Mittwoch, 13. Juli 2022

Opferfest

 




Die Gegend lässt uns nicht los. Wir fahren nach Belisirme, hinab ins Tal. Dort, direkt am Fluss, gibt es etliche Restaurants. Die Schlucht ist eng und es gibt wenig Platz. Aber die Restaurantbesitzer wussten sich zu helfen. Sie haben Stege in den Fluss gebaut und Plattformen, auf denen man sitzen kann. Sozusagen direkt über dem Fluss.






Am Eingang der Schlucht gibt es einen Parkplatz, der sogar gratis ist. Hier dürfen wir über Nacht stehen.




Wir spazieren durch das Örtchen,







am Abend essen wir natürlich auf einer der Plattformen. Sehr gemütlich speist es sich hier.







Die Nacht ist unruhig und laut. Auch das ist eben ein Touristen hotspot.

Weiter geht’s. Die Gegend bleibt spektakulär.




Das Opferfest, das höchste Fest im Islam, steht unmittelbar bevor. All unsere türkischen Bekannten und Freunde haben uns gewarnt: es wird überall voll werden.

Nur ein paar Kilometer weiter, in Selime, treffen wir auf ein sehr großes, am Fluss entlang führendes Picknick Areal. Hier sollte doch Platz für uns sein.

Auf einer großen, bunten Wiese richten wir uns ein.




Bis auf den Besuch einiger Schafherden, die täglich hier vorbei getrieben werden, und einen friedlichen, netten Hund, bleiben wir unbehelligt.






Aber wir erleben tatsächlich das Opfern hautnah mit.

Am ersten Morgen des Festes werden wir gegen sieben Uhr wach. Ein kleiner Tiertransporter fährt ans andere Ende der Wiese, eine Kuh wird ausgeladen. Wenig später kommt ein Traktor mit einem Hebearm. Die Kuh wird mit einem Bein festgebunden und hochgezogen, dann wird ihr die Kehle durchtrennt, das Blut fließt, sie zappelt ein paar Mal, dann ist alles vorbei. Es ist eine Sache von wenigen Minuten.

Die anwesenden Männer setzen gekonnt ein paar Schnitte, das Fell wird abgezogen, der Kadaver auf große Plastikplanen herunter gelassen und fachmännisch zerlegt. Kurze Zeit später wird auf die gleiche Weise eine zweite Kuh geschlachtet.



Im Schatten warten schon einige Frauen, die das Fleisch portionieren und in Tüten legen. Diese werden auf einen Pickup geladen, der mehrmals wegfährt und leer wiederkommt. Wir vermuten, dass die Gemeinde hier Fleisch für die Armen verteilt, denn das ist der tiefere Sinn dieses Festes, dass auch die einmal im Jahr Fleisch zu essen bekommen, die es sich sonst nicht leisten können.



Hinter dem Zaun, der die Wiese von dem Areal am Fluss abtrennt, wird ebenfalls geschlachtet. Familien schlachten dort Schafe. Die Kinder hüpfen aufgeregt um die Erwachsenen herum, bei denen jeder Handgriff sitzt.

Diese Kinder lernen von klein auf, dass man ein Tier töten muss, wenn man Fleisch essen will. Für sie gehören Leben und Tod auf natürliche Weise zusammen.

Nach getaner Arbeit frühstücken alle zusammen. Währenddessen hat ein kleiner Schaufelbagger etwas abseits eine tiefe Grube gegraben. Dort hinein werden die Schlachtabfälle geworfen und mit Kalk bestreut. Für die streunenden Hunde fällt der eine oder andere Brocken ab.




Gegen Mittag ist das Spektakel vorbei. Wir sind wieder allein.

Am nächsten Morgen wiederholt sich die Gemeindeschlachtung, allerdings ohne Hebekran. Die Tiere werden auf die Erde geworfen und getötet. Auch diesmal geht alles schnell, auch diesmal sind wir gegen Mittag wieder allein.



Für uns sind es ruhige Tage. Wir waschen unsere Wäsche, denn natürlich gibt es auch einen öffentlichen Wasserhahn, wir räumen und Rüdiger bastelt ein bisschen. Wir haben Zeit, die Reisemüdigkeit, die uns doch überkommen hat, loszuwerden. Ein schöneres Plätzchen als dieses hier, können wir uns dafür kaum vorstellen.




Am vierten Tag entdecken wir morgens, dass sich auf der Wiese Pfützen bilden. Wenig später waten wir schon in warmem Wasser bis zu unserer Einstiegsleiter.




Wo auch immer das Wasser plötzlich herkommt, es hilft alles nichts, wir ziehen um, unter ein paar Schatten spendende Weiden.




Nach fünf Tagen fühlen wir uns ausgeruht und bereit für neue Abenteuer.

Zunächst fahren wir nach Norden. In dieser Richtung liegt der Tuz Gölü, der Salz See.

Gleich hinter Kapadokien wird das Gelände flach wie die ungarische Puszta und zu beiden Seiten der Straße erstrecken sich Felder. Es ist Erntezeit.





Bald erreichen wir unser Ziel. Schon von Weitem sieht man viele kleine Punkte auf der riesigen weißen Fläche. Im Näherkommen wird klar, dass sind Menschen. Menschen, die auf dem ausgetrockneten Salzsee spazieren gehen. Es sieht aus, wie der zugefrorene Müggelsee vor etlichen Jahren. Nur dass es hier heiß ist und nicht winterlich kalt.





Auf dem großen Parkplatz stellen wir uns ganz in die Ecke und laufen los. Hinaus auf die große, glitzernde Fläche.










Das Salz soll gut sein für und gegen alles. Natürlich gibt es auch einen Shop, in dem alle Produkte, die man aus diesem Salz machen kann, verkauft werden. Dummerweise brauchen wir wieder mal nichts.

Bis in den Abend hinein ist ein reges Kommen und Gehen auf dem Parkplatz.

Der Sonnenuntergang über dem See ist spektakulär.







Am nächsten Morgen ist Wind aufgekommen und der See schimmert rosa. Faszinierend.




Nach dem Morgenkaffee fahren wir um den See herum und finden in der Nähe des Dammes, der ans andere Ufer führt, einen einsamen Platz mit phantastischem Blick auf die Salzfläche, die in der Mittagssonne nun wieder weiß leuchtet.





Wieder ist es ein Ort mit himmlischer Ruhe.

Die nächsten Tage werden sicher weniger ruhig werden.

Warum das so ist und was wir dann erleben, werden wir berichten.


Bis dann also

Doris und Rüdiger


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