Dienstag, 31. Dezember 2024

Via Francigena

 



Ein Netz von Pilgerwegen zieht sich durch ganz Europa. Der bekannteste ist der Jakobsweg nach Santiago de Compostella. Von und zu ihm zweigen verschiedene Routen ab in unterschiedliche Länder. Einer dieser Wege ist die Via Francigena, oder auch Frankenstraße. Von England über Frankreich führt sie nach Rom. Wir begegnen ihr in Monterriggioni.




Sogar um diese Jahreszeit sind hier Pilger unterwegs. Sie überholen uns, als wir vom Gemeindestellplatz zur Festungsstadt hinauf wandern.




Der Stellplatz ist liebevoll und komfortabel gestaltet. Zunächst sind wir ganz allein hier in der typisch toskanischen Landschaft.






Seit Ancona hat es immer wieder geregnet, nun begleitet uns die Abendsonne hinauf auf den Monte Ala, auf dem das Städtchen liegt.



Eine Mauer von etwa zwei Metern Breite und 570 m Länge umgibt den Ort. Ein Wehrgang und 14 Türme von denen noch elf weitgehend unbeschädigt erhalten sind, können begangen werden. Dafür sind wir leider zu spät, aber auch von unten bieten sie einen imposanten Anblick.





Durch zwei Tore gelangt man ins Innere. Die Porta San Giovanni führt Richtung Florenz, wir werfen wenigstens einen Blick hinaus.



Der Weg vom Stellplatz führt durch die Porta Franca, auch Porta Romea genannt, hinein auf den Hauptplatz, die Piazza Roma. Man gelangt zur Kirche Santa Maria Assunta, einzige Kirche im Stadtgebiet und erste Anlaufstelle der Pilger.





Direkt daneben befindet sich die Pilgerherberge. Für 22€ kann der müde Wallfahrer hier sein Haupt betten und die Füße ausruhen.



Um diese Jahreszeit liegt die Piazza ziemlich verlassen und die Gassen sind leer, bis auf ein paar ansässige Katzen.







Zwei, drei Lädchen haben ein Schild an der Tür „aperto“ - geöffnet, wohl nur für alle Fälle, falls doch einer der wenigen Besucher auf die Idee kommen sollte, lokale Produkte oder Kunstgewerbe als Erinnerung mitnehmen zu wollen.

Monteriggioni wurde zwischen 1213 und 1219 von der Stadt Siena als defensiver Stützpunkt, um die Grenze zur Republik Florenz beobachten zu können, gebaut. Der Name bedeutet entweder Königsberg (Montis Regis) oder kommt von Mons Regionis „höchster Berg der Region“.

Im Konflikt zwischen Siena und Florenz wurde Monteriggioni mehrmals belagert, konnte aber erst 1554 durch den Verrat des Capitano Bernardino Zeti von den Florentinern eingenommen werden. Danach wechselte sie mehrfach die Besitzer bis sie 1777 eine eigenständige Gemeinde wurde.

Traurige Bekanntheit erlangte sie am 28. März 1944 durch das „Blutbad von Monteriggioni“, bei dem 19 Partisanen den Tod fanden. Lange hatten sie sich gegen die faschistischen Truppen behauptet, bis ihnen die Munition ausging, das Gebäude, von dem aus sie sich verteidigten, eingenommen und die Partisanen hingerichtet wurden.



Bei Sonnenuntergang steigen wir wieder hinunter zum Stellplatz, verbringen eine ruhige Nacht und machen uns am nächsten Morgen auf nach Siena, der Hauptstadt der Toskana.

Auch dort finden wir ohne Probleme einen Parkplatz, allerdings am Stadtrand. Schon vorher haben wir erkundet, wie wir am besten von dort in die Altstadt kommen und eine hervorragende Busverbindung gefunden.



Die Haltestelle ist gleich um die Ecke, der Bus lässt nicht lange auf sich warten und von der Endhaltestelle, dem Busbahnhof, sind es nur ein paar Schritte ins historische Zentrum.







Die Weihnachtsdekoration bewegt sich zwischen schlicht und originell, die Geschäfte sind gut besucht, man ist auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken.






Wir schlendern durch die Gassen zur Piazza del Campo, an deren Seite der Palazzo Publico, das Rathaus, mit dem 102 m hohen Torre del Mangia steht.




Überall sind sehr hilfreiche Wegweiser angebracht und so finden wir ganz unkompliziert zum Dom.

Seine weiße, gotische Front strahlt vor dem mit schwarzem und weißem Marmor verblendeten Kirchenschiff in der Sonne, als sei sie aus Zuckerwerk. 



Schwarz-weiß gestreift sind auch die Säulen im Inneren. Das hat etwas Maurisches und erinnert uns an die beeindruckende Mezquita im spanischen Cordoba.







Herrlich bemalte Wände, kunstvolle Kreuzgewölbe und vor allem der Mosaikfußboden lassen den Besucher staunen. Der Fußboden ist einmalig in seiner Art. Er besteht aus schwarzen Marmorplatten mit kunstvollen Einlegearbeiten und Gravuren, entstanden im 14. bis 16. Jahrhundert. Biblische Themen, Allegorien zu Weisheit und Tugend, sowie Propheten und Sibyllen als gemeinsame Künder des Messias werden hier von verschiedenen Künstlern dargestellt.






Die Kanzel erinnert an den Löwenbrunnen der Alhambra in Granada, denn auch sie wird von Löwen gestützt.



Durch eine schmale Tür gelangen wir in einen Seitenraum. Der erste Anblick lässt einen die Luft anhalten. Wir befinden uns in der Piccolomini-Bibliothek.




Die Wände sind bedeckt mit Szenen aus dem Leben des Papstes Pius III. und einer wunderschönen Sammlung von Chorbüchern.





Mich beeindruckt auch hier besonders der Fußboden.



Nach all dieser atemberaubenden Schönheit treten wir wieder hinaus auf den sonnenbeschienen Vorplatz und machen uns auf die Suche nach einem Ristorante. Wir finden es in einer schmalen Gasse, steigen auf Anweisung des Wirtes hinauf in den ersten Stock und lassen uns in einem der schlichten, gemütlichen Gasträume nieder.




Er hat etwas regelrecht Altmodisches, wie aus einem alten italienischen Film. Dazu passt auch die Nonna, die mit hoch aufgetürmten Haaren langsam, aber energisch die Abläufe inspiziert.

Wir essen vorzüglich und schlendern danach durch die Gassen zurück zum Busbahnhof.





Harvey steht noch da, wo wir ihn abgestellt haben. Rüdiger und er bringen uns zuverlässig zurück nach Monteriggioni.



Eine weitere Nacht verbringen wir auf dem schönen Stellplatz unterhalb der Festung, dann machen wir uns auf den Weg nach Ligurien zu unserer jüngsten Tochter. Weihnachten und Silvester werden wir mit ihr und Freunden verbringen.





Wie sich das gestaltet, berichten wir beim nächsten Mal.

Bevor wir nun in Italien ins neue Jahr hinüber gehen, resümieren wir ein wenig: 2024 war ein aufregendes, emotionales Jahr, ein Jahr voller Veränderungen, die Angst machen, voller politischer Erdbeben und Ungewissheiten, aber auch ein Jahr voller wunderbarer Konzerte, herzerwärmender Begegnungen, ein Jahr des neu Nachdenkens. Wir haben das Gefühl, in eine neue Lebensphase hinüberzugleiten. Wie die aussehen wird, wissen wir noch nicht, aber dass sich etwas verändern wird, spüren wir.


Wir wünschen Euch allen ein friedliches Hinübergehen in ein vielversprechendes, positives Jahr 2025. Achtet auf Euch und Eure Lieben und lasst Euch nicht entmutigen!


Bis bald also,

Doris und Rüdiger