Dienstag, 7. Februar 2023

Camping Complet

 



Von Weitem sieht es aus wie eine Nebelbank vor den Bergen des Jbel Bani. Je näher wir kommen, umso schwerer fällt das Atmen, es knirscht zwischen den Zähnen, die Luft ist voller Staub. Was aussieht wie Nebelfelder ist ein kleiner Sandsturm. Er begleitet uns auf der gesamten N-12, die sich an der Gebirgskette und den weiten Ebenen davor entlangzieht.





Immer mehr Flächen entdecken wir, auf denen es grünt. Immer öfter sehen wir kleine Brunnenhäuser. Abdul hatte uns erzählt, dass es überall unterirdisches Wasser gibt, dass immer mehr Brunnen gebohrt werden. Wie wir beobachten können, ersetzen sie die alten Ziehbrunnen. Kleine Felder werden damit bewässert, Gärten grünen hinter hohen Mauern.



Kamel- und Schafherden queren unsere Route, 






wir passieren kleine Dörfer und größere Oasen, schließlich erreichen wir Tata.





Ein paar Kilometer dahinter ist einer unserer Lieblingsplätze, an einer kleinen Wasserstelle. Dort, in so war der Plan, wollten wir übernachten. Aber der Sandsturm wird immer dichter, der Wind frischt auf, der Staub dringt durch alle Ritzen. Darauf haben wir keine Lust.






Rüdiger meint, dass wir es noch bei Licht bis Guelmim schaffen, also fahren wir weiter.





Nach 540 Kilometern erreichen wir tatsächlich noch im Hellen den Parkplatz des Marjane Supermarktes am Stadtrand von Guelmim. Wir sind fix und fertig.



Seit wir Guelmim zum Tagesziel erklärt haben, freuen wir uns auf ein knuspriges Poulet roti. Die Brathähnchen bei Marjane haben uns schon auf der letzten Reise angelockt. Damals konnte man auf dem Parkplatz übernachten und es gab eine regelrechte Parkplatzparty mit Udo und Gustl, Laura und Tino.

Wir kaufen ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt, 



der Stand mit den Hähnchen sieht verlassen aus. Erst bei näherem Hinsehen, entdecken wir, dass es Hühner gibt, aber niemand steht an, wie vor 5 Jahren. Kein Wunder, der Preis hat sich fast verdoppelt. Wir gönnen uns trotzdem eins, das zwar schon gegrillt ist, aber erst wieder warm gemacht werden muss.



Übernachten auf dem Parkplatz ist inzwischen verboten, wir stellen uns einfach neben der Tankstelle hinter ein Wohnmobil, dass dort schon Position bezogen hat. Morgen früh wollen wir sowieso weiterfahren.

Wir genießen unser Abendessen und fallen todmüde ins Bett.




Die Nacht ist etwas unruhig, denn die Tankstelle ist 24 Stunden geöffnet und entsprechend frequentiert. Trotzdem sind wir ausgeruht genug, um am Morgen, nach dem ersten Kaffee, die etwa 60 Kilometer bis Sidi Ifni zu bewältigen.








Das Städtchen leuchtet in Weiß und Blau oben auf der Steilküste. Von Sand und Staub ist hier nichts mehr zu spüren, der Nebel ist salzig und kommt vom Atlantik.

Unterhalb der Klippen liegt der Camping „El Barco“, wo Jan und Ute schon auf uns warten.



Erstaunlicherweise ist der Platz neben ihnen in der ersten Reihe noch frei. Wir stehen direkt hinter dem Mäuerchen, das den Platz vom Strand und der dazwischen liegenden Promenade trennt.



Die frische Seeluft strömt in unsere Lungen, der Staub wird abgeschüttelt.

Abends rauschen uns die Wellen in den Schlaf, morgens wecken sie uns auf.

Die hohen Klippen werfen den Schall zurück, der Geräuschpegel gleicht dem einer gut befahrenen Schnellstraße. Hatten wir vergessen, wie laut Wasser sein kann? Wie auch immer, die Luft fühlt sich erst einmal gut an.





Viele Stufen führen hinauf nach Sidi Ifni, die wir nun fast jeden Tag erklimmen. Sei es, um auf dem sonntäglichen Markt einzukaufen, unsere Telefonkarte aufzuladen, uns ein Frühstück zu gönnen, sich den Bart stutzen zu lassen, am Fischmarkt den fangfrischen Fisch zu essen oder einfach nur um einen Kaffee oder Tee zu trinken und „Leute zu gucken“.

























Der Blick von oben ist überwältigend. Im Cafè oberhalb des Campings entdecken wir alte Fotos. So also sah es in Sidi Ifni früher aus.






Auch das Haus, in Form eines Hochseedampfers, entdecken wir hier. Es steht noch heute, ohne Mast und Fähnchen, aber immer noch imposant.





Wir wandern am Strand entlang und hinauf zum Leuchtturm, entdecken das alte, stillgelegte Kino und eine Tür, die der Phantasie Nahrung gibt aber wohl längst für immer geschlossen bleibt, ein Haus, dass uns schon vor fünf Jahren gefallen hat und das immer noch leer steht und den Maler, der die Mauern der Gebäude um den Park herum verschönert.










Jan und Ute sind alte Freunde mit denen es immer viel zu erzählen gibt. Auch wenn wir gern mit uns allein sind, genießen wir ihre Gesellschaft für eine Weile sehr.





Nach zehn Tagen haben wir alle Neuigkeiten ausgetauscht, Zukunftspläne besprochen, die Weltlage erörtert. Wir kennen die Wege im Ort auswendig und sehnen wir uns wieder nach Stille und Alleinsein.

Der Abschied ist keinesfalls für immer, Jan und Ute werden wir auf der Heimreise in Spanien wiedersehen.



Der Plan ist nun, wieder ins Landesinnere zu fahren. Obwohl es dort deutlich kälter ist, als an der Küste, findet man doch viele ruhige Plätze und das ist es, was wir suchen.

Als ersten Zwischenstopp wählen wir noch einmal Tiznit, das sind nur 60 Kilometer. Wenn wir nun dachten, wir sind die Einzigen, die auf diese Idee kommen, so haben wir uns gründlich geirrt. Als wir in die Straße zum Camping Municipal einbiegen sehen wir schon die Wohnmobile an der Straße davor stehen.




Am Eingang zum Campingplatz hängt ein Schild, das verkündet, der Platz ist voll belegt.



Wir stellen uns zu einigen anderen auf die Schotterfläche vor dem Supermarkt. Hier haben wir vor Jahren schon einmal übernachtet.



Es hat sich einiges an Wäsche angesammelt. Unterwegs waschen wir meist selbst in unserer wohnmobilen Waschmaschine, aber die Wäscherei in Tiznit wäscht gut zu einem fairen Preis und das bis zum nächsten Tag. Wir geben also unsere zwei großen Taschen dort ab und schlendern hinüber zum Silbersuq. Schon länger liebäugeln wir mit den schönen Berberarmreifen, die dort angeboten werden.

Zum Handel gehört immer ein Tee, so lassen wir uns von einem zurückhaltend freundlichen Händler dazu einladen. Ein bisschen Geplauder, woher und wohin, wie geht’s der Familie, dann kommen wir zur Sache. Als die passenden Schmuckstücke ausgesucht sind, handelt Rüdiger wie ein Berber. Das jedenfalls behauptet Brahim, der nette Schmuckhändler. Wir werden uns einig und zwei schöne Silberarmreifen wechseln den Besitzer.



Zum Abschluss des Geschäfts bekomme ich noch ein kleines Schächtelchen mit Safran als Geschenk.




Brahim hat natürlich einen Bruder, der gleich um die Ecke die handgenähten Berberschuhe verkauft. Auch die gefallen uns schon seit unserer ersten Marokkoreise. Abdullah hat sie in vielen Farben und Größen.

Die schön bestickten für Damen kommen für mich mit Schuhgröße 43 leider nicht in Frage. So entscheide ich mich denn am Ende auch für ein Paar der traditionell gelben Männerschuhe. Auf chromgegerbtes Leder reagiere ich allergisch, diese kann ich allerdings barfuß tragen ohne dass meine Füße anfangen zu jucken. Perfekt.



Mit unseren Schätzen begeben wir uns dann noch hinüber zur Markthalle, flanieren durch die Gänge











und finden tatsächlich den Händler mit den besonders leckeren Datteln wieder, die wie Karamellbonbons schmecken. Wir decken uns damit ein, dazu noch ein paar Mandeln fürs Müsli und zu guter Letzt gönnen wir uns Fisch von der Braterei zum Abendessen.



Dieses haben wir gerade verputzt, da klopft es ans Fenster. Zwei Polizisten und einige Männer in Zivil laufen zwischen den Wohnmobilen umher. Einer der Uniformierten erklärt uns sehr freundlich, aber bestimmt, dass es nicht möglich sei, hier zu übernachten. Da unser Französisch nur rudimentär ist, wird einer der Zivilpolizisten herbeigeholt, der etwas Englisch kann. Er erklärt uns den Weg zum Busbahnhof. Dort könnten wir übernachten. Irgendwie haben wir damit gerechnet, sind fahrbereit und düsen los. Der Busbahnhof ist nicht weit, etliche WoMos stehen schon dort, wir stellen uns einfach dazu.



„Tomorrow in the evening“ lautete die Aussage des Wäschereibesitzers auf unsere Frage, wann wir unsere Klamotten wieder abholen können. Wann ist „evening“ in der marokkanischen Zeitrechnung? Auf noch eine Nacht am Busbahnhof sind wir nicht wild. Am liebsten würden wir vor Einbruch der Dunkelheit Tiznit verlassen. Vorher allerdings brauchen wir noch einiges an Obst und Gemüse. Der eine oder andere Händler hat selbst während der Mittagspause geöffnet. Möhren, Zucchini, Auberginen, Paprika, Orangen, Mandarinen, Zitronen, Äpfel, Bananen und Birnen wandern in unsere Beutel. Seit der König vor einigen Jahren die Plastiktüten verboten hat, sind sie durch Fleecebeutel ersetzt worden. Aber die werden genauso inflationär verteilt wie vorher die Plastiktüten. Also haben wir uns zur Gewohnheit gemacht, immer einige davon bei uns zu haben. Nicht nur wegen der Umwelt, sondern auch, weil wir sonst darin ersticken würden, denn hier bekommt man nichts ohne einen Beutel.



Unser Weg zurück zum Auto führt an der Wäscherei vorbei. Fragen kostet ja nichts, denken wir uns und haben Glück. Unsere Wäsche ist fertig. Gewaschen und zusammengelegt bekommen wir sie ausgehändigt. Es ist gerade mal 16.00 Uhr. Schnell ist alles verstaut und wir verlassen Tiznit.



Etwa dreißig Kilometer östlich finden wir einen einsamen Übernachtungsplatz. Die Stille ist überwältigend. Wir schlafen tief und erholsam.




Von hier sind es nur noch rund 100 Kilometer bis Tafraoute. Allerdings auf einer spannenden Route.

Gerne nehmen wir Euch mit durch die Berge des Antiatlas.


Bis bald also

Doris und Rüdiger




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen