Mittwoch, 18. Januar 2023

Der Himmel hat geschlossen



Die Route, die vor uns liegt, sieht auf der Karte so aus:



In der Realität so:










Schon von Anfang an haben wir am Straßenrand etwas bemerkt, dass es bei unserem letzten Besuch in Marokko noch nicht gab: mobile Cafès.

Das sind meist Autos, im Volksmund „Hundefänger“ genannt, die hinten in dem Kasten eine Kaffeemaschine und/oder einen Teebereiter stehen haben, auf dem Rücksitz eine kleine Kühlbox, auf dem Dach ein Solarpaneel, das eine zusätzliche Batterie mit Wechselrichter speist. Dazu verkaufen sie kalte Getränke und kleine Snacks.

An einem Aussichtspunkt an der Straße sehen wir ein solches „Cafè mobile“. Eine Pause können wir gut gebrauchen, also halten wir an und gehen hinüber. Zwei sehr freundliche junge Männer bereiten uns einen guten Cafè au lait, wir dürfen auf den bunten Plastikstühlen am Rande der Schlucht Platz nehmen und Kaffee mit Aussicht genießen.






Einer der Beiden spricht gut Englisch und erzählt auf unsere Nachfrage, diese mobilen Cafès seien durch ein Förderprogramm der Regierung für Studenten entstanden, die während der Pandemie ihr Studium abbrechen mussten und nun keine wirkliche Perspektive haben. Wir fragen ihn, was er studiert hatte. Seine Antwort: Geologie. Wie passend. Er erklärt uns, diese Form der Landschaft heiße el Hart. Ich versuche, mir diesen Begriff zu merken, denn ich finde, er passt gut zu der kargen, harten Bergwelt durch die wir fahren. Sie hat etwas Unwirkliches, als seien wir auf einem anderen Planeten.





Nach Stunden höchster Konzentration, unzähligen Kurven und Serpentinen kommt der Hausberg von Zagora in Sicht.



Wir überqueren das Qued Draa. Auch dieser eigentlich große Fluss ist vollkommen trocken. Das war er schon, als wir vor fünf Jahren mit Mustapha, dem jungen Marokkaner, der uns seine Heimat gezeigt hat, unterwegs waren. Er zeigte uns damals das Grundstück seiner Familie. Das Land war trocken und hart wie Beton. Die Familie hatte in die Stadt übersiedeln müssen, wo sie in einem Elendsquartier hauste. Mustapha erzählte, der Grund sei ein großer Stausee, der in diesem Teil des Flusses das Wasser zum Versiegen gebracht und so vielen Familien die Lebensgrundlage genommen hatte. Inzwischen kommt sicher die Trockenheit, bedingt durch den Klimawandel hinzu. Im Internet lesen wir, dass in Marokko 75% weniger Regen fällt, als noch vor Jahren.



Eine von Laternen gesäumte, breite Straße führt auf das Stadttor von Zagora zu, dahinter beginnen die Häuserzeilen. Der Ort hat sich nicht verändert. Wir erkennen vieles wieder.




Fürs erste durchqueren wir Zagora und fahren weiter Richtung Wüste, denn auf halbem Weg nach Mhamid, der Wüstenoase, liegt unser nächstes geplantes Highlight.

Von der Straße führt eine kurze Piste zur Düne von Tinfou und kurz davor befindet sich das Sahara Sky Hotel. Auch hier waren wir vor fünf Jahren mit Mustapha, schauten uns das Hotel und den dazugehörigen Stellplatz an und ließen uns begeistern von dem Konzept des deutschen Besitzers, der hier eine Sternwarte der besonderen Art etabliert hat.

Sterne gucken in der Sahara, wo es keine Lichtverschmutzung, kaum Feuchtigkeit und klare Nächte gibt, mit Erklärungen der Sternbilder und anderer Himmelserscheinungen und einem Dinner. Genau das wollten wir. Damals kamen diverse technische Schwierigkeiten an unserm Auto dazwischen, aber diesmal soll es sein, zusammen mit Jan und Ute. 

So sieht das Hotel auf der Website im Internet aus.



Und so in der Realität.

Schon von Weitem sehen wir, dass die Mauern vom Sand fast zugeweht sind, das Gelände liegt verlassen und leblos in der Mittagssonne.





Wir stellen das Auto ab und laufen zum Hotel. Vielleicht ist ja doch jemand da. Und richtig. Ein älterer Marokkaner, herausgeputzt mit leuchtend blauer Jacke und der passenden Kopfbedeckung tritt vor die Tür und entblößt ein paar schwarze Zahnstümpfe für ein Lächeln. „Astrologie?“ fragt er. Wir bejahen. „No Astrologie!“ ist die deutliche Antwort. Er erklärt uns in rudimentärem Englisch, dass der Chef nicht da sei und erst morgen käme, oder in drei Tagen, vielleicht auch erst in vier. Alles klar. Das können wir hier wohl vergessen. Wir bedanken uns und gehen zurück zum Auto. Der Wächter der Feste schlurft zu einem kleinen lehmfarbenen Bau quer über den leeren Parkplatz und verschwindet darin. Wir sind wieder allein mit dem Sand, dem Wind und der Sonne.

Soviel also zu unserem Plan, Sterne gucken mit Dinner und Erklärungen.

Wir fahren die Piste und die Straße zurück nach Zagora.




Auf dem Camping Sindibad treffen wir uns mit Jan und Ute wieder.

Wir sind nicht zum ersten Mal auf dem Platz. Hier trafen wir die „Campofanten“ mit ihrem Rundhauber und Astrid und Mustapha. Das ist mindestens fünf Jahre her, aber es hat sich nichts verändert. Sogar der Platzwart ist noch der selbe.


Zwischen ein paar Palmen kommen wir zum stehen, waschen unsere Wäsche und verbringen ruhige Tage,




nur unterbrochen von einigen Gängen in den Ort um einzukaufen und die lokale Küche zu genießen.









Jan und Ute lassen einige Arbeiten an ihrem Wohnmobil machen, wir grillen unsere letzten spanischen Chorizo und dann fahren die Beiden wieder Richtung Küste, uns hingegen zieht es in die Wüste.




Noch einmal geht es also durch Tamegroute, wo die Keramik mit der speziellen grünen Farbe hergestellt wird und wo uns Mustapha damals mit in die uralte Bibliothek der Madrassa genommen hat. Der alte Imam, der in vielen Sprachen erklärte, welch seltene und wunderbare Bücher hier in Bücherschränken mit Glastüren aufbewahrt werden, war sicher jünger als die Folianten, aber sein Wissen war fast so unerschöpflich, wie das der Bibliothek. Für mich war es eines der beeindruckendsten Erlebnisse in Marokko. Wir passieren also ein zweites Mal die Düne von Tinfou und erreichen dann Mhamid, die Oase am Rande des Erg Chegaga.










Nicht weit hinter dem letzten Haus thront etwas erhöht das Camp „La Boussole“. Von hier aus wollen wir versuchen, ein Stück Sahara zu erkunden.






Was wir vorfinden, werdet Ihr erfahren, wenn Ihr mit uns in die Wüste kommt.


Bis bald also

Doris und Rüdiger


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