Montag, 5. Dezember 2022

Glück auf!





Der Harz ist fast völlig unterhöhlt. Nicht etwa von natürlichen Höhlen, sondern vom Bergbau. Das lernen wir in der Grube Glasebach, einem von mehreren Bergbaumuseen in der Gegend.




Zu dieser Jahreszeit ist hier nicht viel los, trotzdem finden stündlich Führungen statt. In unserem Fall besteht die Gruppe tatsächlich nur aus uns beiden. Der junge Mann, der uns zuerst das kleine Museum in der Baracke zeigt und erklärt, ist sehr kompetent, beantwortet alle Fragen und man merkt, dass er mit Herzblut dabei ist.





Dann geht es unter Tage. Sehr anschaulich erfährt man dort, wie hart und mühsam der Bergbau war und ist. Allein schon die Stiegen hinunter sind steil und lang, die musste jeder Bergmann täglich hinauf und hinunter. Oft mehrmals. Alles ist eng und lässt wenig Raum für viel Bewegung oder große Gerätschaften. Der Abbau von Fluorid und Mangan war lange reine Handarbeit.







Sobald ein Kind frei laufen konnte, bekam es Hammer und Meißel in Kindergröße in die Hand und durfte Steine zerkleinern. Die Kraft, die man unten im Schacht brauchte, musste über viele Jahre antrainiert werden. Mit 16 Jahren fuhren die Jungs das erste Mal ein. Die Mädchen arbeiteten oben, was nicht minder schwer war. Aber es galt der alte (Aber-)Glaube, dass eine Frau im Schacht Unglück bringt.

Die erste Arbeit unten war das Wegkarren des gehauenen Steins mittels Holzkarren, zum Hauer musste man sich hocharbeiten.



Richtig vorstellen kann man sich das, wenn auch nur annähernd, erst, wenn man wirklich dort unten ist. Wir klettern also steile Stufen hinauf und hinunter,




gehen gebückt durch niedrige Schächte und bekommen einen Eindruck von der Nässe und Dunkelheit, die im Berg herrscht.





Aber wir sehen auch die Schönheit des Gesteins, das am Tageslicht ganz profaner Nutzung zugeführt wird.





Die Bergleute konnten kaum oder gar nicht lesen und schreiben, aber sie waren findige Köpfe, die raffinierte Hebewerke und Werkzeuge erdachten und bauten, allein aus ihrer Erfahrung heraus.



Auch gestreikt wurde damals schon. Die Streikenden wurden auf eine Liste eingetragen, um deren Familien Hilfe zukommen zu lassen. Diese Listen wurden aber von den Behörden als Verhaftungslisten benutzt. Wer ganz oben stand, galt als Anführer. Ein cleverer Bergmann erfand die runde Liste, so stand niemand ganz oben.



Wir sind sehr beeindruckt.

Wieder zurück im Tageslicht bekommen wir Erbsensuppe, Steak vom Grill und Glühwein und machen einen Schwatz mit den Mitarbeitern.





Viel ist hier, wie gesagt, nicht los. Natürlich, die Jahreszeit, aber auch im Sommer gibt es hier nicht unbedingt Besucherschlangen. Sie klammern sich an die Aussicht, dass die Grube zum Weltkulturerbe ernannt wird. Es fehlen noch ein paar Voraussetzungen und das nötige Geld, die Restaurierung des großen Wasserrades ist auf 2025 verschoben, aber vielleicht klappt es ja. Trotz dieser Pläne schwingt ein Unterton von Hoffnungslosigkeit mit. Es sind zu Viele, die solche Hoffnungen haben und es ist zu wenig Geld da.

Die Außenanlagen, die wir noch allein anschauen dürfen, machen einen vernachlässigten Eindruck, aber auch das mag der Jahreszeit und den mangelnden Finanzen geschuldet sein.




Wir dürfen auf dem Parkplatz an der Grube übernachten, morgen ist Ruhetag, da kommt sowieso keiner her.



So verbringen wir eine ruhige Nacht.


Am nächsten Morgen steuern wir zunächst Nordhausen an, um einige Einkäufe zu erledigen,




unser eigentliches Ziel ist aber Mühlhausen/Thüringen.

Vor 45 Jahren habe ich eine Zeit lang in der Nähe gewohnt. Ich erkenne wenig wieder, die Stadt hat sich verändert, sie hat sich herausgemacht.










Der Stellplatz ist mittendrin, trotzdem absolut ruhig und geradezu idyllisch gelegen. Die Adresse lautet Engelsgarten.



Rings um den Parkplatz erkennt man die Gebäude ehemaliger Mühlen, die der Stadt ihren Namen gegeben haben.

Wir laufen ins Zentrum, in die Fußgängerzonet, trinken einen Cappuccino in der Linsengasse





und besuchen am nächsten Tag das Bauernkriegsmuseum in der Kirche des ehemaligen Franziskanerklosters.



Die Ausstellung ist nicht groß, aber informativ.







Natürlich spielt Luther eine große Rolle




aber auch andere Kämpfer gegen den Klerus und für das freie Denken werden gewürdigt.





In diesem Zusammenhang kommt Luther dann nicht mehr ganz so gut weg und ich muss an George Orwells „Farm der Tiere“ denken. Das funktioniert wohl in jedem Bereich und schon immer.





Nachdem wir also unserer Bildung auf die Sprünge geholfen haben, laufen wir zum Rathaus, das mittendrin in den schmalen Gassen liegt und nicht, wie man es sonst gewohnt ist, an einem freien Platz.






In Mühlhausen gibt es einen Waschsalon, der sinnigerweise am Platz mit der Persil-Uhr liegt.



Sehr bequem und komfortabel können wir hier unsere Wäsche waschen und nebenbei noch einen Schwatz mit einer Dame machen, die aus der Gegend ist.



Mit sauberer Wäsche und einer weiteren schönen Erinnerung fahren wir weiter.

Stadt haben wir nun genug gehabt, jetzt wollen wir in die Natur. Und da bietet Thüringen viele schöne Möglichkeiten.


Welche davon wir nutzen, erzählen wir demnächst.


Bis bald also

Doris und Rüdiger


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen