Samstag, 2. Juli 2022

Rätsel über Rätsel

 


Es bleibt kühl und ab und zu regnet es. Eigentlich ein angenehmes Wetter, wenn man nicht gerade Badeurlaub macht. Die Tage gehen wir ruhig an, ein wenig Reisemüdigkeit hat uns erfasst.

Trotzdem geht es weiter nach Westen. Auf unserem Weg liegt die Hauptstadt. Nein, nicht Ankara, die sparen wir uns fürs nächste Jahr auf. Wir besuchen Hattuşa, die ehemalige Hauptstadt der Hethiter. In der Nähe des Ortes Boğazkale liegt sie hoch über der Landschaft.



Auf einer 6 Km langen Ringstraße darf man durch das riesige Areal mit dem Auto zuckeln und an den verschiedenen Sehenswürdigkeiten parken. Wir entschließen uns zu laufen.



Erste Station der Wanderung ist der große Tempel.






Im Vorhof liegt ein großer, grüner, makellos glatter Stein. Wie ein riesiges Stück Jade mutet er an. Das Verblüffende ist tatsächlich die Glätte aller Flächen, wo doch alle anderen Steine ringsum von der Zeit und den Elementen rauh und zerklüftet sind.




Auf der Prachtstraße, deren Pflaster teilweise die 5000 Jahre überdauert hat, finden wir einen Fußabdruck.




Wie groß waren die Hethiter???

Der gepflasterte Weg geht an den Resten der gigantischen Stadtmauer entlang hinauf  zum Löwentor.






Von hier oben hat man einen spektakulären Blick über die Umgebung


und die ehemalige Stadt. Die Grundrisse der Häuser sind nachgestaltet, so dass man die Dimensionen ungefähr erfassen kann. Für alles andere braucht man Phantasie.



Am höchsten Punkt der Stadtmauer, auf 1287m, gelangen wir zum Sphinxtor. Ein Tunnel führt durch die Mauer aus der Stadt hinaus. Über eine Treppe kommt man auf den Wall und wieder in die Stadt.







Wo in grauer Vorzeit ein reges Hauptstadtleben stattfand, grasen heute gemütlich die Kühe



sogar eine Tränke gibt es. 


Oder war auch das damals ein Teil des Alltagslebens? So Vieles wissen wir nicht über diese Zeit und werden es wohl auch nie erfahren.

Letzte Station ist der Königspalast, von dem leider nur wenig übrig ist.






Wieder sind wir sehr beeindruckt von der Bau- und Ingenieurskunst der Hethiter. Die Hauptstadt umfasste rund einen Quadratkilometer, was die Bedeutung dieses Volkes bezeugt. Immerhin war das Reich der Hethiter neben Ägypten und Babylonien die dritte Großmacht im alten Orient.

Gerade rechtzeitig bevor der Regen einsetzt, den wir schon von weitem haben kommen sehen, erreichen wir das WoMo.

Vorbei an den rekonstruierten Wachtürmen der Stadtmauer verlassen wir diesen eindrucksvollen Ort. 



Diese Rekonstruktion wurde mit den Methoden und dem Material gebaut, die die Hethiter verwendeten. So bekam man eine Vorstellung davon, wie viele Menschen und wie viel Zeit es kostete diese Stadt zu errichten.

Auf unserem Weg liegt als nächstes das Städtchen Özkonak.

Mitten im Zentrum, an der großen Uhr gibt es einen etwas abgeschirmten Parkplatz. Dort steht man schon vor verlassenen Höhlenwohnungen.





Von unserer Wanderung durch die Antike sind wir ausgehungert und suchen eine Lokanta. Einige ältere Herren geben uns Tipps, wo man die besten findet. Eine ist gleich um die Ecke. Dort gibt es Pide, frisch aus dem Ofen.



Dann kurven wir noch ein paar Ecken weiter und übernachten auf dem Parkplatz vor der unterirdischen Stadt.




Entdeckt hat sie Latif Açar, inzwischen ein alter Herr, der uns am nächsten Morgen gleich anspricht und seine Geschichte erzählt. Er war Muezzin und hatte hier seinen Garten. Er wunderte sich immer, dass das Wasser so schnell verschwand, das er auf seine Pflanzen goss. Irgendwann buddelte er tiefer und entdeckte so eine der vielen unterirdischen Städte, die es hier in der Gegend gibt. Man schätzt an die 40. Kapadokien muss fast völllig unterhöhlt sein. Die Schätzungen, wie viele Menschen in diesen, bis zu 10 Stockwerke tief in die Erde gegrabenen Städten wohnten, variieren von 10.000 bis 60.000. Wie viele es auch waren, es ist faszinierend, was Menschen hier geschaffen haben vor so langer Zeit.

