Mittwoch, 11. Januar 2023

„Ich seh dir in die Augen, Kleines“





 


Der Oued Souss ist einer der längsten und wasserreichsten Flüsse Südmarokkos – so Wikipedia. Er entspringst im Toubkal Massiv, im Hohen Atlas und mündet bei Agadir in den Antlantik. Der Toubkal wiederum ist der höchste Berg Nordwestafrikas und mit 4167 Metern auch der höchste Marokkos.

Als wir an den Ufern des Souss entlang Richtung Westen fahren, ist er knochentrocken. Auf den Gipfeln des Toupkal, die von Weitem herüber leuchten, liegt zwar Schnee, aber nur in den obersten Regionen. Es reicht nicht aus, um hier unten wirklich Wasser fließen zu lassen.





Am Anfang unserer Strecke ist die Straße noch von Plantagen flankiert, später sehen auch die Palmenhaine vertrocknet aus.




Trotzdem ist die Landschaft grandios.





Irgendwann am späten Nachmittag erreichen wir Ouarzazate, unser Tagesziel.





Auf dem Campingplatz hat sich nichts verändert. Von hier starten wir am nächsten Morgen zu einem unserer Highlights.



1962 drehte der britische Regisseur David Lean den Filmklassiker „Lawrence von Arabien“ in Ouarzazate und Umgebung. Er kannte die Gegend und wusste, dass er hier den authentischen Rahmen für seine Wüstengeschichte finden würde.



„Casablanca“, der wohl bekannteste Film der in Marokko spielt, wurde witzigerweise nicht in Marokko gedreht, obwohl er stark zum Marokkobild vieler Generationen beitrug und viele seiner Zitate zu geflügelten Worten wurden. Alle Kulissen des Kultklassikers standen auf dem Gelände der Warner Bros. Studios in Burbank, Los Angeles.



In Ouarzazate wurden aber nach „Lawrence von Arabien“ viele bekannte und weniger bekannte Filme gedreht, wie Ben Hur, Alexander,der Große, Black Hawk Down, Babel, Die Mumie, Star Wars, Kundun, Gladiator, Das Juwel vom Nil, Der Medicus, Königreich der Himmel, Himmel über der Wüste und viele andere.






Erst 1983 erkannte der marokkanische Geschäftsmann Mohamed Belghmi die Notwendigkeit eines dauerhaften Filmstudios in der Region und baute die Atlas Film Studios.





Wenn hier nicht gerade gedreht wird, kann man sie besichtigen.          Schon als Kind liebte ich die bewegten Bilder. Seit ich im Flohkino am Bersarinplatz meinen ersten Film sah, bin ich dem Kino verfallen.

Deshalb wollte ich schon seit unserer ersten Marokkoreise in die Filmstudios, leider hatte es sich nie ergeben. Nun aber ist es endlich soweit.



Wir werden einer Gruppe zugeteilt und eilen hinter dem jungen Mann her, der uns leider sehr schnell, sehr leise und sehr routiniert durch die Kulissen auf dem Gelände führt.





Wir dürfen durch die Gassen Jerusalems  wandeln und von Weitem die Kulissen von Game of Thrones betrachten.







Etliche Szenen bekannter Blockbuster wurden in Ait Ben Haddou gedreht, einer Wüstenstadt, etwa 30 Km von Ouarzazate entfernt. Sie werden wir uns später noch ansehen.

Die Gruppe erreicht eine Gasse von Jesus Geburtsort Bethlehem. Ich staune schon ein bisschen, als unser Guide erzählt, dass es zwei Monate dauerte, sie aufzubauen, damit dort eine Filmszene gedreht werden konnte, die nur acht Sekunden dauert.




So richtiges Filmfeeling kommt nicht auf, bei dem Tempo, in dem der junge Marokkaner uns von einem Schauplatz zum anderen treibt. Immerhin gibt es einen kurzen Fotostopp an der großen ägyptischen Treppe, vor der Kleopatras Thron aufgebaut ist






und auf dem Sklavenmarkt, auf dem Russel Crowe verkauft wurde, um als Gladiator zu kämpfen.








Es gibt einen zunächst rätselhaften Raum, in dem graue Kugeln von der Decke hängen.



Der Guide klärt uns auf: hier werden Weltraumszenen gedreht, die, mit der richtigen Beleuchtung, aus den Kugeln Planeten machen. Die perfekte Illusion wird mit dem perfekten Licht erzeugt.




Dann erreichen wir die asiatische Abteilung, die Drehorte von „Kundun“.






Am Ende dürfen wir allein über das Freigelände stromern, auf dem viele Filmfahrzeuge aufgestellt sind.





So entdecken wir hier den Streitwagen von Ben Hur und ein paar, von Sonne, Sand und Wind mit einer Patina versehene, alte LKWs.








Nach einer guten Stunde verlassen wir die Atlas-Studios, denn es gibt noch mehr zum Thema Film in Ouarzazate.

1981 wurde mitten im Ort, gegenüber der Kasbah Tarourirt, die ebenfalls bei einigen Filmen als Drehort diente, von einer italienischen Filmproduktionsfirma ein weiteres Studio erbaut, hauptsächlich für die Aladin-Filme.

Hier wurde 2007 ein Filmmuseum eröffnet, das eine Sammlung alter Filmsets, Requisiten und Filmtechnik zeigt. Jan setzt uns davor ab. Die Beiden haben genug Kulissen gesehen, wir noch lange nicht.



Durch dieses Museum dürfen wir ganz alleine schlendern und wir sind auch allein. Außer uns gibt es hier nur einen verschlafenen Wächter.







So macht das schon eher Spaß.

Wir erkunden Thronsäle und Gefängnisse, Innenhöfe und Höhlen und nun kommt tatsächlich so etwas wie Filmfeeling auf. Wir können unserer Phantasie freien Lauf lassen.






















In der Halle mit den alten Kameras, Mischpulten und Projektoren findet sich neben einem Kostümfundus auch das Gästebuch.












Leider ist es voll bis auf den letzten Einbanddeckel. Schade! Wir hätten uns gern lobend geäußert.



Das Einzige, was in diesem Museum fehlt, ist eine durchgehende Beschriftung der Ausstellungsstücke und -orte. Damit hätte es das Potential, den Atlas Studios ernsthaft Konkurrenz zu machen. So müssen wir eben raten.











Unser Kopfkino hat nun genug Futter, wir gehen über den sonnigen Vorplatz und suchen uns auf der anderen Straßenseite ein freundliches Lokal zum Verschnaufen.

Ein Tee und ein Omelett, und wir sind bereit für neue Aktivitäten.



Auf der breiten Promenade laufen wir zurück zum Camping, nachdem wir im Restaurant Dourya für den Abend einen Tisch reserviert haben.





Vor einigen Jahren waren wir hier mit unserer jüngsten Tochter und haben das Restaurant und das Essen in bester Erinnerung.




Tatsächlich wird dieser Abend die Krönung dieses Tages.






Wir speisen vorzüglich, Pastilla und Tajine mit Dromedar und Zicklein, beides mit Feigen zubereitet. Dazu gibt es einen richtig guten marokkanischen Rotwein.





Es war das beste Essen, dass wir bisher in Marokko hatten, so lautet unser einstimmigen Resümee.


Zufrieden und erfüllt mit schönen Bildern, Gerüchen und Geschmäckern kommen wir, vom strahlenden Vollmond beleuchtet, wieder am Campingplatz an.




Am nächsten Morgen soll es weiter gehen, auf unserer Lieblingsstrecke Richtung Zagora. Ganz in der Nähe hoffen wir ein weiteres Highlight zu finden. Aber darüber berichten wir beim nächsten Mal.


Bis bald also

Doris und Rüdiger












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