Liebe Freunde,
obwohl sich unsere Reise ganz langsam
dem Ende nähert, lassen wir uns, was die Richtung angeht, noch etwas
treiben.
Von Goulmima fahren wir durch die
Gheris-Schlucht.
Von Hanna und Udo hatten wir ja schon
gehört, dass uns eine tolle Strecke erwartet, was wir dann zu sehen
bekommen ist einfach spektakulär.
Zuerst führt die Straße durch enge
Gassen in eine eher hügelige Landschaft,
dann verengt sich das Tal
zur Schlucht,
wir müssen mehrere Furten
durchqueren. Da es einige Tage zuvor geregnet hat, führt der Fluss
tatsächlich Wasser.
Hinter Amellago wird das Tal wieder
weiter, lange Abbruchkanten rücken immer mehr in die Ferne, hüllen
sich in Dunst.
In Gourrama bekommen wir Hunger,
halten an einem Restaurant. Rüdiger wird in die Küche gebeten, darf
in die Töpfe gucken, entscheidet sich für Tajine mit Hühnchen.
Auf 1500 Meter Höhe fahren wir auf
der R708 Richtung Rich. Die Gegend wird immer unwirklicher.
Ob Tolkien je in Marokko war? Ich weiß es nicht, aber ich habe den "einsamen Berg" gefunden.
In Tislint findet der wöchentliche
Souk statt, der Ort ist voller Menschen. Wir schlängeln uns durch.
Weiter geht es über die Hochebene,
der Tag neigt sich dem Ende zu. Wir suchen einen Platz zum
Übernachten.
Erneut jagen uns unsere Bremsen einen
Schrecken ein. Rüdiger hat das Gefühl der Düdo zieht nach links,
er muss das Bremspedal mit aller Kraft durchtreten um eine Wirkung zu
erzielen. Bloß das nicht, hier mitten im Nichts!
Auf einer kleinen, ebenen Fläche
neben der Straße stellen wir uns für die Nacht auf. Hinter den
Bergen geht gerade die Sonne unter.
Kein Mensch weit und breit.
Totenstille. Ein Himmel voller Sterne.
Weiter geht es am nächsten Morgen
durch die karge Landschaft. Immer wieder schmiegen sich Nomadenzelte
in kleine Senken,
wir treffen auf Schaf- und Ziegenherden.
Mehr als 200 Kilometer Wüste,
Halbwüste, Steppe.
Sandstürme fegen über die Ebene.
Neben der Straße verläuft ein
Schienenstrang, gebaut von den Franzosen in den 1920er Jahren, von
Oujda nach Süden mitten durch die östlichen Saharagebiete Marokkos.
„Ganz Westafrika war zu dieser Zeit französisches Kolonialgebiet.
Um dieses erschließen und besser kontrollieren zu können, plante
man den Bau der Bahnlinie bis Niamey im heutigen Staat Niger.“ Es
kam nie dazu, dass die Bahnlinie fertig gebaut wurde, lange Zeit
diente sie dem Transport von Erzen, als das nicht mehr rentabel war,
wurde sie eingestellt. „2001 erkannte der schweizerische
Unternehmer Edi Kunz das touristische Potenzial Strecke. Seitdem
organisiert er zweimal jährlich spezielle Rundreisen mit der Bahn,
bei der auch ein Tag im Salonwagen des „Oriental“ auf dem
Programm steht.“
Soweit unser Reiseführer.
Das Ambiente erinnert an die alten
Italowestern.
Wind und Sand wehen über die Gleise,
der Horizont ist kaum zu erkennen.
Die unendliche Weite verändert die
Dimensionen. Objekte, die riesig erscheinen, entpuppen sich als
Verkehrsschilder oder niedrige Büsche, Erdhügel oder Meilensteine.
Trockene Oueds queren die Straße, wir
müssen lachen, wenn sie durch dieses Verkehrsschild gekennzeichnet
sind.
Nach stundenlanger Fahrt durchs Nichts
erreichen wir Tendrara, ein aufgeräumtes, weitläufiges Städtchen.
Touristen kommen hier eher selten vorbei, so jedenfalls unser
Eindruck. Wir kaufen Brot und Kuchen, fahren weiter auf der N17 nach
Norden. In dieser Gegend gibt es keine Campingplätze. In Aïn
Bni Mathar wird in unserem Reiseführer ein Übernachtungsplatz an
einer Quelle beschrieben. Leicht zu finden, ja, aber die Quelle
riecht ausgesprochen „gesund“, als wäre man in ein Fass fauler
Eier gefallen.
Ein parkähnliches Gelände ist von einer langen Mauer
umgeben, hinter die wir uns stellen.