Latif ist nun 75 Jahre alt, inzwischen betreibt seine Familie die Betreuung und Vermarktung der Anlage, er ist „nur“ noch die Attraktion, der Entdecker eben. Wir kaufen ein Buch über alle Sehenswürdigkeiten Kapadokiens, das er uns signiert.



Sein Sohn Rifat ist der Chef des Restaurants und des Souveniershops. Weil wir die ersten Kunden an diesem Tag sind und das Glück bringt und weil er auch ein Wohnmobil hat, lädt er uns zum Frühstück mit der Familie ein. 


So lernen wir auch Latifs Enkel Deniz kennen, der in Amerika Informatik studiert hat und der Familie am Wochenende hilft.



Wir bekommen einen kleinen Schlüsselanhänger-Ballon fürs Auto geschenkt, dann steigen wir hinab in die Underground city.




Latif hat uns erklärt – er spricht wohl ein paar Worte in einigen Sprachen - wie in den Höhlenstädten der Wein hergestellt und gelagert wurde.

Nun können wir das eindrucksvoll selbst sehen.







Nach dem Keltern floss er durch Rinnen in Mulden, die mit großen Steinen verschlossen wurden. So hielt er sich, laut Latif, mehrere Monate.




Die runden Verschlussteine für die Türöffnungen sind hier besonders gut erhalten und wir staunen schon, dass diese uralte Zivilisation diese schweren Steine bewegen konnte. Geschah das nur mit Muskelkraft? Gab es mechanische Vorrichtungen? Nachweislich sind sie aus schwererem Stein, als dem weichen Tuffstein, der erst an der Luft nach und nach härter wird. Das heißt, sie sind an der Oberfläche hergestellt und dann nach unten gebracht worden. Wie? 





Wohin wurde all das Gestein entsorgt, dass bei der Grabung der Städte entstand? Wo wurden die Fäkalien der Bewohner entsorgt? Wo wuschen sie sich und die Kleidung, die sie trugen?

All das sind ungeklärte Fragen, die möglicherweise nie beantwortet werden können. Rätsel über Rätsel. Aber gerade das. Geheimnisvolle macht diese Orte ja so spannend.







Es gibt noch einige Außenanlagen zu sehen, von denen aus man die Stimmen der Besucher unter der Erde hören kann. Lagen sie früher auch unter der Erde oder waren sie schon immer Verbindungen nach draußen?






Ein letzter Tee von Rifat, dann rollen wir wieder zurück in den Ort und südwestwärts nach Avanos.

Avanos ist bekannt als Töpferstadt und bei Keramik werde ich in der Regel schwach.



Gut bewacht stehen wir auf dem Otopark neben einem Wohnheim am Fluss.




Man muss über eine Hängebrücke, die 1973 als Attraktion für die Touristen gebaut wurde, um in die Altstadt zu kommen.



Durch die vielen Besucher, die am Wochenende mit Bussen hier hergebracht werden, gerät sie ganz schön ins Wanken. Eine Mutprobe für so Manchen.




Das Städtchen ist nicht groß, aber sehr charmant und Keramikfans kommen hier voll auf ihre Kosten. Töpferwerkstätten, Keramikläden und Restaurants wechseln sich ab, man weiß gar nicht, wohin man zuerst gehen und gucken soll.





Einige der Läden befinden sich tatsächlich teilweise in Höhlen, was die Sache noch interessanter macht.





Ganz spontan entschließt sich Rüdiger noch einmal zu einem Friseurbesuch.



Der alte Herr betreibt sein Handwerk seit 59 Jahren, wie er uns mittels Zettel und Stift klar macht und ist Koaför in der 11ten Generation. Das sollte als Referenz genügen.


Er legt sich denn auch voll ins Zeug und liefert ein volles Programm mit Schröpfen und Massage.










Ich darf mir derweil sein Fotoalbum angucken. Wie es aussieht, hatte er Inden 70ern und 80ern ein fröhliches Hippieleben gehabt. 

Anschließend essen wir Köfte und endlich mal wieder Gözleme, handgemacht von einer älteren Frau, die anscheinend mit der Oma das kleine Café betreibt





An der der Uferpromenade gehen wir zurück zu unserem Wohnmobil.



Nun ist es nicht mehr weit bis zu unserem Traumziel. Wir sind sehr gespannt, ob der Traum diesmal Wirklichkeit wird.

Ihr auch? Wir halten Euch auf dem Laufenden!


Bis bald also

Doris und Rüdiger






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