, stehen abenteuerlich beladene LKWs.
Es gibt kaum etwas, was es hier nicht gibt.
17
Tage stehen wir nun hier in Zagora, so lange wie noch nie vorher
irgendwo. Wir sind kurz vorm Lagerkoller, also beschließen wir, am
nächsten Tag weiterzuziehen.
Natürlich
ist es toll, dass uns Mustapha jeden Tag bekocht, aber nach über
einer Woche haben wir mal wieder richtig einen Jieper nach Spaghetti
oder einer schlichten Gemüsepfanne.
Astrid
will bei der Polizei ihr Visum verlängern.
Nach
allem was uns langjährig in Marokko überwinternde Reisende erzählt
haben, geht man zwei Wochen vor Ablauf der Visa freien drei Monate
zur Polizei, füllt einiges Papier aus, bringt ein paar Kopien und
Passbilder mit und in der Regel ist es dann kein Problem, eine
Verlängerung für weitere drei Monate zu bekommen.
Nicht
so in Zagora. In einschlägigen Foren liest man sehr
Widersprüchliches über Visaverlängerungen in Marokko, von ganz
einfach bis zu unmöglich ist alles dabei.
Astrid
und Mustapha kommen mit niedergeschlagenen Mienen zurück. Der
zuständige Beamte habe erklärt, man müsse drei Monate auf einem
Platz gestanden haben, um ein neues Visum zu bekommen. Das entbehrt
zwar jeder Logik, aber auch hier wiehert der Amtsschimmel laut und
vernehmlich und im Moment sieht es so aus, als führe kein Weg zu
einer Visaverlängerung hier in Zagora.
Wir
überlegen, wie man das Problem lösen kann.
Mustapha
sagt, es sei in jeder Region anders, ja mitunter in jeder Stadt.
Die
Alternative wäre, nach Ceuta,der spanischen Enklave, zu fahren, für
einen Tag auszureisen, am nächsten Tag wieder einzureisen. Aber es
gibt Berichte von Flüchtlingen, die sich an europäische Autos
hängen oder sich darin verstecken, um über die Grenze zu gelangen.
Das ist nicht ungefährlich.
Inzwischen
hat sich der Platz gefüllt. Unter anderen ist Wout aus Holland
eingetroffen, den wir im letzten Januar in El Ouatia kennengelernt
haben. Er hatte uns die Verlängerungsprozedur genau beschrieben,
denn er war gerade mittendrin und bekam in Tafraoute problemlos
seinen Stempel in den Pass.
Wir
befragen ihn und er ist der Meinung, drei Monate auf einem Platz
könne gar nicht sein.
Nun
ist Astrid so schlau wie zuvor. Fünf Leute, fünf Aussagen. Am
nächsten Tag soll noch ein Versuch gestartet werden. Wir sind
gespannt auf den Ausgang der Geschichte.
Für
uns bedeutet das, dass wir es entweder woanders versuchen, oder Mitte
Februar, wenn unsere drei Monate um sind, ausreisen und den Rest des
Winters in Portugal und/oder Spanien verbringen.
Es
bleibt spannend.
Wir
fahren los Richtung Westen auf der N-12. Die Straße ist auf längeren
Abschnitten neu gemacht, wir kommen gut voran. Noch vor
Sonnenuntergang erreichen wir unseren freien Stellplatz vom letzten
Mal am Oued Tata.
Der
Tümpel an der Felsmauer ist kleiner geworden, hier hat es
anscheinend nicht geregnet. Die Abendsonne taucht die Landschaft in
ein goldenes Licht, in der Nacht sind die Sterne zum greifen nah.
Vor
dem Frühstück gibt es einen perfekten Sonnenaufgang, dann besucht
uns eine Herde Dromedare, etwa 50 Tiere, auch ein paar Esel sind
dabei.
Wir
fahren weiter bis Icht, biegen dann ab auf die R-102 und finden einen
schönen Platz am völlig trockenen Oued Siyad.
Hier
werden wir die Nacht verbringen.
Morgen
wollen wir Tiznit erreichen, wo man, wie wir vom letzten Mal wissen,
gut stehen und einiges erledigen kann.
Begleitet
uns!
Bis
dann also,
Doris
und Rüdiger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen