Montag, 6. Juni 2022

Direkt aus der Quelle



Das Land bleibt zunächst flach und weit, aber am Horizont kommen wieder Schneegipfel in Sicht. Bei Pozantı, an der mittelalterlichen Brücke





biegen wir ab in Richtung Kayseri und fahren zwischen Bolkar- und Ala-Gebirge vorbei an den Dreitausendern, die uns schon eine Weile begleiten hinauf zum Pass und übernachten auf 1720m Höhe.



Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus, die Landschaft ist einfach atemberaubend.





Eine weite Hochebene schließt sich an, kleinere Salzseen glitzern neben der Straße.





Wieder folgen wir den Serpentinen hinauf und hoffen auf einen ruhigen Platz für ein paar Tage. Aber die Täler sind zu eng, wo Platz ist, wird etwas angebaut. 




Auf der nächsten Hochebene beschließen wir auf einem Rastplatz an der breiten Straße zu bleiben. Ein Gewitter zieht auf und entlädt sich mit einem heftigen Regenguss. Die letzten Tropfen fallen, da biegt ein Pickup auf den Platz ein, auf der Tür ein offiziell aussehendes Emblem. Ein Mann steigt aus, grüßt freundlich und als er merkt wir verstehen ihn nicht, ruft er jemanden an, der Deutsch mit Rüdiger am Telefon spricht. So erfahren wir, dass der Mann Beamter der Gemeinde ist. Dass wir hier übernachten sei kein Problem, aber die Gemeinde baue gerade einen Campingplatz. Es gäbe noch keinen Strom, aber Geschäfte und Lokantas in der Nähe. Rüdiger steigt zu ihm ins Auto, dort markiert der Gemeindebeamte ihm auf dem Telefon in Google maps den Ort. Wir bedanken uns, er fährt Richtung Dorf, wir in Richtung des angegebenen Punktes. Es geht über kleine Dorfstraßen, durch ein Städtchen, vorbei an einem Picknickplatz mit Hütten, weiter auf immer schmaler werdenden Sträßchen. Endlich erreichen wir den Fluss, hinter der Brücke hupt ein Auto und der Fahrer winkt, wir sollen ihm folgen. Wir gehen von einem gut funktionierenden Informationsnetz aus und fahren hinterher. Die wilde Jagd endet an einem frisch gepflügten Feld hoch über dem Fluss und mit einer einladenden Handbewegung unseres Scouts. Wir schauen uns zweifelnd an. Das ist allerhöchstens die vage Idee eines Campingplatzes.






Rüdiger schüttelt den Kopf, der Mann telefoniert mit dem Beamten, zuckt die Schultern und braust davon. Was war das jetzt? Gut gemeint aber nicht zu Ende gedacht oder einfach ein Missverständnis?

Wir erinnern uns an das Picknickareal mit den Hütten. Also zurück.

Wir umkreisen das Gelände, aber das ist für WoMos absolut nicht geeignet. Wieder einmal erweist sich, der Türke versteht unter Camping eher Auto und Zelt oder eine Campinghütte.

Langsam macht sich Frust breit. Wohin sollen wir heute Nacht? Zurück zu dem Rastplatz? Och nee, rückwärts gefällt uns nicht. Also fahren wir in die Richtung unseres nächsten großen Zieles, der Stadt Gaziantep.

Bis wir zur D825 kommen, dirigiert uns das Navi über kleinste Bergstraßen und an einem Feldrain finden wir einen wunderbaren Platz für die Nacht.






Außer Vogelgesang und den Ruf des Kuckucks hört man hier nichts. Die Abendsonne verteilt Goldflitter auf den Hängen des Dibek Gebirges während die letzten Gewitterwolken abziehen.

Wir haben noch keine Lust auf Großstadt, folgen der Ausschilderung und finden am Fuße des Armut Gebirges die Quelle des Takir Flusses. Unterwegs probieren wir endlich Shishköfte. 




Wie ein blau und türkis leuchtender Edelstein liegt sie inmitten der bis zu 3000m hohen Gipfel. 


Um sie herum und am Flüsschen entlang hat die Gemeinde des Dorfes Takir ein wunderschönes Picknickareal gestaltet. Ganz am Ende, direkt neben der Quelle finden wir einen Platz.





Der Ort ist gut besucht, es ist Sonntagnachmittag. Die Familien und andere Gruppen haben die Sitzgruppen belegt und wer dort keinen Platz fand, lagert einfach auf den Wiesenstücken um das Quellbecken.

Wir holen unsere Stühle raus und setzen uns dazu.




Die Familie nebenan bietet Erdbeeren an, später bringt jemand Kirschen vorbei, wir bekommen mit Fleischsauce gefülltes Brot, ein paar Worte, woher kommt ihr, ein freundliches Lächeln.




Wir beobachten, dass die Leute Wasser aus dem Quellbecken schöpfen und direkt aus der Flasche trinken. Das probieren wir auch. Das Wasser ist klar, kühl und süß und wir haben die nächsten zwei Tage herrliches Trinkwasser.



Je später es wird umso dichter werden die Rauchwolken.

Wie sagte Eva in Sultanhanı doch so schön: „Der Türke an sisch jeht ja nit inne Natur zum spazieren, der hat ja immer den Grill dabei“ Hat er. Jedenfalls hier an der Takir-Quelle. Es wird gegrillt und die Samoware sind in Betrieb. Fröhlich geht es zu.



Am nächsten Morgen ist es erstmal sehr ruhig. Wir füllen unseren Wassertank aus der Quelle. Dann kommen einige Kleinbusse an. Viele junge Leute steigen aus, eine Musikanlage wird aufgebaut, man verteilt sich auf die Sitzgruppen. Es gibt Musik und ein Trommler schlägt den Takt, es wird getanzt. Allerdings nicht wie bei uns üblich, in Paaren oder allein, nein es ist ein großer Kreis, der da tanzt.



Wir erfahren, dass hier ein Studienabschluss gefeiert wird.

Nach einer Mittagspause gibt es eine Art Kulturprogramm. Die Busfahrer, die uns angesprochen haben, versichern, es seien alles Amateure. Dafür sind es aber tolle Auftritte mit tollen Stimmen. Anscheinend darf jeder, der sich traut, etwas zum Besten geben. Ein paar kleine Jungs sind sehr mutig und singen Hits zum Mitsingen.



Den ganzen Nachmittag geht das Programm. Wir schauen fasziniert zu.

Gegen Abend löst sich dann die Gesellschaft sehr schnell auf.

Am nächsten Tag trinken wir einen letzten Kaffee an der Quelle und fahren weiter.


Im Dorf treffen wir auf einen Stand mit frisch gepflückten Erdbeeren. Der Bauer lädt uns ein, direkt vom Feld noch zu naschen.

Mit einem Kilo herrlich duftender Früchte machen wir uns auf den Weg, weiter gen Osten.

Wir haben wieder Kraft getankt und freuen uns auf die nächste Stadt.

Kommt mit und lest, was wir dort entdecken.


Bis bald also

Doris und Rüdiger


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen