Mittwoch, 6. Juli 2022

Land der schönen Pferde

 



Unser Wecker klingelt um 3.15 Uhr, es ist noch dunkel. Das Aufstehen fällt uns heute nicht schwer, schnell sind wir fertig und um 3.45 Uhr stehen wir in der Zufahrt zum Panorama Camping an der Straße. Auto um Auto fährt an uns vorbei, jedes zweite ist ein Pickup mit einem Anhänger, auf dem eine der Ballon-Gondeln steht. Heute ist es soweit. Heute werden wir fliegen.

Aus Richtung Göreme kommt bald ein Dolmuş, wir steigen ein. Im Dunkeln geht es durch die engen Straßen von Göreme, weitere Fahrgäste steigen zu. Als der Bus voll ist, fahren wir hinaus aus dem Ort in die Nähe des Red Valley.

In der sich langsam ausbreitenden Dämmerung sehen wir weitere Busse und viele am Boden liegende große Haufen, die sich bald als Ballonhüllen entpuppen. Die ersten Gasflammen leuchten auf, die Ballons erheben sich langsam.





So eine Gondel ist in 5 Abteilungen unterteilt. Vier für jeweils fünf Leute und die fünfte, in der Mitte, direkt unter der Öffnung des Ballons, für vier Gasflaschen und die Piloten.



Mittels einer Leiter steigen wir ein. Die Piloten üben mit uns zuerst die Landing position. Das heißt, in die Hocke gehen und sich an einer der an der inneren Gondelwand befestigten Schlaufen festzuhalten. Nachdem das alle verstanden haben, werden die Gasbrenner aufgedreht, was jedes Mal ein fauchendes Geräusch und eine Flamme erzeugt, die Gondel hebt langsam ab.




Es ist ein unglaubliches Gefühl. Sehr langsam schweben wir durch das Tal, sehen die bizarren Steinformationen aus nächster Nähe von oben.



Es faucht über uns, wir steigen höher, gleiten über die Landschaft.





Der Himmel im Osten färbt sich langsam rosa, um 5.22 Uhr geht die Sonne auf.






Um uns herum schweben, wie Seifenblasen, viele Ballons. Unser Pilot erklärt, es seien 100 Ballons in der Luft heute morgen und weitere 50 warten auf den Start.



Massentourismus? Ja, sicher, aber der Anblick der vielen bunten Ballons über der fantastischen Landschaft ist ein Teil dieses unglaublichen Erlebnisses.





Die ersten spektakulären Fotos und Videos sind gemacht, ich stecke mein Handy ein und genieße einfach nur das sanfte Gleiten hinein in den beginnenden Tag.

Die Pilotin dreht die Brenner auf, wir gewinnen weiter an Höhe. 600 Meter verkündet ihr Kollege. Die Welt unter uns wird klein.



Wir sind anscheinend nicht die einzigen Frühaufsteher.



Kappadokien. Der Name ist vom altpersischen Katpatuka abgeleitet, was so viel bedeutet wie „Land der schönen Pferde“. Überall in Göreme und Umgebung gibt es Koppeln voller Rösser, auf denen man, so man kann und möchte, Reittouren unternehmen kann.





Wir überfliegen also dieses Pferdeland und können uns kaum sattsehen.






Nach etwa einer Stunde besprechen die Piloten das Landemanöver. Wir sehen die Pickups und Dolmuşe unter uns ausschwärmen. Durch Sprechfunk ist die Crew die ganze Zeit mit den Kollegen unten verbunden. Das Bodenpersonal weiß also genau, wo es uns abholen muss.

Wir gehen in Landing position, die Gondel schleift ein paar Meter über das Gras, schon hängen ein paar Männer außen an den Seilen und ziehen uns nach unten.




Die gelungene Landung wird, nach alter Ballonfahrertradition mit einem Glas Sekt gefeiert.



Wir bedanken uns herzlich bei unseren Piloten mit einem großen Applaus und natürlich mit einem Trinkgeld.

Zum Schluss bekommt jeder ein Flight Certificate, dass ihn an dieses einmalige Erlebnis erinnern soll.



Dann bringen die Minibusse uns zu unseren Quartieren zurück. Es ist kurz vor 7.00 Uhr. Bei einem Kaffee lassen wir die letzten Stunden noch einmal Revue passieren. Wir stellen fest, dass diese Ballonfahrt zu den spektakulärsten Dingen zählt, die wir je erlebt haben.

Ein Traum ist wahr geworden.




Gegen Mittag verabschieden wir uns von Ahmed und dem Panorama Camping und fahren weiter nach Nevşehir, der nächsten großen Stadt, in der wir ein weiteres Mal unser Internet Guthaben auffüllen. Was nicht ganz einfach ist. Drei Filialen gibt es in einem Radius von etwa 100 Metern, aber erst in der dritten sieht man sich in der Lage unserem Begehr nachzukommen. Wir können nicht herausfinden, ob es da Kontingente gibt oder ob das System einfach nicht richtig funktioniert. Wie auch immer, wir sind wieder online.

Dann füllen wir noch unsere Vorräte auf und am Ende dieses ereignisreichen Tages finden wir am Rande des Örtchens Çat einen Platz hoch über zwei Tälern, umgeben von Weinbergen mit Aussicht auf den Erciyes Dağı, mit 3916 Meter einer der beiden Vulkane, denen diese unglaubliche Landschaft zu verdanken ist.






Der altgriechische Geograph Strabon (54 v.Chr. bis 19 n.Chr.) erwähnt die Stadt Caesarea, heute Kayseri, in seinen Berichten. Der Vulkan befindet sich 25 Km entfernt und Strabon berichtet von Ebenen, die mit Feuergruben übersät waren, wo nachts Flammen aus dem Boden brachen.

Rüdiger wandert durch eines der Täler,




ansonsten genießen wir einfach die Ruhe und die Aussicht. Hier kommen höchstens am Nachmittag oder frühen Abend mal ein paar Einheimische vorbei spaziert, den Rest der Zeit sind wir für uns allein. Nur etwa 150 m entfernt ist einer der hier weit verbreiteten Brunnen, so haben wir alles, was wir brauchen.

Unsere amtlich genehmigte Zeit von 90 Tagen, die wir visafrei in der Türkei verweilen dürfen, nähert sich dem Ende. Drei Wochen haben wir noch, bis wir ausreisen müssen. Die Zeit ist schnell vergangen, wie sie das immer tut, wenn es schön ist.

In diesem letzten Abschnitt unserer Reise wird es einige Wiedersehen geben und hoffentlich endlich ein Gesicht zu einer Stimme, die uns schon die ganze Zeit auf unserer Reise begleitet. Seid dabei, wenn wir Ahmed, unseren Reisebegleiter per Whatsapp, kennenlernen.


Bis bald also

Doris und Rüdiger 

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