Montag, 12. Dezember 2022

Weißer Advent

 




Die Gemeinde Floh-Seligenthal hat viele Ortsteile. Einer davon ist das Dorf Kleinschmalkalden. 



An seinem Rande liegt der Schneidemühlengrund und dort ein Stellplatz erster Güte. Es gibt geräumige, abgeteilte Plätze, ein beheiztes Sanitärgebäude mit Toiletten und Duschen, eine sinnig platzierte Ver- und Entsorgung. Alles ist sehr gepflegt und liebevoll eingerichtet. Jeden Morgen kommt eine Frau aus dem Ort und putzt die ohnehin blitzsauberen Bäder.




Zunächst stehen wir allein im Tal neben dem WSK 07, dem Wintersportverein Kleinschmalkalden. Gleich dahinter ist das Schwimmbad. Jetzt ist dort alles abgesperrt und verschlossen. Es ist absolut ruhig.                          Wir genießen die heiße Dusche und am nächsten Tag ist Wandertag. Gleich vom Platz aus führt der Wanderweg durch den kahlen Buchenwald auf schönen Wegen zur Hohen Warte.






Um 1905 war es modern, zur Zierde von Gärten und Landschaft, Gebäude im Stil von Ruinen zu bauen. So entstand auch der Turm Hohe Warte.




Normalerweise hat man von hier einen phantastischen Ausblick, leider ist diese vom Nebel verschleiert. So begnügen wir uns mit dem Silberstreif am Horizont und wandern hinunter ins Dorf.




Als wir am Morgen erwachen, erleben wir eine Überraschung.




Obwohl wir unsere Plage mit der Feuchtigkeit im Wohnmobil haben und jede Woche einen Baumarkt anfahren müssen um die Gasflasche zu tauschen, damit wir es warm haben, freuen wir uns über die weiße Pracht.

Es schneit weiter, der Schneepflug düst morgens mit Höchstgeschwindigkeit um den Stellplatz und abends noch einmal.




Durch den knirschenden Schnee laufen wir nach Kleinschmalkalden hinein zum Bäcker, kaufen thüringschen Kuchen und Brot.

Die Landschaft ist nun wie aus dem Bilderbuch, uns wird so weihnachtlich zumute, wie schon seit Jahren nicht mehr.





Ich bekomme sogar Lust zum Basteln.



Drei Nächte später machen wir uns wieder auf den Weg. Ganz Thüringen ist verschneit, aber gut geräumt, so können wir die Winterlandschaft in Schwarz-Weiß durchaus genießen.





Bald erreichen wir Bayern, sind sozusagen schon fast im Ausland.

Die Stadt Schweinfurt in Unterfranken ist unser Ziel, für uns Neuland.



Auch hier gibt es einen schönen, gepflegten, ruhigen Stellplatz.

Nicht weit von hier fließt der Main. Man läuft etwa 10 Minuten über die Brücke, vorbei an der Maininsel, bis zur Innenstadt.




Obwohl Schweinfurt auf den ersten Blick eine der vielen deutschen Kleinstädte ist, die sich zum Verwechseln ähneln, kann man, bei näherer Betrachtung, doch Interessantes entdecken. Für alle Freunde des Drahtesels hat sie zum Beispiel eine besondere Bedeutung: hier erfand 1853 Philipp Moritz Fischer das Tretkurbel-Fahrrad sowie den Fahrradfreilauf und die Rücktrittbremse.

Das Denkmal für Olympia Fulvia Morata, eine italienische Dichterin und humanistische Gelehrte des 16. Jahrhunderts, die mit einem Schweinfurter Arzt verheiratet war und deren bewegtes Leben mit 29 Jahren durch eine Tuberkuloseerkrankung endete, erzählt uns, dass sich schon vor 400 Jahren Geistesgrößen in Schweinfurt ansiedelten.



Wir gehen Richtung Marktplatz. Das Museum Georg Schäfer, an dem unser Weg vorbei führt, beherbergt eine einzigartige Sammlung deutscher Malerei und Zeichenkunst von 1760 bis 1930. Leider sind wir zu spät dran, es schließt, als wir es entdecken. Das heben wir uns für ein anderes Mal auf.

Vor dem recht imposanten Rathaus sitzt auf einem Armlehnstuhl, in ein Buch vertieft, der Dichter Friedrich Rückert. Er war nicht nur Dichter, sondern auch Übersetzer und Sprachgelehrter. Mit mehr als 40 Sprachen beschäftigte er sich und galt als Sprachgenie. Besonders die orientalischen Sprachen hatten es ihm angetan, so ist er auch einer der Begründer der deutschen Orientalistik. Seine Kindertotenlieder sind durch die Vertonung von Gustav Mahler berühmt geworden. Ihm verdanken wir die Redewendung: mein lieber Freund und Kupferstecher. So sprach er seinen engen Freund Carl Barth an, der von Beruf Kupferstecher war.




Um ihn herum blinken bunte Lichter von Kinderkarussells




duftet es nach Bratwurst, Glühwein und gebrannten Mandeln





und wird viel Brauchbares und Überflüssiges feil geboten.







Der Weihnachtsmarkt erfreut sich anscheinend einiger Beliebtheit, vor allem die Kinder haben hier am Nachmittag ihren Spaß.





Wir schlendern an den Buden vorbei und schauen all die Dinge an, die wir nicht brauchen, machen einen Rundgang durch die angrenzenden Straßen, essen Spätzle mit Käse und dann haben wir genug und gehen heim ins Wohnmobil.





Am nächsten Morgen fahren wir weiter südwärts, nach Rothenburg ob der Tauber. So viel haben wir schon von dieser Stadt gehört, alle schwärmen davon, jeder sagt, das muss man gesehen haben.

Und wir sind nicht enttäuscht.



Schon der Stellplatz ist gut angelegt und organisiert, man geht nur über die Straße und ist schon an der Stadtmauer, die die Altstadt umgibt. 



Rüdiger hat auf seinem Morgenspaziergang in der Touristeninformation einen Stadtplan bekommen. Dem entnehmen wir, dass man auf der Stadtmauer, die Wehrgänge entlang, die Altstadt umrunden kann. Die erste Stiege befindet sich gleich an dem Stadttor, an das wir vom Stellplatz aus gelangen, wir steigen hinauf und laufen los.







Der Gang ist schmal, aber viele Leute trifft man nicht. So können wir in aller Ruhe immer mal wieder einen Blick über die Dächer werfen.





In die Mauer sind, zwischen den Schießscharten, Tafeln eingelassen. Darauf stehen die Namen von Spendern, die zur Restaurierung und dem Erhalt der Stadtmauer beigetragen haben. Ein Meter Stadtmauer kosten 1000 €, recherchiere ich im Internet. Die Spender kommen aus aller Herren Länder und aus allen Ecken Deutschlands.










An der Wolfgangskirche steigen wir wieder hinunter und gehen die Klingengasse entlang zum Marktplatz.

Dort und in den Gassen ringsum findet der alljährliche Reiterlesmarkt statt. Schon seit dem 15. Jahrhundert wird die Adventszeit durch einen Weihnachtsmarkt begleitet, dessen Höhepunkt der Auftritt des Rothenburger Reiterles ist. Das hat seinen Ursprung in grauer Vorzeit. Es galt den Vorfahren der Rothenburger als Abgesandter aus einer anderen Welt, der zur Winterzeit mit den Seelen der Verstorbenen durch die Lüfte schwebte. Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich das Bild dieser mythischen Figur. Aus dem wilden Gesellen, vor dem alle zitterten, ist ein freundlicher Bote geworden, auf dessen Erscheinen sich alle freuen.







Vor der Kulisse der mittelalterlichen Stadt bekommt der Weihnachtsmarkt etwas wirklich Romantisches. Es gibt viel Kunsthandwerk, Gestricktes und Gewalktes, Geschnitztes und Gebasteltes und natürlich viel für's leibliche Wohl. Bratwurst in diversen Ausführungen, Gegrilltes, Waffeln, Lebkuchen und natürlich Glühwein. 






In Rothenburg wird der Weiße empfohlen. Wir probieren ihn zusammen mit der süßen Spezialität, den Schneebällen. Das ist eine Art Mürbteigkeks in Kugelform, etwa faustgroß. Das Original ist nur mit Zucker und Zimt oder Puderzucker, aber auch hier gibt es zig Varianten. Wir nehmen das Original.




In Rothenburg gibt es ein mittelalterliches Kriminalmuseum. Wir vermuten jede Menge Folterinstrumente und das Schild am Eingang gibt uns Recht. Das ist uns zu aufregend, da tun wir uns lieber das Weihnachtshaus von Käthe Wohlfahrt an, um uns etwas aufzuwärmen.



Soviel Weihnachtsdekoration auf einmal hat, jedenfalls für uns, auch einen Gruselfaktor, den man aber hier mit Humor verarbeiten kann.




Wir staunen nicht schlecht über die Preise und die Vielfalt.

Nachdem wir einmal durch sind, brauchen wir was Herzhaftes. Das finden wir in den Ratsstuben.



Rustikal und volkstümlich mit sehr freundlichem Personal kommt es daher und wir fühlen uns sofort willkommen.



Lecker und reichlich ist es! Mit vollen Bäuchen schlendern wir durch die inzwischen weihnachtlich beleuchtete Stadt,





machen einen Zwischenstopp an der Waffenkammer






und gehen dann, voller Eindrücke, die sortiert und verarbeitet werden wollen, nach Hause.


Das Wetter wird immer ungemütlicher. Unser Wetterbericht sagt, dass es weiter südlich etwas besser ist, also fahren wir am anderen Tag weiter.

Der Plan war, auf einem Autohof an der A7 zu übernachten. Im Internet hatten wir einen mit Duschen und Waschmaschine gefunden. Leider wurde in der Werbung mehr versprochen, als wir dann vorfinden, also suchen wir nach einer Alternative. Die finden wir in Leutkirchen und sie erweist sich als Glücksfall. Ein ruhiger, schön angelegter Stellplatz, das Gasthaus „Bayrischer Hof“ nur ein paar Schritte entfernt. Auch dort erleben wir herzerwärmende Gastlichkeit. Die Herren vom Stammtisch empfehlen das Hausbier, von dem Rüdiger dann auch angetan ist, während ich dunkles Weißbier probiere. Obwohl der Name ein Widerspruch in sich ist, schmeckt es mir gut.

Die Nacht ist ruhig, der Morgen deutlich weniger grau und als wir durchs Allgäu fahren zeigt sich die Sonne. Sie erhellt nicht nur die Landschaft, sondern auch deutlich unsere Gemüter.






In Pfronten finden wir wieder einen sehr komfortablen, gemütlichen Stellplatz, diesmal tatsächlich mit Waschmaschine und Dusche und einem urigen Gasthaus.





Der Vollmond leuchtet und verleiht dem Ort eine romantische Atmosphäre. 



In dieser Gegend waren wir noch nie und so lernen wir auf dieser Tour schöne, neue Ecken kennen. Trotzdem verlassen wir Deutschland morgen. In Italien zeigt die Wetterkarte deutlich höhere Temperaturen und wir haben es satt, uns jeden Tag in mehrere Schichten Pullover und Jacken hüllen zu müssen.

Auf nach Süden!


Bis bald also,


Doris und Rüdiger


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