Montag, 12. März 2018

Marokkos Osten




Der wahre Reisende weiß nicht, wohin die Reise geht, der wahre Abenteurer weiß nicht, was er erleben wird. Seine Reisen führen ihn nicht eher in eine Richtung als in eine andere. Seine Neugierde ist nicht auf einen bestimmten Punkt gerichtet. Tschuangtse

Liebe Freunde,
obwohl sich unsere Reise ganz langsam dem Ende nähert, lassen wir uns, was die Richtung angeht, noch etwas treiben.
Von Goulmima fahren wir durch die Gheris-Schlucht.
Von Hanna und Udo hatten wir ja schon gehört, dass uns eine tolle Strecke erwartet, was wir dann zu sehen bekommen ist einfach spektakulär.
Zuerst führt die Straße durch enge Gassen in eine eher hügelige Landschaft,




dann verengt sich das Tal zur Schlucht, 




 

wir müssen mehrere Furten durchqueren. Da es einige Tage zuvor geregnet hat, führt der Fluss tatsächlich Wasser.





Hinter Amellago wird das Tal wieder weiter, lange Abbruchkanten rücken immer mehr in die Ferne, hüllen sich in Dunst.
In Gourrama bekommen wir Hunger, halten an einem Restaurant. Rüdiger wird in die Küche gebeten, darf in die Töpfe gucken, entscheidet sich für Tajine mit Hühnchen.


Auf 1500 Meter Höhe fahren wir auf der R708 Richtung Rich. Die Gegend wird immer unwirklicher.



Ob Tolkien je in Marokko war? Ich weiß es nicht, aber ich habe den "einsamen Berg" gefunden. 


In Tislint findet der wöchentliche Souk statt, der Ort ist voller Menschen. Wir schlängeln uns durch.
Weiter geht es über die Hochebene, der Tag neigt sich dem Ende zu. Wir suchen einen Platz zum Übernachten.
Erneut jagen uns unsere Bremsen einen Schrecken ein. Rüdiger hat das Gefühl der Düdo zieht nach links, er muss das Bremspedal mit aller Kraft durchtreten um eine Wirkung zu erzielen. Bloß das nicht, hier mitten im Nichts!
Auf einer kleinen, ebenen Fläche neben der Straße stellen wir uns für die Nacht auf. Hinter den Bergen geht gerade die Sonne unter.

Kein Mensch weit und breit. Totenstille. Ein Himmel voller Sterne.

Weiter geht es am nächsten Morgen durch die karge Landschaft. Immer wieder schmiegen sich Nomadenzelte in kleine Senken, 



wir treffen auf Schaf- und Ziegenherden. 
 

Mehr als 200 Kilometer Wüste, Halbwüste, Steppe.


Sandstürme fegen über die Ebene.


Neben der Straße verläuft ein Schienenstrang, gebaut von den Franzosen in den 1920er Jahren, von Oujda nach Süden mitten durch die östlichen Saharagebiete Marokkos. „Ganz Westafrika war zu dieser Zeit französisches Kolonialgebiet. Um dieses erschließen und besser kontrollieren zu können, plante man den Bau der Bahnlinie bis Niamey im heutigen Staat Niger.“ Es kam nie dazu, dass die Bahnlinie fertig gebaut wurde, lange Zeit diente sie dem Transport von Erzen, als das nicht mehr rentabel war, wurde sie eingestellt. „2001 erkannte der schweizerische Unternehmer Edi Kunz das touristische Potenzial Strecke. Seitdem organisiert er zweimal jährlich spezielle Rundreisen mit der Bahn, bei der auch ein Tag im Salonwagen des „Oriental“ auf dem Programm steht.“
Soweit unser Reiseführer.
Das Ambiente erinnert an die alten Italowestern.






Wind und Sand wehen über die Gleise, der Horizont ist kaum zu erkennen.


Die unendliche Weite verändert die Dimensionen. Objekte, die riesig erscheinen, entpuppen sich als Verkehrsschilder oder niedrige Büsche, Erdhügel oder Meilensteine.
Trockene Oueds queren die Straße, wir müssen lachen, wenn sie durch dieses Verkehrsschild gekennzeichnet sind.


Nach stundenlanger Fahrt durchs Nichts erreichen wir Tendrara, ein aufgeräumtes, weitläufiges Städtchen. Touristen kommen hier eher selten vorbei, so jedenfalls unser Eindruck. Wir kaufen Brot und Kuchen, fahren weiter auf der N17 nach Norden. In dieser Gegend gibt es keine Campingplätze. In Aïn Bni Mathar wird in unserem Reiseführer ein Übernachtungsplatz an einer Quelle beschrieben. Leicht zu finden, ja, aber die Quelle riecht ausgesprochen „gesund“, als wäre man in ein Fass fauler Eier gefallen. 


