Freitag, 8. März 2024

Baumwolle aus Griechenland

 




Nach fast zwei Monaten herrlicher Natur, Ruhe und ein paar charmanten Städtchen, ist Thessaloniki ein Kulturschock. Qualmende Industrieschlote, ein Gewirr von Schnellstraßen, ein unübersehbares Häusermeer zeigt uns, wir sind in einer Großstadt. Mit 350.000 Einwohnern ist sie im Vergleich zu Berlin eher klein, aber es gibt kaum Hochhäuser, also dehnt sie sich weit aus.





Wir schlängeln uns durch den dichten Verkehr auf der Ringstraße Richtung Flughafen und finden in einem eher ländlichen Vorort den Campingstore Zapetas.

Hier hat jemand mitgedacht. Es gibt 15 Stellplätze für Camper, Ver- und Entsorgung, Waschmaschine und Trockner und ein gut sortiertes Angebot an Camperutensilien und -technik. Wir können unsere deutsche Gasflasche tauschen und zur Begrüßung gibt es einen Kaffee. Man spricht Deutsch, tauscht Münzen für die Waschmaschine und verkauft Bustickets für den Bus in die Innenstadt. Wir bekommen einen Reiseführer für Makedonien und die junge Frau am Tresen beantwortet alle Fragen, die wir eventuell haben.



Nach Stadt ist uns momentan nicht, das Wetter ist auch nicht so doll, es nieselt immerwieder, also waschen wir unsere Wäsche und fahren am nächsten Morgen weiter.

Unser Ziel ist die Halbinsel Chalkidiki.

Ähnlich der Peloponnes hat sie die Form einer Hand mit drei langen Fingern. Der erste Finger, Kassandra, ist vollgebaut mit Ferienquartieren und total touristisch, auf dem dritten Finger befindet sich die Mönchsrepublik Athos. Hier haben Frauen seit über 1000 Jahren keinen Zutritt und das verdanken wir der Gottesmutter Maria. Nach der Legende segelte sie in Begleitung des Apostels Johannes nach Zypern, das Schiff kam vom Kurs ab und ging am Berg Athos an Land. Die Gottesmutter ging an Land, daraufhin zerbrachen alle heidnischen Skulpturen. Maria segnete die Landzunge, erklärte sie zu ihrem Lustgarten und verfügte, dass keine andere Frau sie betreten dürfe. Daran halten sich die Mönche bis heute. Was ziemlich erstaunlich ist, da doch das Wort einer Frau in der orthodoxen Kirche normalerweise nichts gilt. Nun ja, die Herren sind nach wie vor unter sich. Darauf haben meine beiden mitreisenden Männer keine Lust, also steuern wir den Mittelfinger, Sithonia an. Von diesem haben ein paar Vanlifer berichtet, dass man dort noch am ehesten unbebaute Natur findet.



Auf dem Weg dorthin gönnen wir Harvey eine Wäsche, finden einen kleinen Markt, auf dem wir uns mit Obst und Gemüse eindecken und um die Ecke einen Mikel-Coffeshop, wo uns der Kaffee am besten schmeckt.





Die Küste entlang und dann an der Westküste von Sithonia hinunter führt unser Weg. Die Badeorte im oberen Drittel, die wir duchfahren, liegen tief und fest im Winterschlaf. Die Ferienquartiere, Cafès und Restaurants, selbst die Supermärkte sind geschlossen.

Der Standort, den uns Udo geschickt hat, liegt im unteren Drittel der Landzunge in der Nähe von Toroni.

Ein Wiesengelände, durchsetzt von flachen Teichen in denen laut die Frösche quaken, eine flache Düne, ein breiter Strand, ein kleiner Hügel mit einem Kirchlein und außer uns nur noch ein Allrad LKW in einiger Entfernung – der ideale Platz.










Die Sonne gewinnt an Kraft, tagsüber ist das schon ein Gefühl wie Sommer.





Sobald sie weg ist, wird es schnell kalt. Ihr Abgang allerdings ist spektakulär.







Szenenwechsel. Auftritt Vollmond . 





Drei Tage genießen wir diese Idylle, dann umrunden wir die Spitze der Landzunge und fahren an der Ostseite wieder nordwärts. An einem Aussichtspunkt haben wir einen herrlichen Blick auf den Heiligen Berg Athos.





Chalkidiki ist eine Mischung aus Karibik, Thüringer Wald und Ostsee. Es gibt kleine Buchten mit weißen Stränden und türkisfarbenem Wasser, üppig bewaldete Berge und duftende Nadelwälder auf den Steilküsten.

Wir suchen uns einen Platz zwischen den Pinien oberhalb von einigen dieser kleinen Karibikbuchten.





Es ist ein Ort wie aus einem Traum.








Wir baden am Morgen im kristallklaren, aber kalten Wasser, dann machen wir uns wieder auf den Weg.

Udo erinnert sich von einer früheren Reise an ein verlassenes Thermalbad unweit der Küste. Er findet es auf der Karte und wir steuern es an.

Es ist ein Ort, wie aus der Zeit gefallen. Früher war das sicher eine belebte, viel besuchte Kureinrichtung, jetzt modern die Gebäude vor sich hin und verfallen.







Das bedeutet allerdings nicht, dass hier niemand ist. Etliche PKWs und einige Camper stehen entlang der maroden Häuser und verteilen sich in dem bizarren Wald am anderen Ufer des Flüsschens, in den sich die Thermalquellen ergießen.







In zwei Becken, aus Steinen angestaut sammelt sich das warme Wasser und die Leute sitzen dort drinnen, sozusagen mitten im Fluss.




Wir wandern einmal bis zum letzten Becken, finden aber nicht so richtig einen Platz zum Übernachten. Durch die Furten ist es uns zu tief und der Rest ist zugeparkt.




Also belassen wir es bei der Besichtigung der skurrilen Stätte und fahren wieder. Nur wenige Kilometer weiter finden wir einen ruhigen Platz am Strand, der für eine Nacht absolut richtig ist.






Am Rande von Alexandropouli haben wir einen Waschsalon ausgemacht, den steuern wir an. Aus Erfahrung wissen wir, dass es damit in der Türkei eher schlecht bestellt ist, also waschen wir noch einmal vor allem die großen Teile. Easy wash erweist sich als der beste Waschsalon auf dieser Reise, preiswert und effizient. 1,5 Stunden und einen Kaffee später haben wir saubere, trockene Wäsche und können nun den nächsten Stopp, einen Lidl in Strandnähe, anfahren. Gegenüber befindet sich ein Strandparkplatz, den wir von der letzten Reise kennen. Er ist zwar gut belegt und nicht sehr gemütlich, aber für unsere letzte Nacht in Griechenland ist er ausreichend.

Die Durchquerung der Stadt Alexandropouli erweist sich als Abenteuer, denn die Straßen sind schmal und oft Einbahnstraßen. Einmal falsch abbiegen und schon hat man sich im Gassengewirr verfitzt.






Irgendwie schaffen wir es aber auch diesmal, wieder hinauszufinden. In einem Cafè an der Straße frühstücken wir noch einmal




dann düsen wir in Richtung türkische Grenze. Das Navi schickt uns durch weite Baumwollfelder und doch noch durch eine Furt






bevor wir wieder Asphalt unter die Räder bekommen.

Meine Recherche ergibt, dass in Griechenland ein nicht unerheblicher Teil der Baumwolle Europas angebaut wird. Durch Corona, widrige Witterungsbedingungen wie den seltenen tropischen Wirlbelsturm Ianos im September 2020, und geringere Anbauflächen geht die Baumwollproduktion immer mehr zurück. Wir haben noch nie Baumwollfelder gesehen. Also halten wir kurz und Rüdiger pflückt mir eine Baumwollblüte.



Zurück auf der großen Straße, erreichen wir dann auch bald die Grenze.




Entgegen einiger Aussagen in den Social Medias werden wir sehr schnell abgefertigt und sind eine gute halbe Stunde später in der Türkei.


Ein neues Kapitel unserer Reise beginnt.

Griechenland hat uns sehr gut gefallen, auch wenn es ein bisschen Zeit brauchte, bis wir mit diesem Land warm wurden. Wir haben uns wohlgefühlt bei den freundlichen, oft herzlichen Menschen, in der schönen Landschaft und den historischen Stätten unterschiedlicher Epochen. Öfter war es etwas kalt, auch hier ist Winter, aber auf der Rückreise wird es sicher deutlich wärmer. Darauf freuen wir uns schon. Bis dahin werden aber noch einige Wochen vergehen, die wir in der Türkei verbringen. Doch davon berichten wir im nächsten Post.


Bis bald also

Doris und Rüdiger



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