Man
sollte Wünsche und Träume in Stein meißeln
aber
Pläne in den Sand schreiben...
Liebe
Freunde,
eine
mehr als turbulente Zeit liegt hinter – und vor uns.
Zunächst
überqueren wir das Meer,
verlassen Marokko fast fluchtartig, landen
in Algeziras
und genießen nach über vier Monaten inbrünstig
Schinken, Käse, Wein und viele andere Dinge auf die wir gern
verzichtet hatten.
Die
europäische Welt mit all ihren Annehmlichkeiten und ihrem Komfort
ist fast ein Schock. Wir haben aber nicht viel Zeit uns dem
hinzugeben, wir haben andere Sorgen. Überall blühte es, dass
Mittelmeer strahlte in schönstem Blau, wir haben keinen Blick dafür.
Die
Bremsen werden immer schlechter. Rüdiger wehrt sich dagegen noch
einmal jemanden dran rumschrauben zu lassen, das richtige Ersatzteil
gäbe es ja hier auch nicht. Er erarbeitet sich eine Taktik mit
Motorbremse, Handbremse und Gangschaltung zu bremsen und wir fahren,
wo immer es möglich ist, Autobahn, damit so wenig wie möglich
gebremst werden muss. Wir tun uns auf der spanischen Küstenautobahn
A7/AP7 mörderische Tagesetappen an. Die erste führt uns bis
Palamos, unser Ziel ist Alicante.
Warum
Alicante?
Wie
gesagt haben wir die Absicht uns von unserem Düdo zu trennen und
eine Alternative zu suchen. Wie wir nun mal gestrickt sind, beginnt
die Suche in unseren Köpfen schon in Marokko, nachdem der Beschluss
gefasst ist.
Alle
möglichen Varianten werden diskutiert.
Kastenwagen
– in der Regel zu wenig Bodenfreiheit. LKW – hatten wir
schon... viel zu groß. Was Neues, was Gebrauchtes? Sogar
„Joghurtbecher“ war kurz im Gespräch – wurde aber schnell
verworfen. Ein Pritschenwagen, auf den ein Wohnwagen gesetzt wird,
ist eine ernsthafte Idee. Nicht unbedingt schön, aber selten. Auf
der Suche nach einem passenden Wohnwagen stößt Rüdiger auf eine
Anzeige, in der zwei nagelneue Wohnkabinen angeboten werden.
Überproduktion aus einem Großauftrag, Produktionsstätte in Aspe
bei Alicante.
Das
ist es. Wir rufen die Firma an, verabreden, dass wir einfach
hinfahren und uns die Kabinen ansehen können.
Das
Industriegebiet, in dem sich die Produktionsstätte befindet, liegt
dicht an einer der großen Fernverkehrsstraßen, also machbar.
Freundlich werden wir empfangen, man hatte uns schon erwartet. Die
beiden Alkovenkabinen stehen in einer Ecke der großen Werkshalle. Na
klar, Joghurtbecher feeling, aber auf dem richtigen Fahrzeug wird das
einmalig sein und wir sind zugegebenermaßen überwältigt von dem
Raumgefühl. Rüdiger hat Stehhöhe, das Bad ist riesig, weil es sich
über die gesamte Rückwand erstreckt.
Ein
paar Verschönerungen, ein paar Basteleien hier und da, passt!
Wir
nehmen Verbindung auf zu Stauber Motorhomes, Herr Stauber ist
unkompliziert und kompetent. Nun fehlt uns noch das Fahrzeug. Klar
ist zu dem Zeitpunkt schon, in Frage kommen Mercedes Sprinter oder
Vario, IVECO, allenfalls Mitsubishi Canter. Und da wir nicht nur in
Europa reisen wollen, darf er keine Euro4 Norm oder höher haben.
Euro3 wäre ideal. Nicht leicht zu finden.
Rüdiger
grast mobile.de und ebay Kleinanzeigen ab. Da ist wenig im Angebot,
anscheinend sind diese Fahrzeuge sehr begehrt.
Ein
erster Versuch in Cloppenburg schlägt fehl. Das Auto dort (ein
Mercedes Vario) ist reserviert, wie liebe Freunde die uns, die in
der Nähe wohnen, recherchieren. Sie bleiben am Ball, würden für
uns sogar das Fahrzeug besichtigen und im Ernstfall kaufen, aber
einen Tag später kommt die Nachricht: tut uns leid, das Auto ist
verkauft.
Drei
Autos sind irgendwann noch in der engeren
Auswahl. Ein Sprinter in München, ein IVECO in Darmstadt, ein
Mitsubishi in Berlin. Der Sprinter hätte die idealen Maße, der
Verkäufer, ein muffliger KFZ Meister, ist allerdings nicht bereit es
zu reservieren und ist auch sonst nicht sehr gesprächig. Der IVECO
hat noch einen Koffer drauf, ist aber glaubhaft in sehr gutem
Zustand. Der Verkäufer des Mitsubishi klingt eher dubios.
Unser
Höllentrip geht weiter. Rüdiger kämpft mit den Bremsen, ich
versuche ihn moralisch zu unterstützen und kümmere mich um die
organisatorischen Dinge. Wir düsen durch Frankreich,
übernachten auf einem Rasthof, ganz ruhig und ungestört, unser Ziel
ist München, das eigentlich nicht auf unserem Weg liegt. Noch einmal
rufe ich dort an, es führt kein Weg zu einer Reservierung. Wir sind
nicht schnell genug und es geht auf Ostern zu. Das heißt der
Karfreitag fällt schon mal weg, uns bleiben wenige Tage. Die
Beurteilungen die ich im Internet über den KFZ Meister finde, sind
eher entmutigend. Was tun? Kurzentschlossen rufe ich in Darmstadt an.
Auf Grund des Anzeigentextes für den IVECO hatten wir uns eine Frau
vorgestellt, die einen Blumenladen hat und ein Auto, das von einem
Rentner gefahren und gepflegt und gewartet wird. Der Rentner ist zu
alt zum fahren, das Auto wird verkauft. Am Telefon habe ich eine
hektische junge Frau, deren Mann ein Fuhrunternehmen gegründet und
den IVECO von einer Gärtnerei gekauft hat. Wir erfahren, dass es
noch einen weiteren Interessenten gibt, die Familie aber am
Ostersonntag in den Urlaub fliegen will. Eine schwierige Situation.
Die junge Frau schlägt eine Anzahlung vor. 500 € klingen für uns
nicht nach betrügerischer Absicht, wir lassen uns darauf ein. Ein
Besichtigungstermin für den Donnerstag vor Ostern wird vereinbart.
Eigentlich
wollten wir mit dem Düdo so schnell wie möglich nach Birkenwerder
ins Basiscamp. Mit den Jungs dort haben wir schon Kontakt
aufgenommen, wir werden erwartet. Wir sagen alle Besuche bei unseren
Freunden ab, die auf dem Heimweg geplant waren, so weh es auch tut.
Aber Darmstadt ist gut per Autobahn zu erreichen, also werden wir
diesen kleinen Umweg noch machen.
Ein
weiterer langer Fahrtag bringt uns über Ettenheim bis Darmstadt.
Pünktlich sind wir am verabredeten Ort, der Verkäufer des IVECO
trifft wenig später ein. Das Auto ist auf einem Gehöft
untergestellt in einer Halle, scheint der Beschreibung zu
entsprechen. In der Anzeige war als Grund für den Verkauf „Verlust
des Führerscheins“ angegeben. Nun erzählt er eine wilde
Geschichte von Überladung und einer Polizeikontrolle. Irgendwie
seltsam deswegen ein Auto gleich zu verkaufen, aber es scheint in
Ordnung zu sein, also werden wir uns einig. Er übergibt uns einen
Ordner mit und einen Schlüssel. Auch er hat nur einen Schlüssel
bekommen. Sowas kommt öfter vor.
Für
die Zulassungsstelle braucht man ja bekanntlich eine EVB-Nummer von
seiner Versicherung. Da unsere nicht reagiert hatte, hatte Rüdiger
im Internet über ein Versicherungsvergleichsportal die preiswerte
Sparkassen-Versicherung gefunden. Zunächst mal muss der IVECO ja als
LKW gemeldet werden. Als er nun von der Zulassungsstelle zurück
kommt, ruft unsere Versicherung an. Wir bekommen ein Angebot, das
weit über dem liegt was die Sparkassen-Versicherung verlangt. Die
nette Mitarbeiterin macht Rüdiger darauf aufmerksam, dass man bei
LKWs seine Schadenfreiheitsklasse nicht mitnehmen kann. Er fragt bei
der Sparkassen-Versicherung nach. Die dortige Mitarbeiterin wundert
sich: „Wie sind sie denn da durchgeschlüpft? Wir dürfen
eigentlich keine LKW versichern. Die Zulassungsstelle hätte das an
der EVB Nummer sehen müssen“. Wir sind baff. Kann man sich noch
auf irgendwen verlassen?
Egal,
wir haben ein Kennzeichen und mit dem wird das Auto geholt. Am
Freitag will Rüdiger nach Darmstadt fahren.
Am
Donnerstag sind wir bei unserem Sohn, gehen nicht zu spät nach
Hause, der Zug fährt morgen um 4.35 Uhr. Im Treppenhaus bleibt
Rüdiger plötzlich stehen und wird ganz blass, ich denke jetzt ist
es soweit, jetzt ist alles zu viel, frage nach. Ihm ist gerade
eingefallen, dass der Schlüssel vom IVECO im Düdo liegt, der steht
seit gestern in Birkenwerder, es ist 18.00 Uhr. Wir stornieren die
Fahrkarte, buchen für Samstag.
Am
nächsten Tag fährt er also ins Basiscamp, die haben den Düdo
fertig. Super. Und was war es nun? Der Hauptbremszylinder leckte. Ach
nee! Und der linke Radbremszylinder war völlig hinüber. Nun sind
neue Teile eingebaut worden, alles funktioniert wieder wie es soll.
Rüdiger fährt also nach Darmstadt, bringt den IVECO nach
Sachsen-Anhalt in unseren Garten. Dort soll der Möbelkoffer abgebaut
werden.
Er
kommt zurück nach Berlin, wir mieten einen Motorradhänger und düsen
mit dem Düdo nach Neumünster. Warum das? Schon seit dem letzten
Jahr denkt Rüdiger darüber nach ein Moped zu kaufen. Man könnte
damit Ausflüge vom jeweiligen Standort machen, einkaufen auch wenn
man weiter von einem Ort entfernt steht, kurz, man ist mobiler.
Von
Marokko aus findet er den idealen Roller zum besten Preis. Er ist
gebraucht, aber in einem super Zustand. Das Autohaus Aschkar ist
freundlich und unkompliziert, Kaufvertrag und Anzahlung werden online
getätigt, als wir in Deutschland sind und uns melden, bekommen wir
sofort die Papiere geschickt, damit wir ihn anmelden können.
Nun
fahren wir also in den Norden und holen unseren Honda SH 125.
Damit
fahren wir dann endlich in unseren Garten.
Da
stehen sie dann hintereinander in der Zufahrt – der alte Düdo und
der wesentlich jüngere IVECO.
Während
Rüdiger sich daran macht, den Koffer des IVECO abzubauen,
räume ich
den Düdo aus. Und es überkommt mich doch so etwas wie
Abschiedsschmerz. Schöne Reisen haben wir mit ihm gemacht, viel Zeit
und Arbeit haben wir in die Innenrestauration gesteckt, er war für
fast drei Jahre unser Zuhause.
Nun
wird er nach Berlin gefahren und verkauft.
Darum
werde ich mich kümmern, während Rüdiger nach Spanien fährt um die
Kabine zu holen.
Ob
alles so reibungslos klappt, wie wir es uns vorstellen?
Wir
werden es Euch berichten.
Bis
dann also,
Doris
und Rüdiger
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