Ein parkähnliches Gelände ist von einer langen Mauer umgeben, hinter die wir uns stellen.


Ein alter Mann weidet eine Herde Schafe und Ziegen, ein paar Leute gehen vorbei, zwei Männer fragen nach Zigaretten. Wir rauchen nicht. Laila Saida – Gute Nacht.
Weiter geht es auf der N17. 

 
Uns ist durchaus bewusst, dass wir seit gestern parallel zur Algerischen Grenze fahren, in etwa 30 Kilometer Entfernung. Kurz vor Saidia rückt sie in unmittelbare Nähe. Wir sehen Stacheldraht und Flaggen auf beiden Seiten.


Saidia ist ein moderner Badeort mit breiter Strandpromenade auf der sich die Bars und Pizzerien aneinanderreihen. In unmittelbarer Nähe der Grenze, gegenüber von einem Vergnügungspark, befindet sich der Campingplatz. Wir müssen klingeln, der Chef öffnet.
Schatten spendende Bäume, blühende Sträucher, saubere Sanitäranlagen – ein schöner Platz. 


Wir werden freundlich begrüßt, zu Salat und Mergueswürstchen eingeladen. Der Chef sitzt mit einem Freund im Grünen. Der Freund, Hicham, ist Automechaniker. Natürlich kommt das Gespräch auf unsere Bremsen. Er schaut in den Motorraum, wiegt bedenklich den Kopf und meint, der Bremskraftverstärker müsse ausgewechselt werden – am besten das ganze System. Er empfiehlt eine Werkstatt in Nador, die er gut kennt, wir sollen von ihm grüßen, dann geht das in Ordnung.
Wir sind bereit es noch einmal zu versuchen, da Nador in Marokko als DER Ort für Düdo Ersatzteile gilt.
Abends bummeln wir die Promenade entlang,




essen mittelmäßige Pizza, teilen mit den bettelnden Katzen.



Es wird eine grauenhafte Nacht, bis um drei Uhr morgens dröhnt aus einer nahe gelegenen Lokalität laute Diskomusik.
Am Morgen tummeln sich Perlhühner um den Düdo herum,



 nach dem Frühstück machen wir uns auf nach Nador.
Es fährt sich gut auf der Küstenstraße, 



die 500.000 Einwohner zählende Stadt ist schnell erreicht. Leider erweist sich die von Hicham angegebene Adresse als Brachfläche. Wir fitzen uns durch die Straßen der großen Stadt zurück zur Hauptstraße, sprechen ein paar Taxifahrer an, die holen einen älteren Kollegen, der in Deutschland gelebt hat und Deutsch spricht. Er steigt kurzerhand ein und lotst uns zur Mercedes Werkstatt Salam. Wie eine Seifenblase zerplatzt dort unser Traum von den durchreparierten Bremsen. Der Kollege erklärt ohne Umschweife, er repariere nur PKWs, keine so großen Fahrzeuge wie unseres. Mohammed, unserem Führer, ist das sichtlich unangenehm, er will sich nicht einmal zurück fahren oder das Taxi bezahlen lassen. Also bedanken wir uns für seine Mühe und verlassen die Stadt Richtung Süden.
Da die Bremsen ja durchaus bremsen, es halt nur mehr Kraft dazu braucht, soll das der letzte Versuch gewesen sein, hier in Marokko die Sache in Ordnung bringen zu lassen. Bisher haben alle irgendwie dran „gebastelt“, jedesmal war danach etwas anderes nicht ganz in Ordnung. Da wir aber nun keine Bremsflüssigkeit mehr verlieren, lautet der Beschluss, wir fahren weiter so lange es funktioniert. Bis nach Hause werden wir schon kommen. Basta!
Wieder gilt es, einen Übernachtungsplatz zu finden. In dieser Gegend gibt es keine Campingplätze, sie ist zersiedelt und von Landwirtschaft geprägt, also frei stehen nicht so ohne weiteres möglich. 

 
Durch grünes Hügelland fahren wir bis Guercif. Dort soll ein Campingplatz sein. Wir finden ihn, er ist geschlossen, genauso wie das angrenzende Freibad.
Da er aber etwas versteckt abseits der Straße liegt, stellen wir uns einfach vor das verschlossene Tor. 

 
Ein paar junge Männer versammeln sich in einem der Gebäude – zu was auch immer. Sie lächeln und grüßen freundlich, so gehen wir davon aus, dass wir die Nacht hier unbehelligt, bewacht von den zwei Hunden auf dem Gelände, verbringen können.
Unser Plan für morgen ist, nach Taza zu fahren und in den dortigen Nationalpark.
Wir sind gespannt, was der nächste Tag bringt.
Ihr auch? Begleitet uns!

Bis bald also
Doris und Rüdiger

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