Man reist ja
nicht um anzukommen, sondern um zu reisen.
Johann
Wolfgang von Goethe
Und so sind wir
wieder unterwegs, liebe Freunde.
Erste Station ist
Tiznit.
Wir lieben diese
Stadt und da sie auf dem Weg liegt, wollen wir wenigstens eine Nacht
hier bleiben. Nicht nur um noch einmal durch die Gassen der Altstadt
zu schlendern und den Souk zu besuchen, gut zu essen und einzukaufen,
sondern auch um auf dem Campingplatz Wasser zu fassen, denn wir
wissen ja nicht, wie lange wir in Agadir vielleicht an oder vor einer
Werkstatt stehen werden.
Wir fahren also
zum Camping an der Stadtmauer und trauen unseren Augen nicht. Am Tor
hängt ein Schild mit der Aufschrift „Complet“. Der Campingplatz
ist sozusagen wegen Überfüllung geschlossen.
Es gibt eine
Sackgasse zwischen dem Campingplatz und dem Freibad gleich daneben,
dort könnten wir stehen. Auch da ist es schon ziemlich voll.
Vor dem Supermarkt
gibt es eine Freifläche, wo auch schon einige Wohnmobile stehen. An
der Auffahrt ein Schild „Reservé de Camping Municipal“. Also
stellen wir uns dazu und gehen erst einmal los.
Die Altstadt nimmt
uns sofort wieder gefangen. Auf dem Gemüsemarkt türmen sich Möhren
und Blumenkohl, Auberginen und Kartoffeln und vieles mehr.
Verführerisch duftet es von den Kringelbäckereien herüber, aus
einem Handyshop ertönt arabische Popmusik, bunte Tücher und
glitzernder Schmuck leuchten in der Sonne.
Das „Nouvelle
Ville“ ist ein Cafè und Restaurant. Unten trinkt man Tee und isst
Törtchen und Kuchen, oben kann man gut essen und hat einen Blick auf
die gegenüberliegende Markthalle.
Foto
Das Interieur hat
eher den Charme einer Bahnhofs-Gaststätte, aber das ist in Marokko
nicht ungewöhnlich. Das Essen hier ist jedenfalls vorzüglich und
die Bedienung freundlich.
Es gibt Salad
marrocain
und Couscous
Royal.
Köstlich!
und kaufen ein Kilo Gebäck bei
einem fröhlichen jungen Mann.
Wir sind schon im
Bett, als es energisch ans Fenster klopft.
Securitè
National. Man macht uns klar, dass es hier gefährlich sei, nachts
versammeln sich hier die „Penner“ (Chlochards) und trinken
Alkohol. Ja, er wüsste, dass der Campingplatz voll sei, aber wir
sollten hinüber in die kleine Straße zu den anderen fahren. Außer
uns betrifft das noch vier weitere Wohnmobile. Alle fahren los und
quetschen sich irgendwie zwischen die dort stehenden Mobile.
In der Nacht höre
ich tatsächlich aus Richtung des Platzes laute, betrunkene Stimmen,
es klingt nach Kneipenschlägerei. Morgens ist alles vorbei. Wir
fahren also zurück, frühstücken in Ruhe und weiter geht’s.
Schon von Astrid
hörten wir von einem Campingplatz kurz vor Agadir in einem kleinen
Ort namens Takad. Wir wollen Wasser fassen und duschen, wer weiß,
wie lange wir in Agadir an der Werkstatt stehen müssen.
Der Platz ist
schnell gefunden und er ist... eine Oase. Blühende Hecken
unterteilen die Stellplätze, die Duschen sind heiß, der Boden
gekiest.
Nur mit dem
Generator, der den ganzen Tag brummt, muss man leben. Wir genießen
also den Komfort und fahren am nächsten Tag nach Agadir.
Die Koordinaten
der Werkstatt an der Rue 2em Mars haben wir von anderen Reisenden
bekommen. Der Chef macht die Motorhaube auf, verzieht das Gesicht und
sagt: „Nouveau? Rien!“ Der neue Bremszylinder ist seiner Meinung
nach nicht neu. Auf jeden Fall ist er defekt. Er schickt jemanden
los, der einen wirklich neuen holen soll, reinigt alles mit
Bremsenreiniger.
Wir stehen mitten
im Quartier Industriel, ringsum tobt der Verkehr, überall wird an
Autos geschraubt, werden Fahrräder und Mopeds repariert, der
Pizzabote fährt vorbei und eine geführte Fahrradtour, wir warten
auf unser Ersatzteil.
Zwei Stunden
später ist die allgemeine Mittagspause beendet – man merkt es am
zunehmenden Verkehr – und der Chef kommt mit einem neuen
gebrauchten Hauptbremszylinder. Dieser wird eingebaut, die
Bremsflüssigkeit erneuert und der Mechaniker betont mehrmals, dass
nur die Originalflüssigkeit verwendet werden sollte. Sie ist blau
und kommt aus Frankfurt/M.
Da wir am nächsten
Morgen zeitig nach Tafraoute aufbrechen wollen, haben wir uns
überlegt, auf dem Parkplatz vom Marjane-Supermarkt zu übernachten.
Laut Reiseführer ist das möglich, auch andere Reisende haben davon
berichtet.
Ein wenig
verwunderlich ist, dass dort außer uns nur drei andere Mobile
stehen, die dann später wegfahren. Irgendwas stimmt hier nicht. Ehe
wir uns nochmal nachts wegschicken lassen müssen, fahren wir auch
los. Die Idee ist, auf dem Flughafenparkplatz zu übernachten.
