Montag, 11. Mai 2020

Eingesperrt


    




Alles was geschieht, hat zwei Seiten, manchmal noch mehr.
Dass wir hier festsitzen nervt uns, andererseits erleben wir den Frühling in seiner schönsten Form. Unsere Obstbäume haben ihre weißen Spitzenkleider angelegt, manche mit einem Hauch Rosa. Natürlich nicht nur unsere Bäume, egal wohin man geht, ob am Elbe-Havel-Kanal entlang oder zur Schleuse, ob ins Dorf oder über die Felder, überall bauschen sich die Blütenwolken. Es ist wunderschön.
Tulpen, Narzissen und Hyazinthen setzen bunte Tupfer in die Gärten, Ginster, Ranunkelsträucher und Löwenzahn strahlen in Gelb mit der Sonne um die Wette.
Also genießen wir all die Pracht und das schöne Wetter.




Auf unseren Beeten zeigen sich winzige grüne Blättchen, unsere Saat geht auf. Bald werden wir Pflücksalat und Kräuter ernten können und viele bunte Blumen werden uns erfreuen.
Wir werkeln vor uns hin, teilen die Arbeit ein, denn es wird ja wohl noch einige Zeit ins Land gehen, bis wir uns wieder freier bewegen dürfen,  wenigstens in Deutschland. An weiter weg wagen wir noch nicht zu denken.

Man hört von viel Kreativität in diesen Zeiten. Die Leute lassen sich alles Mögliche einfallen, um ihre und die Zeit anderer totzuschlagen. Die zum Teil spannenden Internetangebote können wir, mangels Netzstärke, leider nicht wahrnehmen, aber wir hören viel Radio.
Über die social medias wird eine Flut mehr oder weniger lustiger Fotos und Filmchen verbreitet, mitunter zu viel des Guten.

Ich habe angefangen Brot zu backen. Die Vorräte, die für Russland gedacht waren, sollen verbraucht werden und es gibt wieder Mehl zu kaufen. Nicht, dass wir davon ausgegangen wären, dass es in Russland kein Brot gibt. Im Gegenteil,  wir bekamen dort sehr gutes  Brot bei unserer letzten Reise, aber die Strecken sind lang und wir gingen nicht davon aus, auf dem weiten Weg zum Baikalsee regelmäßig einkaufen zu können. Eine eiserne Reserve für solche Fälle haben wir immer an Bord. Zum Beispiel in Marokko hat sich das schon als sinnvoll erwiesen. Nun werden die Reserven also verbraucht.
Und es macht Spaß, immerwieder neue Sorten auszuprobieren.
Unsere Omnia Campingbackform bewährt sich hierbei erneut bestens. Die Brote sehen alle aus wie ein Gugelhupf, die Brotscheiben sind kleiner, aber das stört uns gar nicht.



Und dann kommen richtig schwarze Tage.
Wir fühlen uns eingesperrt und fragen uns, nach vielen, vielen Radiokommentaren, Experteninterviews usw, ob diese Beschränkungen der Bewegungsfreiheit wirklich in dieser krassen Form sinnvoll und notwendig sind. Traut Mutti uns nicht soviel Verantwortungsgefühl zu, dass wir von allein den nötigen Abstand halten? Es will doch niemand freiwillig krank werden.
Wir hören im Radio von ersten Demonstrationen gegen die drastischen Beschneidungen der Bürgerrechte. Wir sind anscheinend nicht die Einzigen,  die die Maßnahmen hinterfragen.

Wir telefonieren mit Freunden die immernoch und jetzt erst recht in Spanien festsitzen. Sie berichten von ähnlichen Momenten der Verzweiflung.
Was Vielen als Luxusproblem erscheint, ist für uns existenziell.
In den Gärten ringsum treffen sich die Leute wie eh und je, nur im Supermarkt merkt man, dass was anders ist. Und natürlich am Verkehr. Das Dorf ist noch ruhiger geworden.
Wir unternehmen Wanderungen und Radtouren, das tut uns gut.


Die ersten Lockerungen der Maßnahmen erlauben uns nach 7 Wochen endlich, uns wieder ein bisschen freier zu bewegen. Wir beschließen zuerst nach Berlin zu fahren.
Das ist nicht wirklich weit, aber immerhin...

Liebe Freunde, wie auch immer Ihr diese Zeit verbringt,
bleibt gesund und bis bald
Doris und Rüdiger

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