Freitag, 10. Oktober 2025

Keine Filzpantoffeln





Diesmal verfolgen wir allerdings doch einen Plan. Wir fahren weiter auf der alten Strecke über Zlatna, wo wir auf dem Parkplatz am Fußballstadion gut übernachten, bis Alba Iulia.

Über der Stadt thront die Zitadelle Alba Carolina, zu deutsch Karlsburg.

Direkt an der Zitadelle gibt es wunderbare Parkplätze. Ich muss eine App herunterladen um die Gebühren zu bezahlen, was sogar ganz einfach geht, und wir haben unseren Übernachtungsplatz.



Durch sieben Tore gelangt man in die Festung. Wir machen uns also auf den Weg.



An Alba Iulia erinnern wir uns recht deutlich, vor allem an den Weg hinauf



und an das Denkmal, dass vor dem Haupteingang steht. Es steht dort zu Ehren der drei Anführer des Bauernaufstandes von 1784-85. Damals saßen wir zu seinen Füßen und schauten auf die Stadt hinunter.




Dann gehen wir über die Holzbrücke hinein durch das dritte Tor, das wahre Symbol der Stadt Alba Iulia. Es wird gekrönt von der Reiterstatue von Karl VI.



Alles ist wunderschön restauriert und liebevoll hergerichtet. Über die ganze Anlage sind zum Teil sehr originelle Bronzefiguren verteilt, die wohl die Geschichte des Ortes und seine Bedeutung untermalen sollen.










Die meisten Gebäude sind Teil der Universität, in einigen sind kirchliche Institutionen untergebracht. Es gibt Museen, Kirchen und natürlich jede Menge Cafès, Restaurants und Verkaufsstände.



Wir gönnen uns zur Feier des Wiedersehens ein Langos.



Erbaut wurde die Karlsburg 1715 bis 1738 unter Kaiser Karl VI. als strategischer Verteidigungspunkt der Habsburger gegen das Osmanische Reich.



Wir schlendern durch die breiten Straßen, vorbei am Reiterstandbild von Michael dem Tapferen



und gelangen zur Orthodoxen Krönungskathedrale. Eigens zu diesem Anlass 1920/21 erbaut, wurden unter einem Baldachin im Innenhof König Ferdinand und Königin Maria am 15. Oktober 1922 zu Herrschern von Großrumänien gekrönt.





Da gerade eine große Touristengruppe in die Kirche strömt, verzichten wir auf das Innere und gehen hinüber zur römisch-katholischen Kathedrale St.Michael.




Sie ist die älteste und größte ihrer Art in Rumänien. Ihre Anfänge gehen bis ins 11. Jahrhundert zurück.







Hier findet sich zum Beispiel das Grabmal des Woiwoden Johann von Hunyadi, zu seiner Zeit der berühmteste Ritter Europas. Er stoppte im Juli 1456 die osmanische Invasion vor Belgrad. Seinetwegen läuten alle katholischen Glocken in Europa jeden Tag um 12.00 mittags. Papst Calixtus III. erließ dazu den päpstlichen Befehl. Es sollte ein Zeichen der Ehrerbietung sein gegenüber dem Helden von Belgrad.



Nach soviel Geschichte brauchen wir eine Pause und laufen gemächlich durch die schöne Grünanlage im ehemaligen Festungsgraben zurück zum Parkplatz.










Am Abend steigen wir hinab in die Stadt. Es gibt einen Weg, der wohl schon in alten Zeiten die Abkürzung hinunter war. Er führt viele Stufen hinab unter dem Festungswall hindurch.











Nach einer eher unruhigen Nacht – die Jugend von Alba Iulia findet den abgelegenen Parkplatz anscheinend genauso attraktiv wie wir – fahren wir weiter auf der D1 bis Miercurea.




Dort kamen wir am 16. Juli 1982 an. Es war mein Geburtstag. Miercurea hat eine Kirchenburg, die damals verschlossen war. Wir machten ein Foto von außen und aßen zur Feier des Tages im Restaurant am Markt.

Inzwischen ist die Kirchenburg anscheinend restauriert und sogar offen. 



Ein junger Mann kassiert pro Nase 10Lei (2€) und wir dürfen hinein und alles anschauen. Es ist einfach umwerfend. Die Getreidespeicher, nummeriert nach Familien und die Vorratskammern und Viehställe sind erhalten und wunderbar hergerichtet.









In der Kirche wird anscheinend noch gearbeitet, aber was wir zu sehen bekommen ist wunderschön.










Der Wirt riet uns damals im Park zu übernachten. Den Park gibt es noch, er hat sich aber sehr verändert. Uns war das zu heikel in einem öffentlichen Park unser Zelt aufzuschlagen und wir fuhren an den Dorfrand. Dort, auf einer Wiese mit zwei Fußballtoren, wollten wir gerade das Zelt aufbauen, als aus dem benachbarten Grundstück eine Familie auf uns zu stürmte. Wir dachten, jetzt werden wir verjagt, aber weit gefehlt. Wir erlebten ein Beispiel herzlichster Gastfreundschaft.

Wir suchen also den Fußballplatz und das Haus. Auf der Wiese steht jetzt ein Penny-Markt, aber das Haus gibt es noch. Wir sind uns ganz sicher. Leider haben wir die alten Fotos nicht mitgenommen, können also nicht wirklich erkunden, was aus unseren damaligen Gastgebern geworden ist. Das machen wir ganz sicher beim nächsten Mal.




Rüdiger hat noch eine Kirchenburg ausfindig gemacht, nur ein paar Kilometer weiter. Wir fahren also nach Cisnadie, zu deutsch Heltau. Auch hier steht die Kirchenburg mitten im Ort, ist aber eingebaut von Häusern mit Geschäften und Cafès.



Ein halbes Mal drum herum und der Eingang ist gefunden. Was wir drinnen vorfinden ist überwältigend.




Ein deutsch sprechender älterer Herr verkauft uns zwei Billets und wir dürfen überall hinein. Das Grundprinzip ist das gleiche wie in Miercurea und doch ist alles ganz anders.





Die Kirche ist hier schon fertig. Dankenswerterweise wurden die, wenn auch verblassten, Wandmalereien erhalten.













Wir klettern viele Stufen und Leitern hinauf zum Glockenboden und bis in die Kirchturmspitze und schauen hinunter auf die kleine Stadt.










Wir sind absolut begeistert und bedanken uns bei dem älteren Herrn. Er hat anscheinend nicht viel Zeit, denn eine Hochzeitsgesellschaft schickt sich an, die Kirche zu betreten.

Voll mit schönen Eindrücken kehren wir zurück zur D1 und steuern Fagaraş an.

Auch hier gibt es eine Festung. Auch hier kann man direkt am historischen Gemäuer parken und übernachten.



Eine kurze Runde um die Anlage, dann fallen wir ins Bett.

Am nächsten Morgen erobern wir die vorerst letzte Festung auf unserem Weg.




Sie ist klein, aber charmant.



Im Durchgang zum Innenhof befindet sich der Eingang zum Gefängnisturm.




Hier sind Folterwerkzeuge und Kupferstiche, die ihre Anwendung sehr anschaulich darstellen, ausgestellt.

Über den weitläufigen Burghof gelangen wir zum Eingang des Museums.




Früher bekam man zur Begehung historischer Räume Filzpantoffeln ausgehändigt, heute tun es Wegwerfgaloschen aus Plastik.




Das Museum hat einiges zu bieten. Es beginnt mit der Trachtenausstellung.






Eine lange Zimmerflucht führt durch die verschiedenen Epochen, die die Burg erlebt hat.



Viel Schönes gibt es zu sehen: Keramik, kunstvolle Gläser, Möbel und Textilien.










Hervorzuheben sind die aparten Kleider mit Brüsseler Spitze.






Viele Herrscher hat die Festung gesehen. Die Ausstellung reicht bis zum Zusammenbruch des Sozialismus. Ein Raum ist den Frauen gewidmet, die Widerstand geleistet und von der Securitate verhaftet worden sind.



Die Ritter haben eine eigene Ausstellung im oberen Stockwerk bekommen.



Wuchtige Armlehnstühle, Schwerter, Rüstungen und lange Tafeln sind hier zu sehen. Die Möbel sind nachgebaut und dürfen benutzt werden.








Im Krönungssaal steht dann auch der Thron, dem kaum ein Besucher widerstehen kann.




Wir tragen uns ins Gästebuch ein und streben wieder nach draußen.



Bei schönem Wetter umrunden wir noch einmal die hübsche kleine Festung von Fagaraş.

Wir wollen noch mehr von dem Städtchen sehen.





Ansonsten ist sie eher gemütlich. Ein paar alte Herren treffen sich im Park, um Karten, Dame und andere Brettspiele zu spielen. Ein Schachspieler wartet noch auf einen Gegner.





Wir verbringen eine weitere ruhige Nacht auf dem Parkplatz und machen uns am nächsten Tag auf, eine der schönsten Passtraßen der Welt zu befahren, die Transfagaraşan.


Doch davon berichten wir beim nächsten Mal.

Bis bald also

Doris und Rüdiger



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