Unterwegs sehen wir ein Schild „Quartier Industriel“. Warum sich
nicht dort ein ruhiges Plätzchen suchen? Dann entdecken wir einen
kleinen Parkplatz vor einer Wohnanlage. Geht vielleicht auch. Also
stellen wir uns dorthin.
Die Jungend
flaniert an uns vorbei, aber man lässt uns in Ruhe. Bald wird es
ruhiger.
Irgendwann merken
wir, dass das Auto sich bewegt. Rüdiger bemerkt gerade noch
rechtzeitig zwei Halbwüchsige, die dabei sind, unsere Fahrräder
abzubauen. Sie haben schon einen Teil des Fahrradträgers
abgeschraubt. Er brüllt aus dem Fenster, sie verschwinden. Er
begutachtet den Schaden. Die Räder sind noch dran, aber es hätte
nicht viel gefehlt und sie hätten das äußere Rad ab gehabt.
Rüdiger schließt es an das andere an. Wir rechnen nicht damit, dass
sie wiederkommen. Ein junger Mann aus der Wohnanlage erklärt uns, er
würde ein Auge auf uns haben.
In der Nacht gegen
halb Drei wache ich auf. Ich höre Flüstern und leises Klappern,
wecke Rüdiger. Die Beiden sind wieder da, schauen Rüdiger frech ins
Gesicht. Sie haben sogar versucht, das Fenster der Beifahrertür
aufzuschieben.
Wir springen aus
dem Bett und fahren los.
Wohin? Egal, nur
weg hier. Erstmal immer geradeaus. Irgendwann biegen wir auf eine
große Straße ab. Etwa fünf Kilometer weiter, vor einem Einkaufs-
und Freizeitcenter, stellen wir uns hinter eine hohe Hecke. Ringsum
sind Fabriken, hinter den Toren bellen Hunde, in den Hallen wird
gearbeitet. Noch ein bisschen schlafen...
Gegen Sechs gehen
die ersten Leute zur Arbeit, der Berufsverkehr braust hinter der
Hecke vorbei.
Um Sieben fahren
wir los.
Wir sind schon
viele Jahre auf Reisen, haben von vielen Leuten Geschichten von
Überfällen, Einbrüchen und dergleichen gehört. Bis jetzt sind wir
verschont geblieben. Uns ist so was noch nie passiert, egal wo und
wie wir unterwegs waren.
Naja, alles
geschieht irgendwann zum ersten Mal. Wir sind um eine Erfahrung
reicher. Agadir ist eben eine Großstadt wie jede andere auch.
Auf der R105
fahren wir durch den Atlas Richtung Tafraoute. Die grandiose
Landschaft entschädigt uns für die aufregende Nacht.
Die Gipfel sind noch weiß gepudert, in den Tälern blühen schon die Bäume.
Dann erreichen wir
Tafraoute. Zwei Nächte sind geplant, zum Wasser fassen und duschen,
einkaufen und essen gehen. Auch Tafraoute ist ein Städtchen, das wir
gern mögen. Das „Sahnehäubchen“ ist die beeindruckende Kulisse
der Berge.
Das Denkmal symbolisiert den Berberschmuck, der überall in der Stadt angeboten wird.
Ausserdem gibt es jede Menge Arganöl, Honig und Amlou, auch Nutella maroccain genannt.
Der Camping „Trois Palmerie“ hat noch einen Platz für uns. Mit Bergblick.
Der Kontrollblick
auf den Behälter mit Bremsflüssigkeit zeigt, alles noch drin.
Super. Allerdings stellt Rüdiger fest, dass die Bremsen etwas
schwerer gehen, als vorher. Hat der Bremskraftverstärker auch schon
ein Ding weg?
Wir hoffen
einfach, dass wir damit bis nach Hause kommen.
Dann sehen wir
weiter.
Tafraoute ist
berühmt für seine Schuhmacher. Hier werden die schönsten Babuschen
hergestellt. Wir gehen schlendern. Ja, schön sind sie...
aber Damengröße
43 ist schon in Deutschland ein Problem und überhaupt – wieviel
Schuhe braucht der Mensch?
Vor einer kleinen
Metallwerkstatt steht ein Windschutz aus Aluminiumblech.
Das bringt
uns auf die Idee, einen Spritz- und Hitzeschutz für unseren Kocher
anfertigen zu lassen.
Hafid lädt uns zum Tee ein und wir verabreden,
dass Rüdiger ihm am nächsten Tag die Maße bringt.
Vor dem Restaurant
„Atlas“ spricht uns Said an. Er ist Reiseführer und spricht gut
Deutsch. Während wir essen, plaudern wir mit ihm. Er erzählt von
Touren durchs Ammelntal, von seinem Großvater, der Nomade war und
von seiner kleinen (Verkaufs-)Ausstellung nebenan. Alles
unverbindlich natürlich. Morgen vielleicht...
Am nächsten Tag
wecken uns die Sonne und ein Mann mit frischem Brot. Wunderbar.
Morgen sollen wir den Beutel mit Geld draußen ans Auto hängen,
Lieferung frei Haus.
Zwei Nächte Zivilisation genügen uns wieder für eine Weile.
Wir holen unsere
Bestellung bei Hafid ab und machen uns auf
zu den Painted Rocks.
Bis bald also
Doris und Rüdiger
Hallo ihr beiden,
AntwortenLöschenTolle, bezaubernde Fotos! Ein Traum! Hoffentlich hält Euer Auto durch! Gute Fahrt weiterhin und gute Überfahrt nach Europa!Hoffentlich bekommt ihr keinen Kulturschock...😉Liebe Grüße aus dem hoffentlichFrühlingwerdenden Berlin🎤🎶🎸