Reisen ist besonders schön, wenn
man nicht weiß, wohin es geht. Aber am allerschönsten ist es, wenn
man nicht mehr weiß, woher man kommt.
Laotse
Bei den vielen Orten in so
kurzer Zeit, war genau das unser Zustand, liebe Freunde. Was Laotse
am allerschönsten findet, hat mich persönlich eher verwirrt und das
Bedürfnis nach einem Ruhepunkt geweckt.
Den gedenken wir in
Litauen zu suchen, oder in Polen, an einem der masurischen Seen.
Bevor wir zur Grenze
fahren, kaufen wir noch ein paar Sachen ein, die wir hier schätzen
gelernt haben. Da ist natürlich zuersteinmal Kwas, dann ein bisschen
Käse, zwei dünne Dauerwürste, ein Stück Butter, die hier ganz anders
schmeckt als in Deutschland.
Eine kleine Flasche Wodka
und zwei Flaschen Bier landen auch in unserem Einkaufswagen. Die
werden uns allerdings verweigert. Alkohol, so verstehen wir nach
einer Weile, darf erst ab 11.00 Uhr verkauft werden. Es ist erst
10.00. Eine Stunde warten ist uns die Sache nicht wert. Wir fahren
also bis zur Grenze.
Dort geht alles
erstaunlich schnell, in zwanzig Minuten sind wir durch, Russland liegt hinter uns. „Alles
Gute, gute Reise“ heißt es.
Auf der lettischen Seite
ist es diesmal nicht so unkompliziert.
Der Pass muss drei bis
vier Mal vorgezeigt werden, wird jedes Mal genau geprüft.
Und dann kommt die junge
Frau vom Zoll.
Sie nimmt es sehr genau,
schaut in jeden Schrank, um jede Ecke und zuletzt in den Kühlschrank.
Sie zeigt auf Käse und Wurst und sagt: „No meat, no milk
products“. Das darf doch nicht wahr sein! Hätten wir uns schlau
machen müssen? Wahrscheinlich. Ich schaue fragend, in der Hoffnung,
dass 300 gr. Käse und 200 gr. Wurst kein ernsthaftes Zollvergehen
darstellen. „We have a green tonn“ verkündet sie ungerührt und
achtet darauf, dass auch wirklich alles dort landet.
Was für eine
Verschwendung!!!
Da
versuchen Leute überall Lebensmittel zu retten, die aus
unverständlichen Gründen weggeworfen werden und hier, in Ländern,
wo sich das nicht mal jeder leisten kann, wird gnadenlos entsorgt
wegen eines sinnlosen Embargos, das sowieso ständig unterlaufen
wird, wie wir an den LKW Kolonnen in beide Richtungen unschwer sehen
können.
Seltsamerweise hat die
junge Zollbeamtin die zwei Milchtüten und die Sahne dahinter nicht
beanstandet. Absicht? Ein Versehen? Ist der Vorschrift Genüge getan?
Nach 1,5 Stunden verlassen
wir die lettischen Grenzanlagen und durchqueren das kleine Land ohne
Stopp.
Als wir Litauen erreicht
haben, steuern wir zunächst nicht einen Ruhepunkt, sondern einen
Mittelpunkt an. Den geographischen Mittelpunkt Europas.
Er befindet sich nach
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Litauen, 26 Kilometer
entfernt von Vilnius.
Umgeben von einem
gepflegten Golfplatz, liegt ein Areal mit Informationszentrum und
Denkmal. Der Punkt selbst wird durch einen Findling mit Gravur
gekennzeichnet.
Gleich daneben steht eine
von Sternen gekrönte Säule, ein Denkmal, das 2004 enthüllt wurde.
Leider sieht das Gelände
inzwischen ein wenig verwahrlost aus, obwohl während wir uns dort
aufhalten, so einige Besucher eintreffen.
Natürlich gibt es einen
kleinen Parkplatz. Dort verbringen wir eine ruhige Nacht, werden am
Morgen von Meister Adebar begrüßt
und fahren dann die
letzten Kilometer in die litauische Hauptstadt.
Der Plan war, dort einen
Rundgang zu machen, uns die Stadt anzuschauen. Aber es ist Sonntag und die Stadt ist voller
Besucher. Da sie relativ klein ist, findet sich nicht eine freie
Parklücke, schon gar nicht für ein großes Auto wie unseres.
Kurzerhand beschließen
wir, einen Besuch in Vilnius auf das nächste Mal zu verschieben. Wir
haben ohnehin zu viele Städte gesehen, müssen jetzt schon
überlegen, welcher Kreml, welches Denkmal in welcher Stadt war...
Litauen ist klein und so
landen wir noch am selben Abend auf einem Campingplatz in den Masuren
in Polen.
Er liegt direkt an einem
See. Das wäre die Gelegenheit unser Boot aufzublasen und ein
bisschen zu paddeln.
Aber es soll wohl nicht
sein. Am Morgen ziehen dicke dunkle Wolken auf, ein böiger Wind fegt
über den Platz.
Irgendwo, irgendwie habe
ich mir eine Erkältung eingefangen, keine guten Voraussetzungen für
ein paar Tage Paddeln und Baden.
Der Beschluss lautet also,
die Reise nicht künstlich in die Länge zu ziehen, wir wollen nach
Hause.
Alles ist gepackt, ich
suche ein letztes Mal die Sanitäranlagen auf, Rüdiger will derweil
bis an die Schranke fahren.
Als ich aus dem
Sanitärgebäude komme, fährt er gerade wieder rückwärts auf die
Wiese. Was ist los?
Im Näherkommen sehe ich
es: der in Russland so effektiv geflickte Reifen ist nun endgültig
platt.
Das bedeutet
Reifenwechsel. Glücklicherweise haben wir ja ein Reserverad.
Mit Hilfe des Handbuches
und dem richtigen Werkzeug sollten wir das hinbekommen.
Während Rüdiger
schraubt, braut sich über dem See ein Gewitter zusammen.
In einer guten Stunde,
gerade noch rechtzeitig vor dem Regen, ist es geschafft. Nun noch an
der nächsten Tankstelle etwas Luft drauf und der Heimfahrt steht
nichts mehr im Wege.
Der ist allerdings nur mit
einer weiteren Nacht auf einem kleinen Camping am See in der Nähe
von Pila zu schaffen.
Hier gönnen wir uns ein
Abschiedsessen. Gute polnische Küche bekommt man eben am besten
abseits der großen Straßen.
Von dort sind es nur noch
etwa 300 Kilometer bis nach Hause. Quer durch Polen fahren wir Richtung Deutschland.
Rüdiger hat es schwer, das hohe
Fahrzeug in dem nach wie vor böigen Wind grade auf der Straße zu
halten, aber er schafft es.
Am frühen Abend stehen wir auf
unserem schönen Stellplatz am Verein in Berlin.
Diese Reise ist zu Ende.
Die nächsten drei Monate
sind angefüllt mit weiteren Bauarbeiten am Auto, Gartenpflege,
Besuchs-, Familienfeier- und anderen Terminen, darunter eine Hochzeit
und das „Woodstock for ever“ Festival in Waffenrod in Thüringen.
Darauf freuen wir uns schon sehr.
Und wie Ihr ja wisst, ist
nach der Reise vor der Reise. Im Oktober geht es wieder los.
Bis dahin lasst Euch
mitnehmen zu den kleineren Ereignissen in unserem Leben, liebe
Freunde, bevor es wieder auf die Strecke geht.
Bis demnächst also,
Doris und Rüdiger