Sonntag, 15. Januar 2017

Altes und Neues

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Alle Wege sind offen,
und was gefunden wird, ist unbekannt.
Es ist ein Wagnis, ein heiliges Abenteuer.
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                                                     Pablo Picasso

 

Liebe Freunde,

das neue Jahr ist nun schon ein paar Tage alt und ja, alle Wege sind offen.
Durch die Besuche unserer Kinder sind wir manche Wege mehrmals gefahren. Weil sie schön sind und wir den Kindern die schönsten, in 2 Wochen erreichbaren Seiten Marokkos zeigen wollten. In unseren letzten Wochen hier wollen wir Neues entdecken.

Zunächst führte uns unser Weg noch einmal an einen bekannten Ort, nach Tiznit.
Diese Stadt ist wunderbar geeignet, einige Dienstleistungen ausführen zu lassen, einzukaufen, die nächsten Tage, die ins Unbekannte führen sollen, vorzubereiten.

Das beginnt damit, dass wir unsere Autositze dem Polsterer anvertrauen, der sie neu beziehen soll. Nach mindestens 30 Jahren ist das dringend nötig.
Der Polsterer schickt seinen Gehilfen, der lädt die Sitze auf einen Handwagen und zieht von dannen.

Dann bringen wir unsere Bettwäsche und die Tagesdecken in die Wäscherei.
Die „Bude“ wird mal wieder gründlichst durchgeputzt.

Weitere Dienstleistungen werden jeden Tag auf dem Campingplatz angeboten.
Die Liste ist umfangreich, sie reicht von Vorzelt, Sichtschutz oder passgenaue Tischdecke nähen, Campingmöbel neu beziehen, alle Arten von Autoreparaturen und Autolackieren, über Bemalen der Autos mit landestypischen Motiven, etwa eine Karawane vor einer Düne nebst Palmen, bis hin zu Haare schneiden und färben und Bart stutzen.
Letzteres gönnt sich Rüdiger bei dem Coiffeur, der jeden Tag seine Runde gedreht und uns freundlich begrüßt hat.
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Die Aktion wird eine Show, die unsere Nachbarn amüsiert und mit Interesse verfolgen.
Der Barbier hat sein Handwerkszeug in einer großen Tasche dabei und arbeitet gründlich. Nach etwa einer dreiviertel Stunde ist Rüdigers Bart perfekt getrimmt.










Am Nachmittag ist unsere Wäsche fertig. Gewaschen und gebügelt.

Am nächsten Vormittag werden die Autositze geliefert.
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 Rüdiger baut sie ein. Wir sind wieder fahrbereit















Hier auf dem Platz haben wir Jan und Ute kennengelernt. Jan ist schon in der ganzen Welt unterwegs gewesen, hat seine bürgerliche Existenz gegen ein Leben on the road eingetauscht.
Für Ute ist es die erste Reise nach Marokko und mit einem Wohnmobil überhaupt. Sie kennen sich erst ein paar Monate. Wir kommen ins Gespräch, tauschen uns über unsere Reisen aus und über Gott und die Welt.
In Zagora hatten wir schon ein österreichisches Paar getroffen, das ähnlich unterwegs war wie wir. Schnell hatten wir festgestellt, dass die Chemie zwischen uns stimmte. Leider hatten wir wenig Zeit, uns näher kennen zu lernen.

Das ist eine der wunderbaren Seiten am Reisen. Man trifft viele verschiedene Menschen, kommt mit ihnen ins Gespräch, tauscht sich aus, lernt sich kennen.
Oft bleibt es bei Plaudereien, nett, aber unverbindlich. Manchmal sind es ein paar gemeinsame Tage an einem Ort, aber mitunter entstehen Freundschaften daraus.

Nach fünf Tagen in Tiznit ziehen wir weiter.
Unser Ziel ist Tafraoute, das auf 1000 m Höhe liegt.
Hier hoffen wir Wout zu treffen, den Holländer, den wir in El Ouatia auf dem Campingplatz Equinox kennengelernt hatten. Wir sind in Verbindung geblieben und freuen uns darauf, ihn wiederzusehen.
Wir fahren durch den Anti Atlas, eine der schönsten Strecken dieser Reise.
Die R-104 windet sich in Serpentinen aufwärts zum Tizi Mlill auf 1650 m Höhe, durch grüne, üppige Täler mit Terrassenfeldern, die bis hinauf dicht unter die Gipfel angelegt sind, und schönen Dörfern auf den Anhöhen und entlang der trockenen Oueds.



Hinter jeder Kehre eröffnen sich neue Ausblicke, mitunter weit in die Täler hinein. Atemberaubend.

Bevor wir uns auf die Suche nach dem Campingplatz machen, auf dem Wout wahrscheinlich steht, fahren wir durch Tafraoute hindurch zu den Painted Rocks oder Les Peintures.
Der belgische Künstler Jean Vèrame bemalte hier 1984 die bis zu 30 m hohen Granitfelsen in den Farben Blau, Rot, Schwarz und Violett. Die Farben wurden nach altägyptischen Rezepten hergestellt. Die so entstandene „Phantasmagorie“ zieht sich über 2 km Länge und 800 m Breite hin. Eine wirklich phantastische Welt in der ohnehin bizarren Felsenlandschaft.
In einem Talkessel neben den inzwischen etwas verblassten bemalten Steinen kann man wunderbar mit dem Wohnmobil stehen. Weit verteilt über das Areal sind schon einige Camper über die breite Schotterpiste hierher gekommen.
Wir suchen uns einen Platz neben einer großen alten Arganie und haben das Gefühl, auf einem anderen Planeten gelandet zu sein. Dieser Platz ist unglaublich faszinierend. Einer der schönsten, auf denen wir je gestanden haben.






Von Weitem sehen sie so klein aus. Aus der Nähe sind es Riesen.















Der Mond taucht über dem schlafenden Drachen auf. Es ist wie im Märchen.
Als die Sonne hinter den runden Felsen verschwunden ist, sieht die Welt um uns herum plötzlich aus, als habe es geschneit. Der Mond taucht alles in ein weißes, gespenstisches Licht, Felsen, Sträucher und Bäume werfen kurze, scharfe Schatten. Vorher verwandelt er aber den Berg gegenüber in einen schlafenden roten Drachen. Vergeblich versuchen die Sterne gegen ihn anzuleuchten. Nur die Venus funkelt hell.


 Von weitem sehen wir ein, zwei kleine Lagerfeuer und erleuchtete Fenster der Mobile leuchten. Die Stille ist vollkommen. Kein Laut ist zu hören.
Was für ein Unterschied zu dem, mitten in der Stadt gelegenen Campingplatz in Tiznit!
Rüdiger hat sich eine dicke Erkältung eingefangen. Die kann er hier, in der klaren Bergluft auskurieren.

3 Tage später sind wir auf dem Camping Tazka in Tafraoute. Wout ist da. Er und seine Hündin Lotje begrüßen uns freudig. Wir essen den Kuchen, den ich am Tag zuvor gebacken habe und erzählen uns, wie es uns gegenseitig ergangen ist.
Aber unsere Zeit in Marokko neigt sich langsam dem Ende zu. Unser Visum läuft am 27.Januar ab.
Der Plan ist, durch den Anti Atlas zurück nach Tata zu fahren, von dort in den Osten Marokkos und parallel zur Algerischen Grenze nach Norden.
Spannend wird es ab Zagora. Von da ab betreten wir Neuland.


bis bald also,
Doris und Rüdiger

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