Ein
alter Mann weidet eine Herde Schafe und Ziegen, ein paar Leute gehen
vorbei, zwei Männer fragen nach Zigaretten. Wir rauchen nicht. Laila
Saida – Gute Nacht.
Weiter
geht es auf der N17.
Uns ist
durchaus bewusst, dass wir seit gestern parallel zur Algerischen
Grenze fahren, in etwa 30 Kilometer Entfernung. Kurz vor Saidia rückt
sie in unmittelbare Nähe. Wir sehen Stacheldraht und Flaggen auf
beiden Seiten.
Saidia
ist ein moderner Badeort mit breiter Strandpromenade auf der sich die
Bars und Pizzerien aneinanderreihen. In unmittelbarer Nähe der
Grenze, gegenüber von einem Vergnügungspark, befindet sich der
Campingplatz. Wir müssen klingeln, der Chef öffnet.
Schatten
spendende Bäume, blühende Sträucher, saubere Sanitäranlagen –
ein schöner Platz.
Wir werden freundlich begrüßt, zu Salat und
Mergueswürstchen eingeladen. Der Chef sitzt mit einem Freund im
Grünen. Der Freund, Hicham, ist Automechaniker. Natürlich kommt das
Gespräch auf unsere Bremsen. Er schaut in den Motorraum, wiegt
bedenklich den Kopf und meint, der Bremskraftverstärker müsse
ausgewechselt werden – am besten das ganze System. Er empfiehlt
eine Werkstatt in Nador, die er gut kennt, wir sollen von ihm grüßen,
dann geht das in Ordnung.
Wir
sind bereit es noch einmal zu versuchen, da Nador in Marokko als DER
Ort für Düdo Ersatzteile gilt.
Abends
bummeln wir die Promenade entlang,
essen mittelmäßige Pizza, teilen
mit den bettelnden Katzen.
Es wird
eine grauenhafte Nacht, bis um drei Uhr morgens dröhnt aus einer
nahe gelegenen Lokalität laute Diskomusik.
Am
Morgen tummeln sich Perlhühner um den Düdo herum,
nach dem
Frühstück machen wir uns auf nach Nador.
Es
fährt sich gut auf der Küstenstraße,
die 500.000 Einwohner
zählende Stadt ist schnell erreicht. Leider erweist sich die von
Hicham angegebene Adresse als Brachfläche. Wir fitzen uns durch die
Straßen der großen Stadt zurück zur Hauptstraße, sprechen ein
paar Taxifahrer an, die holen einen älteren Kollegen, der in
Deutschland gelebt hat und Deutsch spricht. Er steigt kurzerhand ein
und lotst uns zur Mercedes Werkstatt Salam. Wie eine Seifenblase
zerplatzt dort unser Traum von den durchreparierten Bremsen. Der
Kollege erklärt ohne Umschweife, er repariere nur PKWs, keine so
großen Fahrzeuge wie unseres. Mohammed, unserem Führer, ist das
sichtlich unangenehm, er will sich nicht einmal zurück fahren oder
das Taxi bezahlen lassen. Also bedanken wir uns für seine Mühe und
verlassen die Stadt Richtung Süden.
Da die
Bremsen ja durchaus bremsen, es halt nur mehr Kraft dazu braucht,
soll das der letzte Versuch gewesen sein, hier in Marokko die Sache
in Ordnung bringen zu lassen. Bisher haben alle irgendwie dran
„gebastelt“, jedesmal war danach etwas anderes nicht ganz in
Ordnung. Da wir aber nun keine Bremsflüssigkeit mehr verlieren,
lautet der Beschluss, wir fahren weiter so lange es funktioniert. Bis
nach Hause werden wir schon kommen. Basta!
Wieder
gilt es, einen Übernachtungsplatz zu finden. In dieser Gegend gibt
es keine Campingplätze, sie ist zersiedelt und von Landwirtschaft
geprägt, also frei stehen nicht so ohne weiteres möglich.
Durch
grünes Hügelland fahren wir bis Guercif. Dort soll ein Campingplatz
sein. Wir finden ihn, er ist geschlossen, genauso wie das angrenzende
Freibad.
Da er
aber etwas versteckt abseits der Straße liegt, stellen wir uns
einfach vor das verschlossene Tor.
Ein
paar junge Männer versammeln sich in einem der Gebäude – zu was
auch immer. Sie lächeln und grüßen freundlich, so gehen wir davon
aus, dass wir die Nacht hier unbehelligt, bewacht von den zwei Hunden
auf dem Gelände, verbringen können.
Unser
Plan für morgen ist, nach Taza zu fahren und in den dortigen
Nationalpark.
Wir
sind gespannt, was der nächste Tag bringt.
Ihr
auch? Begleitet uns!
Bis
bald also
Doris
und Rüdiger
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen